Bundesgesetz über die Kammern für Arbeiter und Angestellte und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (Arbeiterkammergesetz 1992 ? AKG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Abschnitt 1

Allgemeine Bestimmungen Aufgabenstellung

§ 1. Die Kammern für Arbeiter und Angestellte und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte sind berufen, die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vertreten und zu fördern.

Sprachliche Gleichbehandlung

§ 2. Soweit im folgenden personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Rechtsstellung und örtlicher Wirkungsbereich

§ 3. (1) Die Kammern für Arbeiter und Angestellte (Arbeiterkammern) und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (Bundesarbeitskammer)

sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kammern für Arbeiter und Angestellte bilden die Bundesarbeitskammer.

(3) Der Wirkungsbereich der Arbeiterkammern erstreckt sich jeweils auf ein Bundesland. Der Sitz der Arbeiterkammern ist die jeweilige Landeshauptstadt oder ein anderer von der Vollversammlung bestimmter Ort.

(4) Der Wirkungsbereich der Bundesarbeitskammer erstreckt sich auf das Bundesgebiet. Sie hat ihren Sitz in Wien.

(5) Die Arbeiterkammern sind berechtigt, das Bundeswappen mit der Aufschrift „Kammer für Arbeiter und Angestellte für . . . (Name des Bundeslandes)" zu führen. Die Bundesarbeitskammer ist berechtigt, das Bundeswappen mit der Bezeichnung „Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte" zu führen.

Abschnitt 2

Aufgaben Eigener Wirkungsbereich

§ 4. (1) Die Arbeiterkammern sind berufen, alle zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer —

einschließlich der zuvor als Arbeitnehmer beschäftigten Arbeitslosen und Pensionisten — erforderlichen und zweckmäßigen Maßnahmen zu treffen.

(2) In Durchführung der Interessenvertretungsaufgabe gemäß Abs. 1 sind die Arbeiterkammern insbesondere berufen,

  1. Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen und Gesetzesvorhaben abzugeben und den gesetzgebenden Körperschaften Berichte und Vorschläge zu erstatten;

  2. den Verwaltungsbehörden Vorschläge und Berichte zu erstatten, zu Verordnungsentwürfen Stellung zu nehmen und auf sonstige in Gesetzen vorgesehene Weise an der staatlichen Verwaltung teilzunehmen;

  3. Vertreter in Körperschaften oder sonstige Einrichtungen zu entsenden oder Besetzungsvorschläge zu erstatten, sofern dies in Gesetzen vorgesehen ist;

  4. bei allen Maßnahmen und Einrichtungen mitzuwirken, die das Arbeitsverhältnis betreffen oder die zur Hebung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeitnehmer und ihrer Familien beitragen; Einrichtungen,

    die diesen Zwecken dienen, zu schaffen, zu verwalten oder zu unterstützen;

  5. in Angelegenheiten der Bildung, der Kultur,

    des Umweltschutzes, des Konsumentenschutzes,

    der Freizeitgestaltung, des Schutzes und der Förderung der Gesundheit, der Wohnverhältnisse und der Förderung der Vollbeschäftigung Maßnahmen zu treffen und Einrichtungen zu schaffen, zu verwalten oder zu unterstützen;

  6. an Maßnahmen der Wirtschaftsverwaltung,

    insbesondere an der Festsetzung von Preisen für Erzeugnisse oder Dienstleistungen jeder Art und an Wettbewerbsregelungen mitzuwirken;

  7. wissenschaftliche Erhebungen und Untersuchungen,

    die die Lage der Arbeitnehmer betreffen, durchzuführen oder sonst daran mitzuwirken;

  8. über alle die Interessen der Arbeitnehmer betreffenden Angelegenheiten zu informieren;

  9. die Tätigkeit der in der Vollversammlung vertretenen wahlwerbenden Gruppen zu unterstützen;

  10. die Interessen der Arbeitnehmer in internationalen Beziehungen durch Gutachten,

    Vorschläge und sonstige gesetzliche Mitwirkungsrechte wahrzunehmen sowie die Beziehungen zu ausländischen und internationalen Organisationen und Körperschaften zu pflegen.

    Ãœberwachung von Arbeitsbedingungen

    § 5. (1) Die Arbeiterkammern sind berufen, zur

    Ãœberwachung der Einhaltung arbeitsrechtlicher,

    sozialversicherungsrechtlicher und arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften 1. die Besichtigung von Arbeitsstätten aller Art und von Dienst- oder Werkswohnungen bei den Arbeitsinspektoraten und sonstigen zuständigen Behörden zu beantragen und daran sowie an polizeilichen Tatbestandsaufnahmen anläßlich von Betriebsunfällen teilzunehmen;

  11. mit den Betriebsinhabern über die Abstellung gesetzwidriger Zustände zu verhandeln.

    (2) Die Arbeiterkammern können Lehrlings- und Jugendschutzstellen einrichten und durch diese insbesondere 1. die in Abs. 1 bezeichneten Rechte hinsichtlich der Lehrlinge und jugendlichen Arbeitnehmer wahrnehmen;

  12. die Arbeits- und Wohnverhältnisse von Lehrlingen und jugendlichen Arbeitnehmern überprüfen und die Abstellung gesetzwidriger Zustände bei der zuständigen Behörde beantragen;

  13. an der Überwachung der fachlichen Ausbildung von Lehrlingen und bei Lehrabschlußprüfungen mitwirken;

  14. an der Festsetzung der Dauer der Lehrzeit mitwirken, die Untersagung der Lehrlingsausbildung beantragen und die sonstigen Mitwirkungsrechte nach dem Berufsausbildungsgesetz,

    BGBl. Nr. 142/1969, in der jeweils geltenden Fassung und dem Bundesgesetz

    über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987, BGBl. Nr. 599, in der jeweils geltenden Fassung wahrnehmen.

