Entscheidungs 12Os38/04. OGH, 01-03-2005

ECLIECLI:AT:OGH0002:2005:0120OS00038.04.0301.000
Judgement Number12Os38/04
Record NumberJJT_20050301_OGH0002_0120OS00038_0400000_000
Date01 Marzo 2005
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen DI Gerhard Sch***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten DI Gerhard Sch*****, Dkfm. Klaus Bu***** und Dr. Josef K***** sowie die Berufungen einer Mehrzahl von Privatbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 7. Juli 2003, GZ 52 Hv 4/02d-652, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten DI Sch*****, Dkfm. Bu***** und Dr. K***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche der Angeklagten Gerhard R***** und Rudolf S***** enthält, wurden DI Gerhard Sch*****, Dkfm. Klaus Bu***** und Dr. Josef K***** des Verbrechens der Untreue als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (I./), die beiden Letztgenannten auch des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach haben in Salzburg

I. DI Gerhard Sch*****, Dkfm. Klaus Franz Bu***** und Dr. Josef K***** von Ende Oktober 1986 bis 21. März 1989 als Organe oder Mitarbeiter der S***** S***** in Ansehung eines Vermögensnachteiles der Anleger von zumindest 76,146.650 EUR wissentlich beigetragen, und zwar

DI Gerhard Sch***** als Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter und Dkfm. Klaus Bu***** als Vorstandsmitglied jeweils durch fortwährendes Gestatten, in Einzelfällen auch ausdrückliches Genehmigen, Dr. Josef K***** als Kreditbetreuungsreferent und Verbindungsmann zwischen dem Vorstand und der Filiale N***** in Konzernangelegenheiten durch fortwährendes Ermöglichen und Erleichtern, in Einzelfällen auch durch Aufbereiten zur Vorstandsentscheidung, einer Vielzahl von, auch der Steuerung und der Verschleierung der mannigfaltigen Mittelfehlverwendungen im Schneeballsystem sowie der Vorspiegelung einer geordneten wirtschaftlichen Lage in diesem konzerneigenen Geldanlagesektor dienenden, zumeist großangelegten Geldkreisflüssen (Überweisungsräder) innerhalb des W*****-B*****-I*****-Konzerns auf bei der S***** S*****/Filiale N***** eingerichteten Konzerngesellschaftskonten, namentlich der Überweisungsräder vom 31. 10. 1986, 12./13. 11. 1986, 15. 12. 1986, 17. bis 19. 12. 1986, 19. bis 22. 12. 1986, 22. 10. 1987, 26. 11. 1987, 2. bis 4. 12. 1987, 18. 12. 1987, 23. 12. 1987, 14./15. 11. 1988, 13. 12. 1988, 15. 12. 1988, 28. 2. 1989 und 20./21. 3. 1989

zur Ausführung der strafbaren Handlung von Verantwortlichen des W*****-B*****-I*****-Konzerns im Wissen um die Vorsätzlichkeit deren Befugnismissbrauches, welche insbesondere im angeführten Zeitraum ihrerseits fortwährend die ihnen vertraglich eingeräumte Befugnis, über das Vermögen von Anlegern in Seriengesellschaften, die im besagten Konzern zusammengefasst waren, demnach über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbrauchten und dadurch diesen Anlegern einen 40.000 EUR übersteigenden Vermögensnachteil zufügten, indem sie bei schon ab Ende des Jahres 1983 absehbarem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Konzerns und der grundsätzlich vorliegenden Unerfüllbarkeit der den Anlegern vertraglich gegebenen Versprechen infolge ständiger wirtschaftlicher Defizite zur Lösung all dieser finanziellen Probleme nach Art eines Schneeballsystems allein in den Jahren 1987 und 1988 weitere Anlegergelder von zumindest 76,146.650 EUR unter unrealistischen Rücklöse- und Renditeversprechen bei fortwährender Behauptung einer geordneten Vermögens-, Finanz- und Liquiditätslage aufnahmen, dadurch eine weitere Kapitalverdünnung und Unterdeckung im schon zuvor zu geringen und nicht ausreichend leistungsfähigen Immobilienbestand herbeiführten und dabei fortwährend die getrennt zu haltenden Vermögensinteressen der einzelnen Serien untereinander und der Gesellschaften des übrigen Konzerns vermischten und sowohl letzteren, die per Saldo vom Geld der Hausanteilscheinzeichner abhängig waren, als auch ersteren noch zusätzlich auf verschiedensten Wegen Mittel entzogen;

II. Dr. Josef K***** und Dkfm. Klaus Bu***** vor dem Landesgericht Salzburg in der Hauptverhandlung der Strafsache 35 Vr 3036/95 als Zeugen anlässlich ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, und zwar:

1. Dr. Josef K***** am 1. Juli 1997 dadurch, dass er

a) auf Vorhalt von Punkt 2.b. des konzerninternen Aktenvermerks vom 6. April 1987 durch den Staatsanwalt behauptete: "Ich schließe absolut aus, dass bei diesen Gesprächen in irgendeiner Form irgendwann über Überweisungsräder gesprochen wurde",

b) auf den Vorhalt des Verteidigers eines dort Angeklagten, dass es auch bei überschlägiger Berechnung klar sein habe müssen, dass es sich bei den Großtransaktionen von Oktober bis Dezember 1986 um einen innerhalb kürzester Zeit abgewickelten Kreislauf von 4,4 Mrd S gehandelt habe, angab: "Der Kreislauf war für mich nicht ersichtlich, das habe ich wirklich nicht im Detail angeschaut",

