Entscheidungs 10Ob88/18s. OGH, 15-10-2019

ECLIECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00088.18S.1015.000
Record NumberJJT_20191015_OGH0002_0100OB00088_18S0000_000
Judgement Number10Ob88/18s
Date15 Octubre 2019
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ-Prof. Dr.

Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. R*****, 2. Mag. U*****, 3. Ing. G*****, 4. C*****, 5. C*****, 6. Ing. G*****, 7. C*****, 8. S*****, 9. H*****, 10. E*****, 11. Dr. R*****, 12. Dr. I*****, 13. Mag. K*****, 14. Ing. M*****, 15. A*****, 16. M*****, 17. DI T*****, 18. Prof. Mag. S*****, 19. E*****, 20. E*****, 21. G*****, 22. A*****, 23. R*****, 24. B*****, 25. F*****, 26. J*****, 27. W*****, 28. Dkfm. W*****, 29. T*****, 30. G*****, 31. I*****, 32. H*****, 33. G*****, 34. N*****, 35. W*****, 36. C*****, 37. Ing. C*****, 38. E*****, 39. Ing. H*****, 40. M*****, 41. Dr. M*****, 42. A*****, 43. Dr. B*****, 44. F*****, 45. E*****, 46. H*****, 47. A*****, 48. G*****, 49. Dr. G*****, emeritierter Rechtsanwalt, 50. Dr. A*****, 51. Mag. M*****, 52. M*****, 53. M*****, 54. Ing. G*****, 55. Dr. M*****, 56. K*****, 57. P*****, 58. C*****, 59. Dr. K*****, 60. P*****, 61. H*****, 62. T*****, 63. P*****, 64. R*****, 65. B*****, 66. H*****, 67. H*****, 68. W*****, 69. I*****, 70. S*****, 71. T*****, 72. L*****, 73. Mag. G*****, 74. C*****, 75. T*****, 76. H*****, 77. C*****, 78. G*****, 79. B*****, 80. G*****, 81. G*****, 82. Dr. R*****, 83. H*****, 84. R*****, 85. Mag. B*****, 86. H*****, 87. T*****, 88. C*****, 89. Ing. J*****, 90. C*****, 91. J*****, 92. A*****, die 1.–4., 34.–48., 50.–63. und 73.–78. klagenden Parteien vertreten durch Ing. Mag. Dr. Roland Hansély, Rechtsanwalt in Wien, die 5. klagende Partei vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, die 6.–21. und 79.–91. klagenden Parteien vertreten durch Dr. Martin Alt, Rechtsanwalt in Wien, die 22.–33. und 64.–72. klagenden Parteien vertreten durch Mag. Patrycja Pogorzelski, Rechtsanwältin in Wien, die 92. klagende Partei vertreten durch Reiffenstuhl & Reiffenstuhl Rechtsanwaltspartnerschaft OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Ing. N***** und 2. H*****, beide: *****, beide vertreten durch Mag. Bernd Trappmaier, Rechtsanwalt in Korneuburg, im Verfahren gegen die 80. klagende Partei überdies beide vertreten durch Mag. Sandra Cejpek, Rechtsanwältin in Guntramsdorf, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 24. Juli 2018, GZ 19 R 18/18k-75, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 22. Juni 2017, GZ 18 C 62/16y-47, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

I. Die bezüglich der 80. klagenden Partei eingebrachte (weitere) Revisionsschrift der beklagten Parteien (ON 82), wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung hinsichtlich der 78. klagenden Partei insgesamt hinsichtlich der 1.–4., der 6.–26., der 30.–53., der 55.–65., der 67.–72., der 74.–83. und der 85.–92. klagenden Parteien wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften oder Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werden (RS0041666). Der Einmaligkeitsgrundsatz gilt auch dann, wenn über mehrere zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundene Rechtsstreitigkeiten mit einem Urteil erkannt wurde. Daran kann die Vertretung einer Partei durch zwei verschiedene Rechtsanwälte (wie hier die Vertretung der Beklagten gegenüber dem 80. Kläger) nichts ändern (2 Ob 259/02f; RS0041666 [T1, T19]). Die von der zweiten Beklagtenvertreterin einen Tag nach Einbringung der Revision durch den ersten Beklagtenvertreter bezüglich des 80. Klägers (der im Kopf der Revisionsschrift des ersten Beklagtenvertreters genannt ist) eingebrachte Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.

II. A) In der Sache ist vorweg auszuführen:

Bezüglich der 78. Klägerin ist das Urteil des Erstgerichts unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Aufgrund gemeinsamer (auch noch im Rechtsmittelverfahren gemäß den § 483 Abs 3, § 513 ZPO zulässiger) Ruhensanzeigen ist zwischen den 5., 27.–29., 54., 66., 73. und 84. klagenden Parteien und den Beklagten Ruhen des Verfahrens eingetreten.

In den Revisionsbeantwortungen der Klagevertreter Ing. Mag. Dr. Hansély und Mag. Pogorzelski wird das Ableben der 44. Klägerin und des 50. Klägers mitgeteilt. Im Hinblick darauf, dass diesbezüglich keine Urkunden vorgelegt wurden, hat eine Berichtigung der Parteienbezeichnung im Rechtsmittelverfahren zu unterbleiben.

B) Die Beklagten sind Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****, nunmehr bestehend aus dem Grundstück *****, auf dem sich ein Baggersee befindet. Diese Liegenschaft ist in Badeparzellen unterteilt, die an die Kläger bzw deren Rechtsvorgänger vermietet wurden.

