Bundesgesetz vom 14. Dezember 1973 betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsverfassungsgesetz ? ArbVG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

I.TEIL Kollektive Rechtsgestaltung Geltungsbereich

§ 1. (1) Die Bestimmungen des I. Teiles gelten

— soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist — für Arbeitsverhältnisse aller Art, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen.

(2) Ausgenommen von den Bestimmungen des 1. bis 4. Hauptstückes sind 1. Arbeitsverhältnisse der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter, die dem Landarbeitsgesetz,

BGBl. Nr. 140/1948, unterliegen;

  1. Arbeitsverhältnisse, die dem Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961, unterliegen;

  2. Arbeitsverhältnisse zum Bund, zu den Ländern,

    Gemeindeverbänden und Gemeinden sowie zu den von diesen Gebietskörperschaften verwalteten Betrieben, Unternehmungen,

    Anstalten, Stiftungen und Fonds,

    für die auf Grund eines Gesetzes Vorschriften Anwendung finden, die den wesentlichen Inhalt des Arbeitsvertrages zwingend festlegen.

    (3) Die Bestimmungen des 5. Hauptstückes gelten nur für Betriebe, die den Bestimmungen des II. Teiles unterliegen.

  3. HAUPTSTÃœCK KOLLEKTIVVERTRAG Begriff und Inhalt

    § 2. (1) Kollektivverträge sind Vereinbarungen,

    die zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber einerseits und der Arbeitnehmer andererseits schriftlich abgeschlossen werden.

    (2) Durch Kollektivverträge können geregelt werden:

  4. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien;

  5. die gegenseitigen aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer;

  6. die Änderung kollektivvertraglicher Rechtsansprüche gemäß Z. 2 der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer;

  7. Maßnahmen im Sinne des § 97 Abs. 1 Z. 4;

  8. Art und Umfang der Mitwirkungsbefugnisse der Arbeitnehmerschaft bei Durchführung von Maßnahmen gemäß Z. 4 und von Maßnahmen im Sinne des § 97 Abs. 1 Z. 9;

  9. gemeinsame Einrichtungen der Kollektivvertragsparteien;

  10. sonstige Angelegenheiten, deren Regelung durch Gesetz dem Kollektivvertrag übertragen wird.

    Verhältnis zu anderen Rechtsquellen

    § 3. (1) Die Bestimmungen in Kollektivverträgen können, soweit sie die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern regeln, durch Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.

    Sondervereinbarungen sind, sofern sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt, nur gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind.

    (2) Bei der Prüfung, ob eine Sondervereinbarung im Sinne des Abs. 1 günstiger ist ab der Kollektivvertrag, sind jene Bestimmungen zusammenzufassen und gegenüberzustellen, die in einem rechtlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

    Kollektivvertragsfähigkeit

    § 4. (1) Kollektivvertragsfähig sind gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, denen unmittelbar oder mittelbar die Aufgabe obliegt, auf die Regelung von Arbeitsbedingungen hinzuwirken und deren Willensbildung in der Vertretung der Arbeitgeber-

    oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig ist.

    (2) Kollektivvertragsfähig sind die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufsvereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer,

    welche 1. sich nach ihren Statuten zur Aufgabe stellen,

    die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln;

  11. in ihrer auf Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig werden;

  12. vermöge der Zahl der Mitglieder und des Umfanges der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben;

  13. in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sind.

    (3) Für Arbeitsverhältnisse zu Vereinen, die vermöge der Zahl ihrer Mitglieder, des Umfanges ihrer Tätigkeit und der Zahl ihrer Arbeitnehmer eine maßgebende Bedeutung haben, sind diese selbst kollektivvertragsfähig, soweit sie nicht für Arbeitsverhältnisse bestimmter Betriebs- oder Verwaltungsbereiche einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitgeber angehören.

    Zuerkennung und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit

    § 5. (1) Die Kollektivvertragsfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 und 3 ist auf Antrag nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen durch das Obereinigungsamt zuzuerkennen.

    (2) Die Entscheidung über die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ist im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" kundzumachen und dem Bundesministerium für soziale Verwaltung sowie allen Einigungsämtern zur Kenntnis zu bringen.

    Die Kosten der Kundmachung hat die freiwillige Berufsvereinigung (der Verein), der (dem) die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde, zu tragen.

    (3) Die Kollektivvertragsfähigkeit ist durch das Obereinigungsamt von Amts wegen oder auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung oder einer gesetzlichen Interessenvertretung abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 oder 3 nicht mehr gegeben sind; die Bestimmungen des Abs. 2 sind sinngemäß

    anzuwenden.

