Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz ? HiNBG)

148. Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz ? HiNBG) Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis
Artikel 1 Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs
Artikel 2 Änderung der Jurisdiktionsnorm
Artikel 3 Änderung der Zivilprozessordnung
Artikel 4 Änderung der Exekutionsordnung
Artikel 5 Änderung des Rechtsanwaltstarifgesetzes
Artikel 6 Änderung des E-Commerce-Gesetzes
Artikel 7 Änderung des Gerichtsgebührengesetzes
Artikel 8 Änderung des Strafgesetzbuches
Artikel 9 Änderung des Mediengesetzes
Artikel 10 Änderung der Strafprozeßordnung 1975
Artikel 11 Inkrafttreten
Artikel 12 Notifikation

Artikel 1Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch ? ABGB, JGS Nr. 946/1811, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/2020, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 17 wird folgender § 17a samt Überschrift eingefügt:

?Wahrnehmung der Persönlichkeitsrechte

§ 17a.

(1) Persönlichkeitsrechte sind im Kern nicht übertragbar.

(2) In den Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht kann nur eingewilligt werden, soweit dies nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Einwilligung in den Eingriff in den Kernbereich eines Persönlichkeitsrechts kann nur vom entscheidungsfähigen Träger des Persönlichkeitsrechts selbst erteilt werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(3) Die Persönlichkeitsrechte einer Person wirken nach dem Tod in ihrem Andenken fort. Verletzungen des Andenkens können die mit dem Verstorbenen im ersten Grad Verwandten und der überlebende Ehegatte, eingetragene Partner oder Lebensgefährte Zeit ihres Lebens geltend machen, andere Verwandte in auf- oder absteigender Linie nur für zehn Jahre nach dem Ablauf des Todesjahres. Jedenfalls zulässig sind im öffentlichen Interesse liegende Eingriffe zu Archivzwecken, zu wissenschaftlichen und zu künstlerischen Zwecken.?

2. § 20 samt Überschrift lautet:

?Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch

§ 20.

(1) Wer in einem Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist oder eine solche Verletzung zu besorgen hat, kann auf Unterlassung und auf Beseitigung des widerrechtlichen Zustandes klagen. Der Anspruch auf Unterlassung umfasst auch den Anspruch auf Beseitigung eines der Unterlassungsverpflichtung widerstreitenden Zustandes. Unter den Voraussetzungen des § 17a Abs. 3 können auch die dort genannten Personen klagen.

(2) Wird in einem Medium im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Arbeit- oder Dienstnehmers dieser in seinem Ansehen oder seiner Privatsphäre verletzt und ist dieses Verhalten geeignet, die Möglichkeiten des Arbeit- oder Dienstgebers, den Arbeit- oder Dienstnehmer einzusetzen, nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich zu schädigen, so hat dieser unabhängig vom Anspruch des Arbeit- oder Dienstnehmers einen eigenen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung. Entsprechendes gilt für ehrenamtlich Tätige und Organe einer Körperschaft. Die Geltendmachung des Anspruchs des Arbeit- oder Dienstgebers ist nicht von der Zustimmung des Arbeit- oder Dienstnehmers abhängig. Eine Pflicht zur gerichtlichen Geltendmachung für den Arbeit- oder Dienstgeber bezüglich die den Arbeit- oder Dienstnehmer betreffende Persönlichkeitsrechtsverletzung insbesondere aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht besteht nicht.

(3) Bedient sich derjenige, der eine Verletzung eines Persönlichkeitsrechts begangen hat oder von dem eine solche Verletzung droht, hiezu der Dienste eines Vermittlers, so kann auch dieser auf Unterlassung und Beseitigung geklagt werden. Liegen beim Vermittler die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit nach dem E-Commerce-Gesetz vor, kann er jedoch erst nach Abmahnung geklagt werden. Diensteanbieter nach § 13 E-Commerce-Gesetz gelten nicht als Vermittler im Sinne dieser Bestimmung.?

3. In § 1328a Abs. 2 wird im zweiten Satz nach der Wortfolge ?richtet sich? die Wortfolge ?bei Dazwischentreten eines medienrechtlich Verantwortlichen? eingefügt.

4. In § 1503 wird folgender Abs. 16 angefügt:

?(16) § 17a, § 20 und § 1328a Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/2020, treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft. § 20 Abs. 2 und § 1328a Abs. 2 sind auf Fälle anzuwenden, in denen die verletzende Handlung nach dem 31. Dezember 2020 gesetzt wurde.?

Artikel 2Änderung der Jurisdiktionsnorm

Die Jurisdiktionsnorm, RGBl. Nr. 111/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 61/2019, wird wie folgt geändert:

1. In § 49 Abs. 2 wird nach der Z 5 folgende Z 6 eingefügt:

?6. Streitigkeiten nach § 549 ZPO;?

2. Nach § 59 wird folgender § 59a eingefügt:

?§ 59a.

Bei Klagen auf Unterlassung nach § 549 ZPO gilt der Betrag von 5 000 Euro als Streitwert.?

3. Nach § 122 wird folgender vierter Teil eingefügt:

?Vierter TeilInkrafttreten, Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 123.

