Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, mit der Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Versicherungskaufmann/ Versicherungskaufrau (Versicherungskaufmann/Versicherungskaufrau-Ausbildungsordnung) erlassen werden

72. Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, mit der Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Versicherungskaufmann/ Versicherungskaufrau (Versicherungskaufmann/Versicherungskaufrau-Ausbildungsordnung) erlassen werden

Auf Grund des § 8 des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2018, wird verordnet:

Lehrberuf Versicherungskaufmann/Versicherungskauffrau

§ 1.

(1) Der Lehrberuf Versicherungskaufmann/Versicherungskauffrau ist mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

(2) In den Lehrverträgen, Lehrzeugnissen, Lehrabschlussprüfungszeugnissen und Lehrbriefen ist der Lehrberuf in der dem Geschlecht des Lehrlings entsprechenden Form (Versicherungskaufmann bzw. Versicherungskauffrau) zu bezeichnen.

Berufsprofil

§ 2.

(1) Mit dem positiven Abschluss der Lehrabschlussprüfung und der Berufsschule verfügt der Versicherungskaufmann/die Versicherungskauffrau über folgende berufliche Kompetenzen:

1. Fachliche Kompetenzbereiche:
a) Kundenakquise und Kundenmanagement
Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau übernimmt vielfältige mit der jeweiligen Kundenanfrage oder dem -auftrag verbundene Aufgaben. Er/Sie führt entsprechend den jeweiligen Kundenbedürfnissen eine Bedarfserhebung und Risikoeinschätzung durch und empfiehlt Versicherungsprodukte aus dem Portfolio des Versicherungsunternehmens. Dabei berät er/sie Kunden bei der Auswahl der Produkte, geht auf vertragsrechtliche Bestimmungen ein und argumentiert Versicherungsleistungen. Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau ermittelt auf Basis des jeweiligen Kundenauftrages den Deckungsumfang und die Versicherungsprämien und erstellt entsprechend rechtlicher und betrieblicher Vorgaben das Versicherungsangebot. Beschwerden und Reklamationen können vom Versicherungskaufmann/von der Versicherungskauffrau entsprechend rechtlicher und betrieblicher Vorgaben bearbeitet werden.
b) Auftragsbearbeitung
Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau prüft Versicherungsanträge entsprechend betriebsinternen Vorgaben und berücksichtig dabei versicherungsrelevante Sachverhalte und Kundenanliegen. Er/Sie wirkt bei der Antragsannahme bzw. -ablehnung mit und führt bei bestehenden Verträgen die Bestandspflege durch, indem der Versicherungskaufmann/die Versicherungskauffrau Vertragsänderungen, Anpassungen oder Auflösungen entsprechend rechtlicher und betrieblicher Vorgaben vornimmt. Der Versicherungskaufmann/die Versicherungskauffrau dokumentiert Schadensmeldungen entsprechend betrieblicher Vorgaben und beurteilt den Versicherungsschutz auf Basis vertraglicher Grundlagen sowie rechtlicher und betrieblicher Vorgaben oder veranlasst eine Prüfung der Sachverhalte durch Dritte. Er/Sie wirkt bei der Schadensregulierung mit und berät Kunden über die Obliegenheiten der Vertragsparteien.
c) Office-Management
Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau erfüllt vielfältige Aufgaben im Rahmen der betrieblichen Kommunikation. Dazu zählt insbesondere der Brief- bzw. E-Mail-Verkehr, bei dem er/sie die Textgestaltung unter Berücksichtigung betriebsinterner Vorgaben (zB Corporate Design) erledigt. Er/Sie übernimmt das Terminmanagement und organisiert Tourenplanungen für ein Vertriebsgebiet. Kennzahlen und Statistiken werden vom Versicherungskaufmann/von der Versicherungskauffrau ausgewertet und kompetent interpretiert. Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau setzt im Rahmen seiner/ihrer Tätigkeit die betrieblichen Vorgaben des Marketings um. Er/Sie korrespondiert mit internen und externen Schnittstellen (zB bei Beschaffungsprozessen, zur Erstellung von Sachverständigengutachten). Er/Sie nutzt die Ausstattung seines/ihres Arbeitsbereichs kompetent.
2. Fachübergreifende Kompetenzbereiche:
Zur Erfüllung dieser fachlichen Aufgaben, setzt der Versicherungskaufmann/die Versicherungskauffrau folgende fachübergreifende Kompetenzen ein:
a) Arbeiten im betrieblichen und beruflichen Umfeld
Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau verfügt über grundlegende Kenntnisse des betrieblichen Leistungsspektrums und betriebs- und volkswirtschaftlicher sowie ökologischer Zusammenhänge, um seine/ihre Tätigkeiten effizient und nachhaltig zu organisieren und auszuführen. Er/Sie agiert innerhalb der betrieblichen Aufbau- und Ablauforganisation selbst-, sozial- und methodenkompetent und bearbeitet die ihm/ihr übertragenen Aufgaben lösungsorientiert sowie situationsgerecht auf Basis seines/ihres Verständnisses für Intrapreneurship. Darüber hinaus kommuniziert er/sie zielgruppenorientiert, berufsadäquat auch auf Englisch, und agiert kundenorientiert.
b) Qualitätsorientiertes, sicheres und nachhaltiges Arbeiten
Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau wendet die Grundsätze des betrieblichen Qualitätsmanagements an und bringt sich in die Weiterentwicklung der betrieblichen Standards ein. Er/Sie reflektiert sein/ihr eigenes Vorgehen und nutzt die daraus gewonnenen Erkenntnisse in seinem/ihrem Aufgabenbereich. Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau beachtet die rechtlichen und betrieblichen Regelungen für seine/ihre persönliche Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und handelt bei Unfällen und Verletzungen situationsgerecht. Im Rahmen seines/ihres Aufgabenbereiches berücksichtigt er/sie wesentliche ökologische Auswirkungen seiner/ihrer Tätigkeit und handelt somit nachhaltig und ressourcenschonend.
c) Digitales Arbeiten
Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau wählt im Rahmen der rechtlichen und betrieblichen Vorgaben die für seine/ihre Aufgaben am besten geeignete/n digitalen Geräte, betriebliche Software und digitalen Kommunikationsformen aus und nutzt diese effizient. Er/Sie beschafft auf digitalem Weg die für die Aufgabenbearbeitung erforderlichen betriebsinternen und -externen Informationen. Der Versicherungskaufmann/Die Versicherungskauffrau agiert auf Basis seiner/ihrer digitalen Kompetenz zielgerichtet und verantwortungsbewusst. Dazu zählt vor allem der sensible und sichere Umgang mit Daten unter Berücksichtigung der rechtlichen und betrieblichen Vorgaben (zB Datenschutzgrundverordnung).