    Vorrang der freiwilligen Berufsvereinigungen

    § 6. Wird einer freiwilligen Berufsvereinigung die Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 5 Abs. I zuerkannt und schließt diese einen Kollektivvertrag ab, so verliert die in Betracht kommende gesetzliche Interessenvertretung hinsichtlich der Mitglieder der Berufsvereinigung die Kollektivvertragsfähigkeit für die Dauer der Geltung und für den Geltungsbereich des von der Berufsvereinigung abgeschlossenen Kollektivvertrages.

    Kollektivvertragsfähigkeit juristischer Personen

    öffentlichen Rechts

    § 7. Für Arbeitsverhältnisse zu juristischen Personen öffentlichen Rechts, die den Vorschriften dieses Hauptstückes unterliegen, sind diese selbst kollektivvertragsfähig, soweit sie nicht für Arbeitsverhältnisse bestimmter Betriebs- oder Verwaltungsbereiche einer anderen kollektivvertragsfähigen Körperschaft angehören.

    Kollektivvertragsangehörigkeit

    § 8. Kollektivvertragsangehörig sind, sofern der Kollektivvertrag nicht anderes bestimmt,

    innerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches 1. die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die zur Zeit des Abschlusses des Kollektivvertrages Mitglieder der am Kollektivvertrag beteiligten Parteien waren oder später werden;

  14. die Arbeitgeber, auf die der Betrieb eines der in Z. 1 bezeichneten Arbeitgeber übergeht.

    Fachlicher Geltungsbereich

    § 9. (1) Verfügt ein mehrfach kollektivvertragsangehöriger Arbeitgeber über zwei oder mehrere Betriebe, so findet auf die Arbeitnehmer der jeweilige dem Betrieb in fachlicher und örtlicher Beziehung entsprechende Kollektivvertrag Anwendung.

    (2) Die Regelung des Abs. 1 findet sinngemäß

    Anwendung, wenn es sich um Haupt- und Nebenbetriebe oder um organisatorisch und fachlich abgegrenzte Betriebsabteilungen handelt.

    (3) Liegt eine organisatorische Trennung in Haupt- und Nebenbetriebe oder eine organisatorische Abgrenzung in Betriebsabteilungen nicht vor, so findet jener Kollektivvertrag Anwendung,

    welcher für den fachlichen Wirtschaftsbereich gilt, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat; durch Betriebsvereinbarung kann festgestellt werden, welcher fachliche Wirtschaftsbereich für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat.

    (4) Liegt weder eine organisatorische Trennung,

    eine organisatorische Abgrenzung noch die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung eines fachlichen Wirtschaftsbereiches im Sinne des Abs. 3

    vor, so findet der Kollektivvertrag jenes fachlichen Wirtschaftsbereiches Anwendung, dessen Geltungsbereich unbeschadet der Verhältnisse im Betrieb die größere Anzahl von Arbeitnehmern erfaßt.

    Persönlicher Geltungsbereich

    § 10. (1) Wird ein Arbeitnehmer in zwei oder mehreren Betrieben eines Arbeitgebers oder in organisatorisch abgegrenzten Betriebsabteilungen beschäftigt, für die verschiedene Kollektivverträge gelten, so findet auf ihn jener Kollektivvertrag Anwendung, der seiner überwiegend ausgeübten Beschäftigung entspricht.

    (2) Liegt eine überwiegende Beschäftigung im Sinne des Abs. 1 nicht vor, so findet jener Kollektivvertrag Anwendung, dessen Geltungsbereich unbeschadet der Verhältnisse im Betrieb die größere Zahl von Arbeitnehmern des fachlichen Wirtschaftsbereiches erfaßt.

    Normwirkung

    § 11. (1) Die Bestimmungen des Kollektivvertrages sind, soweit sie nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien regeln, innerhalb seines fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich.

    (2) Enthält der Kollektivvertrag keine Vorschrift

    über seinen Wirksamkeitsbeginn, so beginnt seine Wirkung mit dem auf die Kundmachung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung"

    folgenden Tag.

    Außenseiterwirkung

    § 12. (1) Die Rechtswirkungen des Kollektivvertrages treten auch für Arbeitnehmer eines kollektivvertragsangehörigen Arbeitgebers ein,

    die nicht kollektivvertragsangehörig sind (Außenseiter).

    (2) Die gemäß Abs. 1 eingetretenen Rechtswirkungen werden durch einen späteren Kollektivvertrag für dessen Geltungsbereich aufgehoben.

    Nachwirkung

    § 13. Die Rechtswirkungen des Kollektivvertrages bleiben nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse,

    die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfaßt waren, so lange aufrecht,

    als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird.

    Hinterlegung und Kundmachung des Kollektivvertrages

    § 14. (1) Jeder Kollektivvertrag ist innerhalb von zwei Wochen nach seinem Abschluß von den daran beteiligten kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer in drei, bei Kollektivverträgen für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft, soweit auf sie dieses Bundesgesetz Anwendung findet, in vier gleichlautenden Ausfertigungen, die von den...

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