Die §§ 49 und 59a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/2020, treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft und sind auf Klagen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 eingebracht werden.?

Artikel 3Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 109/2018, wird wie folgt geändert:

1. In § 502 Abs. 5 wird der Punkt am Ende der Z 4 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 5 angefügt:

?5. für Streitigkeiten nach § 549.?

2. Nach § 548 wird folgender zweiter Abschnitt eingefügt:

?Zweiter AbschnittMandatsverfahren

Verfahren wegen erheblicher Verletzung von Persönlichkeitsrechten in einem elektronischen Kommunikationsnetz

§ 549.

(1) In Rechtstreitigkeiten über Klagen, in denen ausschließlich Ansprüche auf Unterlassung wegen einer erheblichen, eine natürliche Person in ihrer Menschenwürde beeinträchtigenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten in einem elektronischen Kommunikationsnetz geltend gemacht werden, hat das Gericht auf Antrag der klagenden Partei ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Vernehmung der beklagten Partei einen Unterlassungsauftrag zu erlassen, wenn sich der behauptete Anspruch aus den Angaben in der Klage schlüssig ableiten lässt. Der Klage ist ein Nachweis aus dem elektronischen Kommunikationsnetz anzuschließen, der die rechtsverletzenden Inhalte darstellt oder ersichtlich macht.

(2) Der Unterlassungsauftrag hat den Ausspruch auf Unterlassung der geltend gemachten Verletzung und die Aufschrift ?Unterlassungsauftrag? zu enthalten sowie auszusprechen, dass die beklagte Partei, wenn sie den geltend gemachten Anspruch bestreitet, gegen den Auftrag binnen vierzehn Tagen Einwendungen zu erheben hat. Es ist darüber zu belehren, dass der Unterlassungsauftrag nur durch die Erhebung von Einwendungen bekämpft werden kann und dass im Fall der Erhebung von Einwendungen das ordentliche Verfahren über die Klage stattfinden wird.

(3) Der Unterlassungsauftrag ist der beklagten Partei mit der Klage zuzustellen. Gegen den Unterlassungsauftrag können binnen einer Notfrist von vierzehn Tagen ab Zustellung nur Einwendungen erhoben werden. Es genügt, wenn aus dem Schriftstück die Absicht, Einwendungen zu erheben, hervorgeht. Die im Unterlassungsauftrag enthaltene Kostenentscheidung kann mit Rekurs angefochten werden. Die §§ 556 Abs. 5, 557 Abs. 2 bis 6 und 558 gelten sinngemäß.

(4) Das Gericht kann dem Unterlassungsauftrag auf Antrag der klagenden Partei vorläufige Vollstreckbarkeit zuerkennen, wenn die Fortwirkung der behaupteten rechtsverletzenden Handlung für die klagende Partei unzumutbar oder mit erheblichen Nachteilen verbunden oder mit tragenden Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt ein, sobald der Beschluss über ihre Zuerkennung zugestellt wurde und wirkt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(5) Die Bundesministerin für Justiz wird ermächtigt, für die Klage und den Antrag auf Erlassung eines Unterlassungsauftrags ein Formblatt aufzulegen und im Internet auf der Website der Justiz abrufbar zu halten.?

3. Die Abschnittsbezeichnung ?Zweiter Abschnitt? vor § 555 entfällt.

4. Nach § 618 wird folgender siebenter Teil eingefügt:

?Siebenter TeilInkrafttreten, Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 619.

Die §§ 502, 549 und die Änderungen der Abschnittsbezeichnungen in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/2020, treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft. Die §§ 502 und 549 sind auf Klagen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 eingebracht werden. § 502 Abs. 5 Z 5 in der Fassung des Bundesgesetzes 148/2020 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2030 außer Kraft und ist auf Verfahren, in denen die Klage nach dem 31. Dezember 2030 eingebracht wird, nicht mehr anzuwenden.?

Artikel 4Änderung der Exekutionsordnung

Die Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/2020, wird wie folgt geändert:

In § 1 Z 2 entfällt die Wortfolge ?Mandats- und? sowie die Wortfolge ?sowie im Amtshaftungsverfahren? und vor dem Strichpunkt wird die Wendung ? , sowie Unterlassungsaufträge nach § 549 ZPO, gegen die nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben oder denen vorläufige Vollstreckbarkeit zuerkannt wurde? eingefügt.

Artikel 5Änderung des Rechtsanwaltstarifgesetzes

Das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG), BGBl. Nr. 189/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2020, wird wie folgt geändert:

1. In § 10 Z 6 wird nach dem Wort ?nach? die Wendung ?§ 20 und nach? eingefügt.

2. Nach § 10 Z 6 lit. b wird folgender Schlusssatz eingefügt:

?bei Klagen auf Unterlassung nach § 549 ZPO ist der Gegenstand mit 5 000 Euro zu bewerten;?

3. Dem § 26a wird folgender Abs. 3 angefügt:

?(3) § 10, Tarifpost 2 Abschnitt I Z 1 lit. b und c, Tarifpost 3 A Abschnitt I Z 1 lit. b und Tarifpost 4 Abschnitt I Z 2 in der Fassung des...

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