Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz ? RIRUG)

147. Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz ? RIRUG) Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen (Restrukturierungsordnung ? ReO) 1. AbschnittAnwendungsbereich

Restrukturierungsmaßnahmen

§ 1.

(1) Auf Antrag eines Schuldners ist ein Restrukturierungsverfahren einzuleiten, das dem Schuldner ermöglicht, sich zu restrukturieren, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und die Bestandfähigkeit sicherzustellen.

(2) Unter den Begriff der Restrukturierung fallen Maßnahmen, die auf die Restrukturierung des Unternehmens des Schuldners abzielen und zu denen die Änderung der Zusammensetzung, der Bedingungen oder der Struktur der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten oder jedes anderen Teils der Kapitalstruktur des Unternehmens des Schuldners gehört, etwa der Verkauf von Vermögenswerten oder Geschäftsbereichen und die Gesamtveräußerung des Unternehmens sowie alle erforderlichen operativen Maßnahmen oder eine Kombination dieser Elemente.

(3) Bei Eintritt einer wahrscheinlichen Insolvenz hat die Unternehmensleitung Schritte einzuleiten, um die Insolvenz abzuwenden und die Bestandfähigkeit sicherzustellen; dabei sind die Interessen der Gläubiger, der Anteilsinhaber und der sonstigen Interessenträger angemessen zu berücksichtigen.

Ausgenommene Schuldner

§ 2.

(1) Dieses Bundesgesetz ist auf folgende Schuldner nicht anzuwenden:

1. Rechtsträger gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 bis 5 und 9 VAG 2016,
2. Pensionskassen gemäß § 1 Abs. 1 PKG,
3. Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 BWG,
4. Abbaueinheiten gemäß § 83 BaSAG oder § 2 GSA und Abbaugesellschaften gemäß § 162 BaSAG,
5. Wertpapierfirmen oder Organismen für gemeinsame Anlagen gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 und 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, ABl. 2013 L 176, S. 1,
6. zentrale Gegenparteien gemäß Art. 2 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, ABl. 2012 L 201, S. 1,
7. Zentralverwahrer gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer, ABl. Nr. L 257, S. 1,
8. andere Finanzinstitute und Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 BaSAG,
9. öffentliche Stellen und
10. natürliche Personen, die keine Unternehmer sind.

(2) Unternehmer sind natürliche Personen, die eine gewerbliche, geschäftliche, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben.

Ausgenommene Forderungen

§ 3.

(1) Vom Restrukturierungsverfahren sind

1. bestehende und künftige Forderungen derzeitiger oder ehemaliger Arbeitnehmer,
2. bestehende und künftige Forderungen zur betrieblichen Vorsorge (§§ 6 und 7 BMSVG),
3. nach Einleitung des Restrukturierungsverfahrens entstehende Forderungen, wobei § 46 Z 1, 2, 4, 5 und 6 IO anzuwenden ist,
4. Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art und
5. Forderungen auf gesetzlichen Unterhalt
ausgeschlossen.

(2) Restrukturierungsverfahren haben keine Auswirkungen auf erworbene Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung.

2. AbschnittVerfahrenseinleitung

Zuständigkeit

§ 4.

Für das Restrukturierungsverfahren ist das Gericht nach § 63 IO zuständig. §§ 64 und 65 IO sind anzuwenden.

Anwendung der Insolvenzordnung

§ 5.

Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes angeordnet ist, sind die allgemeinen Verfahrensbestimmungen der IO anzuwenden. § 253 Abs. 3 fünfter Satz IO ist nicht anzuwenden.

Voraussetzungen für die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens

§ 6.

(1) Die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens setzt die wahrscheinliche Insolvenz des Schuldners voraus.

(2) Wahrscheinliche Insolvenz liegt vor, wenn der Bestand des Unternehmens des Schuldners ohne Restrukturierung gefährdet wäre, insbesondere bei drohender Zahlungsunfähigkeit; sie wird vermutet, wenn die Eigenmittelquote 8% unterschreitet und die fiktive Schuldentilgungsdauer 15 Jahre übersteigt.

(3) Ein Restrukturierungsverfahren ist nicht einzuleiten, wenn

1. ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners anhängig ist oder
2. ein Restrukturierungsplan oder ein Sanierungsplan vor weniger als sieben Jahren bestätigt wurde.

(4) Ist der Schuldner oder ein Mitglied von dessen vertretungsbefugtem Organ innerhalb von drei Jahren vor dem Antrag auf Einleitung des Restrukturierungsverfahrens nach § 163a StGB rechtskräftig verurteilt worden, so kann das Restrukturierungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn er bescheinigt, geeignete Maßnahmen zur Behebung der Probleme, die zur Verurteilung geführt haben, ergriffen zu haben.

Antrag auf Einleitung

§ 7.

(1) Der Schuldner hat im Antrag auf Einleitung des Restrukturierungsverfahrens das Vorliegen der wahrscheinlichen Insolvenz darzulegen. Er hat dem Antrag Folgendes anzuschließen:

1. einen Restrukturierungsplan oder ein Restrukturierungskonzept,
2. eine von ihm unterfertigte Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage, aus der sich ergibt, wie die für die Fortführung des Unternehmens und die Bezahlung der laufenden Aufwendungen notwendigen Mittel aufgebracht und verwendet werden sollen (Finanzplan), und
3. Jahresabschlüsse, zu deren Aufstellung der Schuldner nach Unternehmensrecht verpflichtet ist; betreibt er sein Unternehmen länger als drei Jahre, so genügt die Vorlage für die letzten drei Jahre.

(2) Hat der Schuldner dem Antrag keinen Restrukturierungsplan angeschlossen, so hat er darzulegen, dass mit dem Restrukturierungskonzept die Bestandfähigkeit des Unternehmens erreicht werden kann.

(3) Der Antrag ist unzulässig, wenn der Restrukturierungsplan oder das Restrukturierungskonzept offenbar untauglich ist oder der Antrag missbräuchlich ist, insbesondere weil wahrscheinliche Insolvenz offenbar nicht vorliegt oder sich aus den Exekutionsdaten die Zahlungsunfähigkeit offenkundig ergibt.

(4) Fehlt im Antrag das gesetzlich vorgeschriebene Vorbringen oder sind ihm nicht alle vorgeschriebenen Urkunden angeschlossen, so ist der Schriftsatz zur Verbesserung binnen einer vom Gericht festzulegenden Frist von höchstens 14 Tagen zurückzustellen. Wird der Antrag nicht fristgerecht verbessert, so ist er zurückzuweisen.

(5) Der Beschluss, mit dem das Restrukturierungsverfahren eingeleitet wird, ist dem Schuldner zuzustellen.

Restrukturierungskonzept - Frist zur Vorlage eines Restrukturierungsplans

§ 8.

(1) Ein Restrukturierungskonzept hat zumindest die in Aussicht genommenen Restrukturierungsmaßnahmen und eine Auflistung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Schuldners zum Zeitpunkt des Antrags auf Einleitung des Restrukturierungsverfahrens einschließlich einer Bewertung der Vermögenswerte zu enthalten.

(2) Hat der Schuldner nur ein Restrukturierungskonzept, aber keinen Restrukturierungsplan nach § 27 vorgelegt, so hat das Gericht ihm auf seinen Antrag eine Frist von höchstens 60 Tagen zur Vorlage eines Restrukturierungsplans einzuräumen. Wird ein solcher Antrag nicht zugleich mit dem Antrag auf Einleitung des Restrukturierungsverfahrens oder binnen der zum Erlag eines Kostenvorschusses zur Deckung der Entlohnung des Restrukturierungsbeauftragten bestimmen Frist gestellt, so ist ein Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen, der den Schuldner bei der Ausarbeitung des Restrukturierungsplans binnen der vom Gericht gesetzten Frist von höchstens 60 Tagen zu unterstützen hat.

3. AbschnittRestrukturierungsbeauftragter

Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten

§ 9.

(1) Das Gericht hat einen Restrukturierungsbeauftragten zur Unterstützung des Schuldners und der Gläubiger bei der Aushandlung und Ausarbeitung des Plans zu bestellen, wenn

1. das Gericht eine Vollstreckungssperre bewilligt und ein solcher Beauftragter zur Wahrung der Interessen der Gläubiger erforderlich ist,
2. die Bestätigung des Restrukturierungsplans eines klassenübergreifenden Cram-down bedarf oder
3. der Schuldner oder die Mehrheit der Gläubiger, die nach dem Betrag der Forderungen zu berechnen ist, dies beantragt; in letzterem Fall aber nur, wenn die Kosten des Restrukturierungsbeauftragten von den die Bestellung beantragenden Gläubigern getragen werden und von diesen ein Kostenvorschuss erlegt wurde. Der Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses, der 2 000 Euro nicht übersteigt, kann nicht angefochten werden.

(2) Das Gericht hat weiters einen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen, wenn Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, insbesondere wenn

1. der Schuldner Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten verletzt,
2. der Schuldner den Interessen der Gläubiger zuwiderhandelt,
3. gegen den Schuldner oder ein Mitglied von dessen vertretungsbefugtem Organ ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zusammenhang mit den Geschäftsbeziehungen eingeleitet wurde,
4. die Angaben im Finanzplan im Interesse der Gläubiger überprüft werden müssen oder
5. der Schuldner nach Einleitung des Verfahrens entstehende Forderungen nicht erfüllt oder Forderungen betroffener Gläubiger sicherstellt oder begleicht.

(3) Liegen die Voraussetzungen weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 2 vor, so kann das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen, insbesondere

1. zur Prüfung, ob eine Zwischenfinanzierung oder Transaktion zu genehmigen ist oder eine neue Finanzierung (§ 36a IO) für die Umsetzung des Restrukturierungsplans geeignet ist,
2. zur Erstattung eines Berichts über die voraussichtlichen Ergebnisse der Durchführung eines Insolvenzverfahrens,
3. bei Festlegung von Verfügungsbeschränkungen oder
4. zur Prüfung der Forderungen, gegen die Einwendungen vorgebracht worden sind.

(4) Aus...

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