Berufsbild

§ 3.

(1) Zum Erwerb der im Berufsprofil angeführten beruflichen Kompetenzen wird das folgende Berufsbild mit Kenntnissen und Fertigkeiten in Form von Ausbildungszielen festgelegt.

(2) Das Berufsbild gliedert sich in fachübergreifende und fachliche Kompetenzbereiche.

(3) Die fachlichen Kompetenzbereiche sind nach Lehrjahren gegliedert. Die in den Kompetenzbereichen angeführten Kenntnisse und Fertigkeiten sind spätestens bis zum Ende des jeweils angeführten Lehrjahres zu vermitteln.

(4) Die fachübergreifenden Kompetenzbereiche sind während der gesamten Lehrzeit zu berücksichtigen und zu vermitteln.

(5) Fachübergreifende Kompetenzbereiche sind:

1. Kompetenzbereich: Arbeiten im betrieblichen und beruflichen Umfeld
1.1 Betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation
Er/Sie kann?
1.1.1 sich in den Räumlichkeiten des Lehrbetriebs zurechtfinden.

1.1.2 die wesentlichen Aufgaben der verschiedenen Bereiche des Lehrbetriebs erklären.

1.1.3 die Zusammenhänge der einzelnen Betriebsbereiche (zB Innendienst und Vertrieb) sowie der betrieblichen Prozesse darstellen.

1.1.4 die wichtigsten Verantwortlichen nennen (zB Geschäftsführer/in) und seine/ihre Ansprechpartner/innen im Lehrbetrieb erreichen.

1.1.5 die Vorgaben der betrieblichen Ablauforganisation und des Prozessmanagements bei der Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben berücksichtigen.

1.2 Leistungsspektrum und Eckdaten des Lehrbetriebs

Er/Sie kann?

1.2.1 das betriebliche Leistungsangebot (zB Versicherungssparten und -formen) beschreiben.

1.2.2 das Leitbild bzw. die Ziele des Lehrbetriebs erklären.

1.2.3 die Struktur des Lehrbetriebs beschreiben (zB Größenordnung, Tätigkeitsfelder, Rechtsform).

1.2.4 Faktoren erklären, die die betriebliche Leistung beeinflussen (zB Marktbedingungen, Zielgruppen).

1.3 Branche des Lehrbetriebs

Er/Sie kann?

1.3.1 einen Überblick über die Branche des Lehrbetriebs geben (zB Marktanteile nach Versicherungssparten).

1.3.2 die Position des Lehrbetriebs in der Branche darstellen.

1.3.3 verschiedene Vertriebsformen (zB Exklusivvertrieb, Makler, Online-Abschlüsse) erklären.

1.3.4 die Grundlagen des Versicherungswesens darstellen (zB Versicherungsprinzip, Sozialversicherung und private Versicherungen, Rückversicherung).

1.3.5 einen Überblick über die Produkte der Branche (zB Sach- und Personenversicherungen, Finanzdienstleistungs- und Sparprodukte) geben.

1.4 Rechtsgrundlagen

Er/Sie kann?

1.4.1 die für seinen/ihren Aufgabenbereich wesentlichen grundlegenden Inhalte aus allgemeinen Rechtsquellen (zB ABGB, UGB, KSchG, DSGVO, GewO, MaklerG) anwenden.

1.4.2 besondere Rechtsquellen (zB VersVG, VAG, AVB) anwenden.

1.4.3 die Standards der IDD (Insurance Distribution Directive) in seinem/ihrem betrieblichen Aufgabengebiet anwenden.

1.5 Ziel und Inhalte der Ausbildung sowie Weiterbildungsmöglichkeiten

Er/Sie kann?

1.5.1 den Ablauf seiner/ihrer Ausbildung im Lehrbetrieb erklären (zB Inhalte und Ausbildungsfortschritt).

1.5.2 Grundlagen der Lehrlingsausbildung erklären (zB Ausbildung im Lehrbetrieb und in der Berufsschule, Bedeutung und Wichtigkeit der Lehrabschlussprüfung).

1.5.3 die Notwendigkeit der lebenslangen Weiterbildung erkennen und sich mit konkrete Weiterbildungsangeboten auseinandersetzen.

1.6 Rechte, Pflichten und Arbeitsverhalten

Er/Sie kann?

1.6.1 auf Basis der gesetzlichen Rechte und Pflichten als Lehrling seine/ihre Aufgaben erfüllen.

1.6.2 Arbeitsgrundsätze wie Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein,
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