Entscheidungs 10ObS138/02w. OGH, 16-09-2003

ECLIECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00138.02W.0916.000
Record NumberJJT_20030916_OGH0002_010OBS00138_02W0000_000
Judgement Number10ObS138/02w
Date16 Septiembre 2003
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie durch die fachkundigen Laienrichter Friedrich Heim (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Osman A*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen jeweils vom 11. Dezember 2001, GZ 25 Rs 117/01v-46, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. September 2001, GZ 43 Cgs 7/00d-39, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision und dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden abgeändert, der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, sodass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 10. 1999 zu gewähren, besteht dem Grunde nach zu Recht.

Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger ab 1. 10. 1999 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids eine vorläufige Zahlung von 500 EUR monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils monatlich im Nachhinein am 1. des Folgemonats."

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 818,80 EUR (davon 136,47 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 25. 11. 1999 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 14. 9. 1999 auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab, weil der Kläger nicht invalid sei.

Mit seiner gegen diesen Bescheid gerichteten, am 13. 1. 2000 eingebrachten Klage begehrt der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm die Invaliditätspension ab Stichtag in der gesetzlichen Höhe zu gewähren. Er brachte in der Klage vor, er sei am 1. 5. 1947 geboren und während des maßgeblichen Zeitraums als Estrichleger tätig gewesen. Berufsschutz stehe ihm daher keiner zu. Später behauptete er, Berufsschutz als angelernter Belagsverleger zu genießen und nicht am 1. 5. 1947, sondern am 1. 5. 1940 geboren zu sein.

Die beklagte Partei bestritt und beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie brachte unter anderem vor, im Personalausweis des Klägers sei das Geburtsdatum 1. 5. 1947 eingetragen. Es bestehe kein Grund, am Inhalt dieser ausländischen öffentlichen Urkunde zu zweifeln.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Nach den Eintragungen in seinem Personalausweis wurde der Kläger am 1. 5. 1947 geboren. Während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (1. 10. 1999) erwarb er 128 Beitragsmonate auf Grund einer Beschäftigung bei der Edwin Z***** Gesellschaft mbH in Innsbruck. Er war in diesem Unternehmen, deren Gewerbe auf "Steinholzleger und Spezialestrichhersteller" lautet, mit Estrichverlegungen und Belagsverlegungen befasst. Steinholzlegearbeiten wurden in diesem Unternehmen nicht durchgeführt.

Bis 1980 verlegte der Kläger in seiner Firma nur Estriche. Kernbereich des Berufes "Spezialestrichhersteller" ist das Estrichverlegen. Dieses war mit allen seinen Facetten und mit dem Vorbereiten ein Spezialgebiet des Klägers. In diesem Bereich hatte er Kenntnisse und Fähigkeiten wie jeder Gelernte. Während des Beobachtungszeitraums wurde er bevorzugt für diese Tätigkeiten eingesetzt. Ab 1980 wurde er zunehmend auch für Belagsverlegerarbeiten mitgeschickt, eingeschult und zunehmend eingesetzt, soweit es seinem Fähigkeits- und Kenntnisstand entsprach. Der Kläger war im Jahr 1990 schon viel weiter als in den Jahren 1980 bis 1985. Er arbeitete vor Ort meistens in einer Dreierpartie, der er vorstand. Bis zum Schluss seiner Berufskarriere hatte der Kläger die Kenntnisse eines Belagsverlegers

a) im Handhaben und Instandhalten der zu verwendenden Werkzeuge, Maschinen, Vorrichtungen, Einrichtungen und Arbeitsbehelfe;

b)

der Arten des unmittelbaren Untergrunds;

c)

des Verlegens von Dämmschichten und des Herstellens von Haftbrücken;

d) des Schüttens, Planierens, Einwiegens und Verdichtens des nicht monolitischen Untergrunds;

e)

des Zubereitens von Spachtelmassen;

f)

des Spachtelns;

g)

des Schleifens (Estrich, Spachtelmasse und die sonstigen Notwendigkeiten in diesem Zusammenhang wie Mehrfachspachteln und Ausgleichen);

h)

des Glättens von Spachtel-, Ausgleichs- und Nivelliermassen;

i)

des Schließens von Dehnungs- und Arbeitsfugen;

j)

des Klebens und Verlegens;

k)

des Versetzens von einfachen Profilen und von Spezialprofilen;

l)

des Erstpflegens von Belägen im Rahmen der Verlegung;

m)

der Arbeiten im Zusammenhang mit dem Entfernen alter Beläge erworben.

Die in der Berufsschule vermittelten Grundkenntnisse der sich aus dem Lehrvertrag ergebenden Verpflichtungen, Kenntnis der einschlägigen Sicherheitsvorschriften sowie der sonstigen in Betracht kommenden Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit und Grundkenntnisse der aushangpflichtigen arbeitsrechtlichen Vorschriften hat der Kläger nicht.

Der Kläger beherrscht nicht das Anfertigen von Verlegeskizzen, das Teil des Berufsbilds des Belagsverlegers ist. In der Praxis der österreichischen Wirtschaft ist es üblich, dass Skizzen nicht von den Arbeitern/Facharbeitern selbst angefertigt werden. Der Kläger war auch nicht...

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