Bundesgesetz, mit dem das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden

148. Bundesgesetz, mit dem das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Art. Gegenstand / Bezeichnung
1 Änderung des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes
2 Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes
3 Änderung des Strafgesetzbuches
4 Änderung der Strafprozeßordnung 1975
5 Änderung des Tilgungsgesetzes 1972
6 Inkrafttreten
7 Anpassungsbestimmungen

Artikel 1Änderung des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes

Das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, BGBl. I Nr. 5/2016, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 102/2020, wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet:

?Bundesgesetz über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes (Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz ? SNG)?

2. Die §§ 1 und 2 samt Überschrift lauten:

?Anwendungsbereich

§ 1.

(1) Dieses Bundesgesetz regelt den Verfassungsschutz. Dieser erfolgt in Ausübung der Sicherheitspolizei.

(2) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von Vertretern ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte nach Maßgabe völkerrechtlicher Verpflichtungen, kritischer Infrastruktur und der Bevölkerung vor terroristisch, ideologisch oder religiös motivierter Kriminalität, vor Gefährdungen durch Spionage, durch nachrichtendienstliche Tätigkeit und durch Proliferation sowie der Wahrnehmung zentraler Funktionen der internationalen Zusammenarbeit in diesen Bereichen.

(3) Für die Wahrnehmung der in Abs. 2 genannten Angelegenheiten bestehen als Organisationseinheit der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (Direktion) und in jedem Bundesland eine für Staatsschutz zuständige Organisationseinheit der Landespolizeidirektion.

(4) Der Verfassungsschutz besteht aus Staatsschutz und Nachrichtendienst. Der Staatsschutz umfasst den vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen. Daneben kommt diesem die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Sicherheitspolizeigesetz und der Strafprozeßordnung 1975 im Zusammenhang mit verfassungsgefährdenden Angriffen zu. Der Nachrichtendienst umfasst die Gewinnung und Analyse von Informationen für Zwecke des Abs. 2 sowie die erweiterte Gefahrenerforschung.

(5) Der Bundesminister für Inneres kann bestimmte Angelegenheiten nach Abs. 2 der Direktion vorbehalten. Diesfalls kann die Direktion die für Staatsschutz zuständige Organisationseinheit der Landespolizeidirektion mit der Durchführung einzelner Maßnahmen beauftragen. Auch kann die Direktion anordnen, dass ihr direkt über den Fortgang einer Angelegenheit laufend oder zu bestimmten Zeitpunkten zu berichten ist.

(6) Die Direktion wird bei Vollziehung dieses Bundesgesetzes für den Bundesminister für Inneres, die für Staatsschutz zuständige Organisationseinheit für die jeweilige Landespolizeidirektion tätig.

Organisation

§ 2.

(1) Der Direktion steht ein Direktor vor. Die Aufgabenbereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst sind organisatorisch zu trennen und es ist jeweils ein Stellvertreter zu bestellen. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass eine Organisationseinheit der Direktion als Informationsschnittstelle zur Koordinierung dieser beiden Aufgabenbereiche einzurichten ist, welcher insbesondere der tagesaktuelle und anlassbezogene Informations- und Lageaustausch, die Bewertung von Informationen sowie die Abstimmung strategischer und operativer Maßnahmen obliegt. Diese Aufgabenbereiche sind im Rahmen der Geschäftseinteilung abzubilden.

(2) Zum Direktor kann nur ernannt werden, wer ein abgeschlossenes Hochschulstudium (Z 1.12. der Anlage 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 ? BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979) und besondere Kenntnisse auf den Gebieten des Verfassungsschutzes und der Grund- und Freiheitsrechte aufweist.

(3) Wer Mitglied der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines allgemeinen Vertretungskörpers ist, kann nicht als Direktor oder Stellvertreter bestellt oder mit einer sonstigen Leitungsfunktion in einer Organisationseinheit gemäß § 1 Abs. 3 betraut werden. Als Direktor oder Stellvertreter kann weiters nicht bestellt werden, wer in den letzten fünf Jahren Mitglied der Bundesregierung, einer Landesregierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft war.

(4) Abweichend von § 7 Abs. 2 zweiter Satz Ausschreibungsgesetz 1989 ? AusG, BGBl. Nr. 85/1989, hat der Leiter der Zentralstelle für die Begutachtungskommission für den Direktor sowie für die beiden Stellvertreter ein Mitglied zu bestellen. Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport hat das weitere Mitglied zu bestellen, wobei dabei auf die Geschlechterparität Bedacht zu nehmen ist.

