Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz, das Gebührengesetz 1957 und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden

105. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz, das Gebührengesetz 1957 und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (Alternative-Streitbeilegung-Gesetz ? AStG) 1. Abschnitt

Allgemeines

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt das von den Stellen zur alternativen Streitbeilegung gemäß § 4 Abs. 1 durchzuführende Verfahren zur alternativen Beilegung von Streitigkeiten über Verpflichtungen aus einem entgeltlichen Vertrag zwischen einem in Österreich niedergelassenen Unternehmer und einem in Österreich oder in einem sonstigen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum wohnhaften Verbraucher (§ 1 des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 140/1979).

(2) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für

1. Streitigkeiten über Gesundheitsdienstleistungen, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen, einschließlich der Verschreibung, Abgabe und Bereitstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten,
2. Streitigkeiten mit öffentlichen Anbietern von Weiter- oder Hochschulbildung,
3. nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und
4. Kaufverträge über unbewegliche Sachen.

(3) Dieses Bundesgesetz regelt auch bestimmte Aspekte der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten), ABl. Nr. L 165 vom 18.06.2013 S. 1.

Verhältnis zu anderen gesetzlichen Bestimmungen

§ 2. Im Fall der Kollision geht eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes einer anderen Gesetzesbestimmung vor, die der Umsetzung eines sektorspezifischen Unionsrechtsaktes über von einem Verbraucher gegen einen Unternehmer eingeleitete außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren dient.

Begriffsbestimmungen

§ 3. Im Sinn dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1. Alternative Streitbeilegung: Jedes Verfahren, das von einer Stelle zur alternativen Streitbeilegung (im Folgenden kurz: AS-Stelle) gemäß § 4 Abs. 1 durchgeführt wird und das darauf abzielt, den Parteien eine Lösung vorzuschlagen oder diese mit dem Ziel zusammenzubringen, sie zu einer gütlichen Einigung zu veranlassen;
2. Schlichter: Die mit der Streitbeilegung betraute natürliche Person.

2. Abschnitt

Stellen zur alternativen Streitbeilegung

Zuständige Stellen

§ 4. (1) AS-Stellen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind im Rahmen ihrer Zuständigkeit

1. die Schlichtungsstelle der Energie-Control Austria,
2. die Telekom-Schlichtungsstelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH,
3. die Post-Schlichtungsstelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH,
4. die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte,
5. die Gemeinsame Schlichtungsstelle der Österreichischen Kreditwirtschaft,
6. der Internet Ombudsmann,
7. die Ombudsstelle Fertighaus und
8. die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte.

(2) Für die Behandlung von Beschwerden, die nicht in die Zuständigkeit einer der in Abs. 1 Z 1 bis 7 genannten AS-Stellen fallen, ist die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte gemäß Abs. 1 Z 8 als Auffangschlichtungsstelle zusätzlich zuständig.

Zeichen der AS-Stellen

§ 5. (1) AS-Stellen gemäß § 4 Abs. 1 haben das AS-Stellen-Zeichen zu führen.

(2) Das AS-Stellen-Zeichen besteht aus dem Wappen der Republik Österreich (Bundeswappen) und der Wortfolge ?Staatlich anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle?; es ist in der Anlage 1 festgelegt.

(3) Das AS-Stellen-Zeichen darf nur von AS-Stellen gemäß § 4 Abs. 1 geführt werden.

Verfahrensregeln

§ 6. (1) Jede AS-Stelle hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und der Vorgaben der §§ 12 bis 16, Regeln für das Verfahren über bei ihr einlangende Beschwerden festzulegen.

(2) Die Verfahrensregeln haben zu gewährleisten, dass Streitigkeiten fair, praktisch und auf der Grundlage einer objektiven Bewertung der Umstände der Beschwerde und unter gebührender Berücksichtigung der Rechte der Parteien beigelegt werden.

(3) In den Verfahrensregeln ist festzulegen, wie im Falle eines gemäß § 10 Abs. 3 vom Schlichter offengelegten Umstandes, der geeignet ist, seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu beeinträchtigen, vorzugehen ist.

