Bundesgesetz vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche.

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1.

(1) Verfassungsbestimmung. Die Evangelische Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Österreich sowie die in dieser zusammengeschlossene Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich und die Evangelische Kirche Helvetischen Bekenntnisses in Österreich — im folgenden sämtliche

„Evangelische Kirche" genannt — sind gesetzlich anerkannte Kirchen im Sinne des Artikels 15

des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867,

RGBl. Nr. 142, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger.

(2) Die Evangelische Kirche hat daher insbesondere folgende verfassungsgesetzlich gewährleistete Stellung:

I.

Die Evangelische Kirche genießt die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.

II.

Die Evangelische Kirche ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig. Sie ist in Bekenntnis und Lehre und in deren Verkündigung sowie in der Seelsorge frei und unabhängig und hat das Recht der gemeinsamen

öffentlichen Religionsausübung.

Insbesondere ist sie berechtigt, selbständig für alle oder für einzelne ihrer Angehörigen allgemein oder im Einzelfall verbindliche Anordnungen zu treffen, die innere Angelegenheiten zum Gegenstand haben.

III.

Alle Akte der Gesetzgebung und Vollziehung,

die die Evangelische Kirche betreffen, haben den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz im Verhältnis zur rechtlichen und tatsächlichen Stellung der anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu beachten.

IV.

Der Besitz und der Genuß ihrer für Kultus-,

Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds ist der Evangelischen Kirche gewährleistet.

V.

Die Evangelische Kirche ist berechtigt, zur Deckung des kirchlichen Personal- und Sachaufwandes von ihren Angehörigen Beiträge einzuheben und über die Erträgnisse aus diesen Beiträgen im Rahmen der Ordnung und Verwaltung der inneren Angelegenheiten frei zu verfügen.

Die Gemeinden der Evangelischen Kirche sind

überdies berechtigt, zur Deckung ihrer örtlichen Bedürfnisse Zuschläge (Gemeindeumlagen) einzuheben.

§ 2. Oekumenischer Verkehr.

Der Evangelischen Kirche ist die Freiheit gewährleistet,

mit Kirchen und Religionsgesellschaften des In- und Auslandes zusammenzuarbeiten,

mit ihnen Gemeinschaften zu bilden,

sowie oekumenischen Organisationen, wie insbesondere dem Oekumenischen Rat der Kirchen,

dem Lutherischen "Weltbund und dem Reformierten Weltbund, anzugehören.

§ 3. Rechtspersönlichkeit der Gemeinden.

(1) Die Gemeinden aller Stufen der Evangelischen Kirche genießen die Stellung von Körperschaften des öffentlichen Rechts, insoweit sie bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehen.

(2) Das Bundesministerium für Unterricht hat die im Abs. 1 genannten Gemeinden nach Anhören der Evangelischen Kirchenleitung (§ 7)

binnen drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt zu bezeichnen.

§ 4. Begründung der Rechtsperson.

(1) Künftig errichtete Gemeinden und nach kirchlichem Recht mit Rechtspersönlichkeit aus-

gestattete Einrichtungen der Evangelischen Kirche erlangen auch für den staatlichen Bereich Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts mit dem Tage des Einlangens der von der Evangelischen Kirchenleitung (§ 7) ausgefertigten Anzeige beim Bundesministerium für Unterricht,

welches das Einlangen schriftlich zu bestätigen hat. Aus dieser Anzeige müssen die Bezeichnung und der Wirkungsbereich der Rechtsperson ersichtlich sein. In dieser Anzeige sind auch die Personen anzuführen, welche die Gemeinden oder Einrichtungen nach außen vertreten.

(2) Änderungen in der Person des Vertretungsberechtigten sind ebenfalls dem Bundesministerium für Unterricht schriftlich anzuzeigen.

(3) Die Evangelische Kirchenleitung (§ 7) hat jedem, der ein berechtigtes Interesse daran glaubhaft macht, die Personen, welche die Gemeinden oder Einrichtungen nach außen vertreten, bekanntzugeben.

§ 5. Umwandlung, Vereinigung oder Auflösung der Rechtspersonen.

Die Umwandlung, die Vereinigung oder die Auflösung der mit Rechtspersönlichkeit des

öffentlichen Rechts ausgestatteten Gemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Kirche erlangen,

unbeschadet der vermögensrechtlichen Wirkungen einer solchen Maßnahme, auch...

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