2. Dkfm. Klaus Bu***** am 1. September 1997 auf Vorhalt des Vorsitzenden, dass im Oktober und Dezember 1986 Großtransaktionen in Form von vier Verrechnungsrädern im Gesamtbetrag von ca 4,3 Mrd S durchgeführt worden seien und es sich mangels Kenntnissen über andere Großtransaktionen in diesem Zeitraum wohl nur um jene vier Verrechnungsräder handeln könne, für die eine Zinsenrefundierung gewährt worden sei, woraus wiederum zwingend der Schluss abzuleiten sei, dass der Vorstand in Kenntnis dieser Verrechnungsräder, wie immer man sie bezeichnen mochte, gewesen sei, durch die Behauptung:

"Ich muss festhalten, dass mir von Transaktionen in der Größenordnung nichts bekannt ist".

Die Konstatierungen des Erstgerichtes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der W*****/B*****/I*****- Konzern begann in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Überbrückung finanzieller Engpässe Kapital privater Investoren durch Verkauf von "Hausanteilscheinen" ("HAS") aufzubringen. Nach dem Grundkonzept der in der Folge gegründeten B*****-"Serien (= Gesellschaften)" erwarben diese Kommanditgesellschaften mit dem Geld der HAS-Zeichner Immobilien, nutzten sie und zahlten den über einen Treuhänder Beteiligten zugesagte und garantierte Renditen. Ende 1983 war die (Haupt-)Garantin, die Unternehmensgruppe - W***** GmbH (UG) - eine Art Holding-Gesellschaft des nichtgemeinnützigen Unternehmensbereiches - konkursreif. Die bei seriöser wirtschaftlicher Gebarung allein gebotene Maßnahme, eine weitere Bedienung der Altserien für die den Anlegern gegebenen Rendite- und Rückkaufsgarantien aufgrund der laufend zu geringen Ertragskraft ihrer Immobilien und der Überschuldung der Garantin Ende 1983 zu stoppen, hätte unausweichlich zum Zusammenbruch des gesamten UG-Bereiches geführt.

Um diesen Folgen zu entgehen wurde Ende 1983 auf der Eigentümerebene der Entschluss gefasst, den Konzern weiterzuführen. Bei den gegebenen Bedingungen war dies nur durch die vertragswidrige Heranziehung von neu aufzunehmendem Anlegerkapital zur Verlustabdeckung des Konzerns möglich. Zu diesem Zweck erarbeiteten der rechtskräftig wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 2. Fall StGB als Bestimmungstäter gemäß § 12 2. Fall StGB verurteilte Dr. Bernd Schi***** (12 Os 14/01) und (der deshalb rechtswirksam angeklagte, aber derzeit mangels Aufenthaltes in Österreich nicht verfolgbare) Dr. G***** mit dem sogenannten offenen Immobilien-Fonds im I*****-Bereich ein Konzept scheinbarer Sanierung. Es sah im Ergebnis nichts anderes als die Fortführung des im UG-Bereich zahlungsunfähigen Konzerns mit laufend vertragswidrig zu verwendenden und nach Art eines Schneeballsystems in immer größer werdendem Ausmaß notwendigen Mitteln von Neuanlegern vor. Erreicht werden sollte dies durch die Einbringung des schon bis dahin renditemäßig nicht entsprechenden Immobilienvermögens der Bautreuhandserien in einen offenen Fonds unter Vortäuschung von nicht den Tatsachen entsprechenden Werten und Mieterträgen, um sich solcherart nach vorgetäuschter Aufbringung des Stammkapitals der I***** AG überwiegend durch Verrechnungsräder, mit der Einführung der I*****-Aktie - einer Weiterentwicklung des Hausanteilscheines - und durch die Auflage der I*****-Serien 14 und 16, in der Folge auch von steuerlich nicht anerkennbaren Verlustserien, Zugang zu einem nicht limitierten Volumen an Anlegerkapital zu verschaffen. Diese Mittel sollten a priori zweckwidrig und anlegerschädigend zur Abdeckung von vor allem im Touristikbereich bedeutenden Verlusten der UG und - bei der notorischen Sensibilität des Anlagemarktes für die Tatplanverwirklichung unerlässlich - für die Abschichtungsansprüche der Altanleger Verwendung finden.

Durch den „Immobilienkaufvertrag" vom 26. März 1986 wurde der - bereits seit 1984 wertmäßig überhöht ausgewiesene - Immobilienbestand der Bautreuhandserien in einen offenen Fonds zur scheinbaren Darstellung eines für ein nicht limitiertes Anlegerkapitalvolumen werthaltigen, in Wahrheit aber von Anfang an ungenügenden und sich in der Folge stetig vermindernden Haftungsstockes eingebracht. Zur Darstellung tatsächlich nicht vorhandener Liegenschaftserträge diente der „Generalmietvertrag" vom 10. April 1986, worin sich die im Konzern als Gelddrehscheibe eingesetzte "UG" W***** GesmbH („HASGes") verpflichtete, jährlich einen weit überhöhten Nettomietzins von 71 Mio S an die IN***** KG als Immobilieneigentümergesellschaft des I*****-Konzerns zu...

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