Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird

151. Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen (Kommunikationsplattformen-Gesetz ? KoPl-G) 1. AbschnittAllgemeine Bestimmungen und Definitionen

Gegenstand und Anwendungsbereich

§ 1.

(1) Dieses Bundesgesetz dient der Förderung des verantwortungsvollen und transparenten Umgangs mit Meldungen der Nutzer über nachfolgend genannte Inhalte auf Kommunikationsplattformen und der unverzüglichen Behandlung solcher Meldungen.

(2) In- und ausländische Diensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Kommunikationsplattformen (§ 2 Z 4) anbieten, unterliegen diesem Bundesgesetz, außer

1. die Anzahl der mittels Registrierung für die Kommunikationsplattform zugangsberechtigten Nutzer in Österreich im vorangegangenen Kalenderjahr hat im Durchschnitt 100 000 Personen unterschritten und
2. der mit dem Betrieb der Kommunikationsplattform im vorangegangenen Kalenderjahr in Österreich erzielte Umsatz beträgt weniger als 500 000 Euro.

(3) Diensteanbieter von Kommunikationsplattformen,

1. die nur der Vermittlung oder dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen sowie der Vermittlung von Immobilien oder Stellenanzeigen dienen,
2. deren Hauptzweck in der Bereitstellung nicht gewinnorientierter
a) Online-Enzyklopädien oder
b) Bildungs- und Lernplattformen zur Wissensvermittlung liegt, oder
3. die von Medienunternehmen (§ 1 Abs. 1 Z 6 des Mediengesetzes ? MedienG, BGBl. Nr. 314/1981) in unmittelbaren Zusammenhang mit ihren journalistisch gestalteten Inhaltsangeboten angeboten werden,
sind jedenfalls von den Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz ausgenommen.

(4) Diensteanbieter von Video-Sharing-Plattformen (§ 2 Z 12) sind in Hinblick auf die dort bereitgestellten Sendungen (§ 2 Z 9) und nutzergenerierten Videos (§ 2 Z 7) von den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes ausgenommen.

(5) Auf Verlangen eines Diensteanbieters hat die Aufsichtsbehörde festzustellen, ob dieser unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt.

(6) Die Aufsichtsbehörde hat ein Verzeichnis der von diesem Bundesgesetz erfassten Diensteanbieter zu führen und geeignet zu veröffentlichen. Das jedenfalls jährlich zu aktualisierende Verzeichnis hat deklarative Wirkung. Gelangt die Aufsichtsbehörde bei Erfüllung ihrer Aufgaben zur Auffassung, dass die im Verzeichnis enthaltenen Angaben nicht mehr den Tatsachen entsprechen, hat sie die entsprechende Richtigstellung vorzunehmen.

Begriffsbestimmungen

§ 2.

Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

1. Betriebsstätte: eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Diensteanbieters ganz oder teilweise ausgeübt wird;
2. Dienst der Informationsgesellschaft: ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs. 1 Z 2 des Notifikationsgesetzes 1999 ? NotifG 1999, BGBl. I Nr. 183/1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern (§ 3 Z 1 des E-Commerce-Gesetzes ? ECG, BGBl I Nr. 152/2001);
3. Diensteanbieter: die natürliche oder juristische Person, die eine Kommunikationsplattform anbietet;
4. Kommunikationsplattform: ein Dienst der Informationsgesellschaft, bei dem der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, im Wege der Massenverbreitung den Austausch von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild zwischen Nutzern und einem größeren Personenkreis anderer Nutzer zu ermöglichen;
5. Mutterunternehmen: ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen im Sinne von § 244 UGB, dRGBl. S 219/1897, kontrolliert;
6. Nutzer: jede Person, die eine Kommunikationsplattform nutzt, unabhängig davon, ob sie auf der betreffenden Kommunikationsplattform registriert ist;
7. nutzergeneriertes Video: eine Abfolge von Bewegtbildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge einen Einzelbestandteil darstellt und von einem Nutzer erstellt und von diesem oder einem anderen Nutzer auf eine Video-Sharing-Plattform hochgeladen wird;
8. rechtswidrige Inhalte: Inhalte, die einen der folgenden Tatbestände objektiv verwirklichen und nicht gerechtfertigt sind: Nötigung (§ 105 StGB, BGBl. Nr. 60/1974), Gefährliche Drohung (§ 107 StGB), Beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB), Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation (§ 107c StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB), Beleidigung (§ 115 StGB), Unbefugte Bildaufnahmen (§ 120a StGB), Erpressung (§ 144 StGB), Herabwürdigung religiöser Lehren (§ 188 StGB), Pornographische Darstellungen Minderjähriger (§ 207a StGB), Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a StGB), Terroristische Vereinigung (§ 278b StGB), Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f StGB), Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB), Verhetzung (§ 283 StGB), § 3d, § 3g oder § 3h des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945;
9. Sendung: ein einzelner, in sich geschlossener Teil eines audiovisuellen Mediendienstes, der unabhängig von seiner Länge aus einer Abfolge von Bewegtbildern mit oder ohne Ton besteht und Bestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist; der Begriff schließt insbesondere Spielfilme, Videoclips, Sportberichte, Sitcoms, Dokumentationen, Nachrichten-, Kunst- und Kultursendungen, Kindersendungen und Originalproduktionen ein;
10. Tochterunternehmen: ein von einem Mutterunternehmen im Sinn des § 244 UGB, dRGBl. S 219/1897, kontrolliertes Unternehmen, einschließlich jedes mittelbar kontrollierten Tochterunternehmens eines Mutterunternehmens;
11. Unternehmensgruppe: ein Mutterunternehmen eines Diensteanbieters, alle seine Tochterunternehmen und alle anderen mit ihnen wirtschaftlich und rechtlich verbundenen Unternehmen;
12. Video-Sharing-Plattform: eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, bei der der Hauptzweck oder ein trennbarer Teil der Dienstleistung oder eine wesentliche Funktion der Dienstleistung darin besteht, Sendungen (Z 9) oder, nutzergenerierte Videos (Z 7) oder beides, für die der Plattform-Anbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne von Art. 2 Z 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, ABl. Nr. L 321/36 vom 17.12.2018, zur Information, Unterhaltung oder Bildung bereitzustellen, und deren Organisation ? einschließlich automatischer Mittel oder Algorithmen, insbesondere durch Anzeigen, Markieren und Anordnen ? vom Plattform-Anbieter bestimmt wird.

2. AbschnittAnforderungen an Kommunikationsplattformen

Melde- und Überprüfungsverfahren

§ 3.

(1) Diensteanbieter müssen ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit und die Erledigung von Meldungen über auf der Kommunikationsplattform verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte einrichten.

(2) Ein derartiges Verfahren muss jedenfalls so ausgestaltet sein, dass Nutzer mittels leicht auffindbarer, ständig verfügbarer und einfach handhabbarer Funktionalitäten auf der Kommunikationsplattform

1. Inhalte mitsamt den für eine Beurteilung erforderlichen Angaben dem Diensteanbieter melden können,
2. eine Erklärung erhalten, wie mit ihrer Meldung verfahren wird und was das Ergebnis des betreffenden Verfahrens war, und
3. unverzüglich über die wesentlichen Entscheidungsgründe zur Erledigung der betreffenden Meldung einschließlich des allfälligen Zeitpunkts einer Entfernung oder
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