(4) Die Verfahrensregeln können vorsehen, dass es den Parteien und deren Vertretern während eines anhängigen Verfahrens und danach untersagt ist, die Streitsache oder die Inhalte des Schlichtungsverfahrens an die Öffentlichkeit zu bringen oder eine mediale Berichterstattung darüber zu erwirken. Für den Fall des Zuwiderhandelns können die Verfahrensregeln Konsequenzen vorsehen.

(5) Die Verfahrensregeln können vorsehen, dass Verbraucher bei Einleitung eines Verfahrens einen geringfügigen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten haben.

(6) Gesetzlich oder durch Verfahrensregeln kann vorgesehen werden, dass die Bearbeitung einer Beschwerde abgelehnt wird, wenn

1. die Beschwerde mutwillig oder schikanös ist,
2. die Beschwerde von einer AS-Stelle oder einem Gericht behandelt wird oder bereits behandelt worden ist,
3. der Streitwert einen festgelegten Schwellenwert unter- oder überschreitet,
4. der Verbraucher die Beschwerde nicht innerhalb einer in den Verfahrensregeln festgesetzten Frist von zumindest einem Jahr ab dem Zeitpunkt, zu dem er die Beschwerde beim Unternehmer vorgebracht hat, bei der AS-Stelle eingereicht hat,
5. die Behandlung der Streitigkeit den effektiven Betrieb der AS-Stelle ernsthaft beeinträchtigen würde,
6. der Verbraucher in der Beschwerde nicht glaubhaft macht, dass er eine Einigung mit dem Unternehmer versucht hat oder diesen Versuch binnen einer von der AS-Stelle gesetzten angemessenen Frist nicht nachweislich nachholt.
Ablehnungsgründe dürfen den Zugang der Verbraucher zu Verfahren nicht erheblich beeinträchtigen.

(7) Lehnt die AS-Stelle die Behandlung einer Beschwerde ab, hat sie die Parteien nach Maßgabe des § 14 innerhalb von drei Wochen nach Eingang der vollständigen Unterlagen, unter Angabe der Gründe für die Ablehnung, zu verständigen.

Informationsverpflichtungen

§ 7. (1) AS-Stellen sind verpflichtet, eine laufend aktualisierte Website zu unterhalten, die den Parteien einen einfachen Zugang zu Informationen über das Verfahren zu bieten hat.

(2) AS-Stellen müssen auf ihrer Website, auf Antrag auch auf einem dauerhaften Datenträger sowie auf jede andere Weise, die sie für geeignet halten, eindeutig und leicht verständlich jedenfalls folgende Informationen veröffentlichen:

1. Kontaktangaben, einschließlich Postanschrift und E-Mail-Adresse,
2. den Umstand, ob es sich um eine notifizierte AS-Stelle handelt,
3. über die Schlichter, inklusive Angaben über deren Ernennung, vorgesehene Funktionszeit, Namen, erworbene Qualifikation und bisherigen beruflichen Werdegang,
4. gegebenenfalls die Zugehörigkeit zu Netzwerken von AS-Stellen zur Erleichterung grenzübergreifender Streitbeilegung,
5. die Arten von Streitigkeiten, für die eine Zuständigkeit gegeben ist, einschließlich etwaiger Schwellenwerte,
6. die Verfahrensregeln,
7. die Gründe, aus denen die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt werden kann,
8. Sprachen, in denen Beschwerden eingereicht werden können, und Sprachen, in denen das Verfahren geführt werden kann,
9. Regeln, auf die sich die AS-Stelle bei der Streitbeilegung stützen kann,
10. Vorbedingungen, die die Parteien gegebenenfalls erfüllen müssen,
11. die Möglichkeit für die Parteien, das Verfahren abzubrechen,
12. gegebenenfalls Kosten, die von den Parteien zu tragen sind,
13. die Rechtswirkungen des Ergebnisses des
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