    (3) Die in Angelegenheiten gemäß Abs. 1 und 2

    sowie die in Berufsausbildungsangelegenheiten zur

    Überwachung oder Vollziehung zuständigen Behörden sind verpflichtet, der zuständigen Arbeiterkammer im Zusammenhang mit gemeinsamen Betriebsbesichtigungen die zum Zwecke der Einhaltung der Arbeits- und Berufsausbildungsbedingungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

    Zusammenarbeit

    § 6. Die Arbeiterkammern sind berufen, die kollektivvertragsfähigen freiwilligen Berufsvereinigungen und die Organe der betrieblichen Interessenvertretung zu beraten sowie zur Förderung der sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.

    Rechtsschutz

    § 7. (1) Die Arbeiterkammern haben kammerzugehörige Arbeitnehmer in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten zu beraten und ihnen insbesondere Rechtsschutz durch gerichtliche Vertretung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten nach Maßgabe eines von der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer zu beschließenden Rahmen-Regulativs zu gewähren.

    (2) Das Rahmen-Regulativ ist so zu gestalten, daß

    durch die Rechtsschutztätigkeit die Besorgung der

    übrigen gesetzlichen Aufgaben der jeweiligen Arbeiterkammer nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

    (3) Die Vollversammlungen der Arbeiterkammern können im Rahmen des von der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer beschlossenen Rahmen-Regulativs nähere Regelungen über die Durchführung des Rechtsschutzes in ihrem Wirkungsbereich treffen.

    (4) Rechtsschutzregulative der einzelnen Arbeiterkammern bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer. Das von der Hauptversammlung zu beschließende Rahmen-Regulativ bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

    (5) Rechtsschutz muß nicht oder nicht in vollem Umfang gewährt werden, wenn 1. er offenbar mutwillig oder in einem aussichtslosen Fall oder gegen eine hinlänglich ausjudizierte Rechtsmeinung verlangt wird oder 2. er im Vergleich zu dem zu erwartenden Erfolg einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde oder 3. die Prozeßführung im Einzelfall den von den Arbeiterkammern gemäß § 1 wahrzunehmenden allgemeinen Interessen der Arbeitnehmer widersprechen würde.

    Ãœbertragener Wirkungsbereich

    § 8. Die Arbeiterkammern sind berufen, Aufgaben der staatlichen Verwaltung, die ihnen durch Gesetz übertragen werden, wahrzunehmen.

    Aufgabenabgrenzung

    § 9. (1) Der Bundesarbeitskammer obliegt die Besorgung aller in den Aufgabenbereich der Arbeiterkammern fallenden Angelegenheiten, soweit sie das gesamte Bundesgebiet oder mehrere Bundesländer gemeinsam betreffen.

    (2) Der Bundesarbeitskammer obliegt insbesondere 1. die Erstattung von Berichten, Gutachten und Vorschlägen in den in den Aufgabenbereich der Arbeiterkammern fallenden Angelegenheiten,

    die über den Wirkungsbereich einer einzelnen Arbeiterkammer hinausgehen; vor Erstattung solcher Berichte, Gutachten und Vorschläge sind die Arbeiterkammern von der Bundesarbeitskammer zur Stellungnahme aufzufordern;

  15. die Pflege der Beziehungen zu ausländischen und internationalen Organisationen und Körperschaften,

    soweit diese Beziehungen' über länderbezogene Kontakte einzelner Arbeiterkammern hinausgehen und Angelegenheiten des Bundes oder mehrerer Bundesländer betreffen;

  16. die Beschlußfassung über Maßnahmen im Sinne des § 4 Abs. 2, soweit solche Maßnahmen

    über den Wirkungsbereich einer einzelnen Arbeiterkammer hinausgehen. Soweit solche Maßnahmen finanzielle Auswirkungen haben, sind Beschlüsse nur nach Maßgabe des

    § 85 Abs. 3 wirksam.

    Abschnitt 3

    Zugehörigkeit

    § 10. (1) Der Arbeiterkammer gehören alle Arbeitnehmer an. Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind auch 1. Arbeitslose im Anschluß an eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung, wenn sie bisher insgesamt mindestens 20 Wochen kammerzugehörig als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sind, für die Dauer von 52 Wochen oder eines längeren Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung.

  17. (Verfassungsbestimmung) Arbeitnehmer in Betrieben,

    Anstalten, Stiftungen und Fonds des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden, ohne Rücksicht darauf,

    ob das Arbeitsverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag oder auf einem Hoheitsakt beruht;

  18. Arbeitnehmer von öffentlich-rechtlichen Körperschaften,

    soweit sie nicht in Z 2 genannt sind, und deren Betrieben, Stiftungen, Anstalten und Fonds;

  19. Präsidenten und leitende Angestellte von gesetzlichen Interessenvertretungen und kollektivvertragsfähigen freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer, soweit sie kammerzugehörige Berufsgruppen...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT