Entscheidungs 10Ob17/04d. OGH, 28-06-2005

ECLIECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00017.04D.0628.000
Date28 Junio 2005
Judgement Number10Ob17/04d
Record NumberJJT_20050628_OGH0002_0100OB00017_04D0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Francesco S*****, Italien, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei T***** Bank Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Übertragung eines Depots (EUR 264.243,32), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. November 2003, GZ 1 R 182/03d-42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. Juni 2003, GZ 15 Cg 135/02h-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist italienischer Staatsangehöriger (mit Wohnsitz in Italien) und steht seit 1992 mit der beklagten Bank-Aktiengesellschaft in Geschäftsbeziehung. Er hat bei ihr ua das Wertpapierkassakonto Nr 0089-245591 samt dem diesbezüglichen Wertpapier-Verrechnungskonto Nr 0002-245595 sowie das Wertpapier-Depotkonto Nr 0087-157780 samt dem Wertpapier-Verrechnungskonto Nr 0003-157781 eröffnet.

Auf dem Wertpapierdepot-Konto Nr 0087-157780 sind folgende Wertpapiere eingebucht:

KENNR. ZINS WP.KURZBEZEICHNUNG KUPON/P TILG KWG WP-KURS KA VOM

NWG NOMINALE/STÜCK KURSWERT in EUR STGB VW SD TS S

31335 ABN AMRO BK NIKKEI 99/06 21.05G 06/06 EUR 111,90 B 23.10.01

STK 80 8.952,00 WR

502251 AOL TIME WARNER DL-,01 USD 32,89 B 23.10.01

STK 1000 37.009,11 WR

555750 DT. TELEKOM AG AN EUR 18,30 B 23.10.01

STK 1000 18.300,00 WR

555770 T-ONLINE AG AN EUR 9,30 B 23.10.01

STK 1000 9.300,00 WR

623100 INFINEON TECH.AG AN O.N. EUR 17,95 B 23.10.01

STK 500 8.975,00 WR

766400 VOLKSWAGEN AG St O.N. EUR 42,24 B 23.10.01

STK 1000 42.240,00 WR

850546 UNISYS CORP. DL-,91 USD 8,98 B 23.10.01

STK 1000 10.104,75 WR

200417 Altria Group INC. USD 50,22 B 23.10.01

STK 500 28.254,75 WR

853906 XEROX CORP. DL 1 USD 7,30 B 23.10.01

STK 1000 8.214,,25 WR

900103 YAHOO INBC. DL-,01 USD 11,58 B 23.10.01

STK 600 7.818,16 WR

909247 SCM MICROSYSTEMS DL-,001 USD 8,06 B 23.10.01

STK 400 3.627,77 WR

Auf dem Wertpapier-Verrechnungskonto Nr 0003-157781 haftete zum 31. 12. 2001 ein Sollsaldo von EUR 647.960,60 aus.

Am Wertpapierkassakonto des Klägers mit der Konto Nr 0089-245591 erliegt folgender Wertpapierbestand:

KENNR. ZINS WP.KURZBEZEICHNUNG KUPON/P TILG KWG WP-KURS KA VOM

NWG NOMINALE/STÜCK KURSWERT in EUR STGB VW SD TS S

047631 SPK TIROL ERG.OBL 95-04/6 09.10. G 04/04 S 105,10 L 28.02.02

S 300.000 22.913,74 SV

085524 TIROLKAPITAL MITEIGENT. NR.014 EUR 56,00 E 28.03.02

STK 787 44.072,00 SV

Die beklagte Bank-Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Österreich verweigert die Herausgabe der auf dem Wertpapier-Depotkonto Nr 0087-1577780 und auf dem Wertpapierkassakonto Nr 0089-245591 erliegenden Wertpapiere hauptsächlich mit der Begründung, es stehe ihr an diesen Wertpapieren ein Pfandrecht zu.

Zur Geschäftsbeziehung des Klägers zur beklagten Partei kam es auf folgende Weise bzw entwickelte sich die Geschäftsbeziehung folgendermaßen:

Alexander B*****, der in Italien die Matura absolviert hatte, ging im September 1990 ein Dienstverhältnis zur beklagten Partei in I***** ein. Aufgrund seiner Italienisch-Kenntnisse wurde er in der Wertpapierabteilung zur Betreuung italienischer Kunden eingesetzt. Am 11. 2. 1991 hat er die Sparkassenprüfung I mit gutem Erfolg absolviert. Im Zuge dieser Prüfung wird das Vorhandensein grundlegender Dinge des Bankwesengesetzes abgefragt. Die Sparkassenprüfung II absolvierte er am 30. 4. 1992 ebenfalls mit gutem Erfolg. Im Zuge dieser Prüfung werden Kenntnisse über das Wertpapiergeschäft abgefragt. Die bankmäßige Ausbildung von Alexander B***** besteht darin, dass er bei der beklagten Partei einige Kurse absolviert hat. Über weitere Qualifikationen oder Konzessionen verfügt er nicht. Er hat dieselbe Ausbildung erhalten wie andere Kundenbetreuer der beklagten Partei.

Das Dienstverhältnis von Alexander B***** zur beklagten Partei dauerte von 1. 9. 1990 bis zum 30. 6. 1992. Damit er mehr verdienen konnte und nicht wegen eines besseren Angebots einer anderen Bank zu dieser wechselt, wurde er ab 1. 7. 1992 bei der S*****-Vertriebsgesellschaft mbH, einer 100%igen Tochter der beklagten Partei, angestellt. An der Art seiner Tätigkeit änderte sich dadurch nichts. Alexander B***** betreute weiterhin in den schon bisher von ihm genutzten Räumlichkeiten der Beklagten italienische Kunden. Nur bei Wertpapiergeschäften fand einmal in der Woche eine Dienstbesprechung mit dem zuständigen Abteilungsleiter der S*****-Vertriebsgesellschaft mbH in deren Räumlichkeiten statt. Seine Weisungen erhielt Alexander B***** nach wie vor vom zuständigen Abteilungsleiter der beklagten Partei.

Im Jahre 1996 wollte Alexander B***** wieder nach Italien in seinen Heimatort Verona zurückkehren. Da er weiterhin mit der beklagten Partei zusammenarbeiten wollte und auch diese Interesse daran hatte, dass Alexander B***** die italienischsprachigen Kunden weiter betreut, schloss er mit der beklagten Partei eine Provisionsvereinbarung mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenen Inhalt ab:

„§ 1 Diese Vereinbarung regelt die Modalitäten der Akquisition von Kunden und deren Betreuung für die T***** durch den Vermittler.

§ 2 Die Vermittlertätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

Akquisition von Neukunden;

Betreuung und Beratung von bestehenden und neuen Kunden;

Teilnahme an den von der T***** im Haus organisierten Vermittlerschulungen;

§ 3 Die vom Vermittler geworbenen Kunden werden ausschließlich von ihm selbst betreut und setzen eine Auskunfts- oder eine Verwaltungs-Vollmacht des Kunden an den Vermittler voraus.

§ 6 Der Vermittler verpflichtet sich, seine Tätigkeit für die T***** mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes auszuüben. Der Vermittler anerkennt ausdrücklich, dass er in seiner Tätigkeit weisungsfrei und zeitlich ungebunden ist und für diese Tätigkeit die Bestimmungen eines Angestelltengesetzes bzw Handelsvertretergesetzes nicht zur Anwendung gelangen. ...“

Diese Provisionsvereinbarung sieht bestimmte Prozentsätze, abhängig von der Art des Geschäftes und der Höhe des Umsatzes, vor. Auf dieser Basis hat Alexander B***** auch Provisionen von der beklagten Partei erhalten.

Bei Abschluss der Provisionsvereinbarung wurde ihm seitens der Verantwortlichen der beklagten Partei erklärt, dass es sein Auftrag sei, zusätzliche Gelder italienischer Kunden für die beklagte Partei zu akquirieren. In Südtirol und im Trentino arbeiteten auch noch andere Vermittler für die beklagte Partei. Die beklagte Partei hat in Italien gezielt um Kunden geworben.

Im Zusammenhang mit der Aufkündigung seines Beschäftigungsverhältnisses zur S*****- Vertriebsgesellschaft mbH (im Jahr 1996) vereinbarte Alexander Baus mit dem Abteilungsleiter der beklagten Partei, dass er jene Kunden, die bis dahin von ihm betreut wurden, nunmehr von Italien aus für die beklagte Partei betreuen soll. Diese Kunden sollten eine Vermögensverwaltungsvollmacht lautend auf Alexander B***** unterfertigen.

Auch nach seinem Ausscheiden aus der S*****-Vertriebsgesellschaft mbH hielt sich Alexander B***** durchschnittlich zweimal monatlich für jeweils zwei bis drei Arbeitstage in der Zentrale der beklagten Partei in Innsbruck auf und arbeitete dort. Es standen ihm immer Büroräumlichkeiten zur Verfügung. In den Jahren 1999 und 2000 verfügte er bei der beklagten Partei über ein eigenes Büro mit einem Schreibtisch und einem Schrank für seine Unterlagen. Ein Namensschild trug dieses Büro nicht.

Alexander B***** hat auch nach 1996 an Marktlagebesprechungen der beklagten Partei teilgenommen. An diesen Besprechungen hätten grundsätzlich auch Kunden der beklagten Partei teilnehmen können. Auch nach 1996 hat Alexander B***** die Büroinfrastruktur, insbesondere die Computer der beklagten Partei benutzt. Der Computercode für den Zugang zum EDV-System wurde ihm allerdings nicht bekannt gegeben. Der Code wurde ihm jeweils von anderen Mitarbeitern der beklagten Partei eingegeben. Nach erfolgter Codeeingabe hat Alexander B***** fallweise auch noch Wertpapieraufträge selbst geroutet.

In der Zentrale der beklagten Partei befindet sich ein Raum, in dem Depotauszüge und Wertpapierabrechnungen für die Kunden aufbewahrt werden. Dieser Raum ist mit einem Zugangscode gesichert, den Alexander B***** kannte.

Bei seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zur S*****-Vertriebs GmbH erhielt Alexander B***** die Kundenunterlagen der von ihm betreuten Kunden sowie die für die Weiterbetreuung bereits bestehender und die Akquisition neuer Kunden erforderlichen Blankoformulare der beklagten Partei. Die beklagte Partei hat die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der S*****-Vertriebsgesellschaft mbH von Alexander B***** betreuten Kunden nicht darauf hingewiesen, dass sie Alexander B***** nunmehr als selbständigen Vermittler einsetzt.

Die AGB der österreichischen Kreditunternehmungen hängen in der Schalterhalle der beklagten Partei aus. Sucht man in der Zentrale in I***** die Wertpapierabteilung auf, so muss man nicht die Schalterhalle durchqueren, sondern geht an dieser vorbei.

Der Kläger war von 1992 bis 1995 Geschäftsführer eines Stahlwerkes in S*****. Er ist der deutschen Sprache nicht mächtig und verfügt nicht über Kenntnisse im Wertpapierhandel. Er ist Manager und mit der Führung von Industrieunternehmen betraut. Ab 1996 leitete er eine Firma mit 250 Angestellten bei einem Jahresumsatz von LIT 70.000,000.000,-- (rund ATS 500,000.000,-- oder EUR 36,150.000,--).

Am 6. 8...

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