(5) Dem Direktor, den Stellvertretern sowie den Leitern der für Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen ist die Ausübung jeder Nebenbeschäftigung mit Ausnahme von Tätigkeiten im Bereich der Lehre untersagt. Die Ausübung einer unentgeltlichen sonstigen Nebenbeschäftigung kann ausnahmsweise durch die Dienstbehörde genehmigt werden, wobei vor der Entscheidung der Dienstbehörde hinsichtlich des Direktors eine Stellungnahme des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, hinsichtlich der Stellvertreter sowie der Leiter der für Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen eine Stellungnahme des Direktors einzuholen ist. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung den begründeten Verdacht hervorrufen würde, dass die Nebenbeschäftigung die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung der Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.

(6) Sonstige Bedienstete der Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 dürfen Nebenbeschäftigungen mit Ausnahme von Tätigkeiten im Bereich der Lehre nur nach Genehmigung durch die Dienstbehörde ausüben, wobei vor der Entscheidung der Dienstbehörde eine Stellungnahme des Direktors einzuholen ist. Bei der Beurteilung, ob die Ausübung einer Nebenbeschäftigung nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 oder § 5 Abs. 1 Vertragsbedienstetengesetz 1948 ? VBG, BGBl. Nr. 86/1948, oder den dazu erlassenen Verordnungen unzulässig ist, ist das sich aus dem Verfassungsschutz ergebende dienstliche Interesse besonders zu berücksichtigen.

(7) Bedienstete der Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3, die mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betraut sind, haben eine spezielle Ausbildung für Verfassungsschutz zu absolvieren, welche durch die Sicherheitsakademie (§ 11 Sicherheitspolizeigesetz ? SPG, BGBl. Nr. 566/1991) durchzuführen ist. Die Ausbildung hat sich insbesondere an den Schwerpunkten der Arbeitsplatzbeschreibungen zu orientieren und Menschenrechts-, Gender- und Diversitätsaspekte zu berücksichtigen.

(8) Sofern es sich bei Bediensteten in Leitungsfunktionen der für den Aufgabenbereich Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 nicht um Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelt, können sie nach erfolgreicher Absolvierung der Ausbildung gemäß Abs. 7 zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt werden. Diesfalls gelten sie als Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 5 Abs. 2 SPG.

(9) Der Direktor sowie die Leiter der für Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen haben für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich ein System zur Qualitätssicherung hinsichtlich der Bewertung wahrscheinlicher Gefährdungen sowie der damit verbundenen Maßnahmen einzurichten.?

3. In § 2a wird in den Abs. 1, 4 und 7 jeweils die Wortfolge ?polizeilichen Staatsschutz? durch das Wort ?Verfassungsschutz? und in Abs. 7 letzter Satz das Wort ?Verfassungsschutz? durch das Wort ?Staatsschutz? ersetzt.

4. In § 2a Abs. 1 wird nach der Wendung ?Bedienstete gemäß § 2 Abs. 3? die Wortfolge ?sowie jeder sonstige Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres, der mit dem Aufbau oder Betrieb der technischen Infrastruktur der Direktion betraut ist,? eingefügt und das Zitat ?§ 2 Abs. 3? durch das Zitat ?§ 2 Abs. 7? ersetzt.

5. Nach § 2a wird folgender § 2b samt Überschrift eingefügt:

?Sicherheit und Geheimnisschutz

§ 2b.

(1) Zum Schutz klassifizierter Informationen kann der Direktor geeignete und besonders geschulte Bedienstete dazu ermächtigen, Personen, die Gebäude oder Räumlichkeiten der Direktion betreten, zu betreten versuchen, sich in solchen aufhalten, diese zu verlassen versuchen oder unmittelbar zuvor verlassen haben, zu durchsuchen. Die Ermächtigung zur Durchsuchung einer Person umfasst die Durchsuchung der Kleidung sowie das Öffnen und Durchsuchen von Behältnissen oder Gegenständen, die diese Person mit sich führt. Die Durchsuchung kann unter Verwendung technischer Hilfsmittel durchgeführt werden. Die Bediensteten sind ermächtigt, eine Durchsuchung mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchzusetzen; die §§ 29 sowie 50 Abs. 2 und 4 SPG gelten sinngemäß. Für diese Bediensteten gilt die Richtlinien-Verordnung ? RLV, BGBl. Nr. 266/1993.

(2) Der Direktor kann im Einzelfall geeigneten und dafür besonders geschulten anderen Bediensteten als Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes für den Fall gerechter Notwehr zur Verteidigung eines Menschen während Ausübung ihrer Amts- und Dienstpflicht Dienstwaffen im Sinne des § 3 Z 1, 2 und 4 Waffengebrauchsgesetz 1969, BGBl. Nr. 149/1969, zur Verfügung stellen. Diesfalls gelten die §§ 4, 5 und 6 Waffengebrauchsgesetz 1969 auch für diese Bediensteten. Für den Ersatz entstandener Schäden gilt das Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 735/1988, sinngemäß.

(3) Soweit Bundesbehörden, Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung, durch Gesetz eingerichtete Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts oder Bürgermeister gesetzlich zur Ausstellung von...

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