Die Kläger (bzw ihre Rechtsvorgänger) errichteten auf den Badeparzellen bauliche Objekte, die (unstrittig) Superädifikate sind. Alle Superädifikate auf der Liegenschaft verfügen über eine gemeinsame Versorgung mit Strom, Abwasser, Wasser, gemeinsame Postkästen und eine gemeinsame Einfahrt samt Straßennetz. Der Stromanschluss war bereits im Jahr 1968 vorhanden. In den 1980er Jahren war die Liegenschaft zumindest zwei Grundbuchskörpern zugeordnet, im Laufe der 1990er Jahre wurden diese zu einem Grundbuchskörper zusammengelegt.

Die Mietverträge, die ab dem Jahr 1986 abgeschlossen wurden – auf deren Wortlaut noch eingegangen wird – weisen einen Beendigungszeitpunkt mit 31. 12. 2015 auf. Sämtliche Kläger haben in den Jahren 2015 und 2016 Schreiben an die Beklagten gerichtet, in welchen sie die Verlängerung ihrer Mietverträge um ein Jahr begehrt haben. Die Beklagten haben diese Verlängerung abgelehnt.

Die Kläger begehren im Revisionsverfahren noch – im Wesentlichen gleichlautend – die Feststellung, dass die von ihnen oder ihren Rechtsvorgängern abgeschlossenen Bestandverträge in unbefristete Mietverhältnisse übergangenen seien, die den Kündigungsschutzbestimmungen des MRG unterlägen. Sie brachten dazu im Wesentlichen vor, sei seien entweder bereits seit den 1960er Jahren (damals seien unrichtig als „Pachtverträge“ bezeichnete Mietverträge mit einer unzulässigen Befristung von ca 20 Jahren abgeschlossen worden, die am 28. 2. 1983 enden sollten) Mieter oder in die bestehenden Mietverträge eingetreten. 1983 sei es nicht zu einer Vertragsbeendigung gekommen, sondern seien die Bestandverhältnisse fortgesetzt worden. Bis zum Jahr 1986 sei eine schriftliche Vereinbarung über eine weitere Befristung nicht geschlossen worden. Es lägen daher unbefristete Bestandverhältnisse vor.

Die Kläger seien im Rahmen eines vertraglich vereinbarten Präsentationsrechts berechtigt gewesen, einen Käufer zum Eintritt in den laufenden „Pachtvertrag“ vorzuschlagen, sämtliche derart vorgeschlagene Rechtsnachfolger seien in der Vertragskette von den Vermietern auch akzeptiert worden. Die Vermieter hätten keinerlei Kaufinteresse am Superädifikat geltend gemacht. Die Rechtsnachfolger seien in das laufende Pachtverhältnis, in Wahrheit in das 1986 geänderte andauernde Mietverhältnis eingetreten.

Bei den ab 1986 abgeschlossenen Mietverträgen handle es sich nicht um Neuverträge, sondern um die Fortsetzung der ursprünglich abgeschlossenen Mietverhältnisse zu geänderten Nebenbestimmungen. Die Kläger hätten auf den jeweiligen Mietparzellen mit Zustimmung der Beklagten jeweils ein Superädifikat mit Infrastruktur auch zu Wohnzwecken errichtet. Vor Abschluss der Mietverträge im Jahr 1986 seien die Kläger nicht darüber aufgeklärt worden, dass bereits unbefristete, den Kündigungsschutzbestimmungen unterliegende, Mietverhältnisse vorgelegen seien. Zudem habe eine Drucksituation bestanden, weil für den Fall der Nichtunterfertigung gedroht worden sei, das Bestandverhältnis zu beenden bzw einen vertragslosen Zustand zu behaupten. Um das von den Mietern selbst geschaffene Wohnobjekt nicht zu verlieren, hätten fast alle Mieter den Mietvertrag unterfertigt.

Auf die ab 1986 geschlossenen Mietverträge sei das MRG analog anzuwenden, weil die von den Mietern errichteten Superädifikate der relativ dauernden Wohnversorgung der Mieter dienen sollten. Die Badeparzellen seien von zahlreichen Mietern von Anfang an auch ganzjährig benützt worden. Es gebe gemauerte Häuser, die geeignet seien, der Wohnversorgung auch im Winter zu dienen. Die ganzjährige Nutzung zu Wohn- und Erholungszwecken sei auch vereinbart gewesen.

Weder die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 4 MRG für Ferienwohnungen noch jene des § 1 Abs 2 Z 5 MRG gelange zur Anwendung. § 1 Abs 2 Z 5 MRG gelte nur für nach dem 31. 12. 2001 geschlossene Verträge, nicht aber für bloße Verlängerungen nach diesem Zeitpunkt. Die 145 Objekte, die auf den Badeparzellen errichtet seien, stellten eine wirtschaftliche Einheit gleich einem Zinshaus dar, nicht aber Ein- oder Zweiobjekthäuser. Die wirtschaftliche Einheit ergebe sich nicht nur daraus, dass sich die Mietobjekte auf demselben Grundstück befänden; sie würden auch über eine gemeinsame Versorgung mit Strom und Wasser, Abwasserentsorgung, gemeinsame Postkästen und eine gemeinsame Einfahrt samt Straßennetz verfügen. Die Infrastruktur sei einheitlich über den Seeverein von den Mietern geschaffen worden. Es bestehe auch eine rechtliche Einheit, weil schon sämtliche „Pachtverträge“ aus den 1960er Jahren inhaltsgleich geschlossen worden seien, was auch für das Vertragswerk von 1986 gelte. Die rechtliche Einheit ergebe sich auch aus der Organisation im einheitlichen Seeverein, der für die Mieter gegenüber dem örtlichen Wasser- und Abwasserverband auftrete. Die Ansiedlung von Familien als Hauptwohnsitz...

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