Entscheidungs 13Os142/14b. OGH, 25-11-2015

ECLIECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00142.14B.1125.000
Record NumberJJT_20151125_OGH0002_0130OS00142_14B0000_000
Date25 Noviembre 2015
Judgement Number13Os142/14b
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gernot R***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen des Gernot R*****, des Ing. Mag. Rudolf Fi*****, des Arno E*****, der Haftungsbeteiligten Fr***** (F*****) und der Staatsanwaltschaft sowie die Berufung der Privatbeteiligten T***** AG gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. August 2013, GZ 12 Hv 1/13x-321, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, der Angeklagten Gernot R*****, Ing. Mag. Rudolf Fi*****, Arno E***** und Michael G***** sowie der Verteidiger Dr. Singer, Dr. Dietrich, Mag. Dohnal und Mag. Salzborn, des Vertreters der Haftungsbeteiligten F***** Dr. Fleissner und des Vertreters der Privatbeteiligten T***** AG Dr. Wess zu Recht erkannt:

Spruch

I/ Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil

1/ im Gernot R***** betreffenden Schuldspruch IV/1/,

2/ im Arno E***** betreffenden Schuldspruch IV/3/,

demzufolge auch in den Gernot R***** und Arno E***** betreffenden Strafaussprüchen und

3/ im Abschöpfungserkenntnis

aufgehoben.

II/ Im Umfang der Aufhebung

1/ zu I/1/-2/ wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen;

2/ zu I/3/ wird in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 27. Dezember 2012, die F***** zur Zahlung eines Geldbetrags von 600.000 Euro zu verurteilen (ON 112 in ON 245 S 7), wird abgewiesen.

II/ Auf diese Entscheidung werden

1/ die Haftungsbeteiligte F***** mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Abschöpfung;

2/ die Angeklagten Gernot R***** und Arno E***** mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe und

3/ die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung in Ansehung der Angeklagten Gernot R***** und Arno E*****

verwiesen.

IV/ Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.

V/ Der Berufung des Angeklagten Ing. Mag. Rudolf Fi***** wegen des Ausspruchs über die Strafe und jener der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Genannten sowie des Angeklagten Michael G***** wird nicht Folge gegeben.

VI/ Das Adhäsionserkenntnis in Ansehung des Angeklagten Ing. Mag. Rudolf Fi***** wird ersatzlos aufgehoben. Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird dieser Angeklagte auf die Aufhebung verwiesen.

VII/ Der Berufung des Angeklagten Gernot R***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben.

VIII/ Der Berufung der Privatbeteiligten wird Folge gegeben und in Ansehung des Angeklagten Michael G***** ihre Verweisung auf den Zivilrechtsweg aufgehoben.

Gemäß § 369 Abs 1 StPO ist der Genannte schuldig, zur ungeteilten Hand mit Gernot R***** der T***** AG den Betrag von 600.000 Euro samt 4 % Zinsen aus 300.000 Euro von 27. April 2004 bis 31. Mai 2004 sowie samt 4 % Zinsen aus 600.000 Euro ab 1. Juni 2004 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Den Angeklagten Gernot R*****, Ing. Mag. Rudolf Fi***** und Arno E***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - soweit für die Behandlung der Rechtsmittel von Bedeutung - schuldig erkannt:

Gernot R***** des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (II/) sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 3 StGB idF BGBl I 2007/93 (IV/1/),

Ing. Mag. Rudolf Fi***** und Michael G***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (I/) und

Arno E***** des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 3 StGB idF BGBl I 2007/93 (IV/3/).

Danach haben in W*****

I/ Michael G***** seine ihm als Abteilungsleiter und Prokurist der T***** AG und Ing. Mag. Rudolf Fi***** seine ihm als Vorstandsmitglied der T***** AG durch Gesetz und Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der T***** AG zu verfügen und diese zu verpflichten, im bewussten und gewollten Zusammenwirken dadurch wissentlich missbraucht und der genannten Gesellschaft einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass Michael G***** im Einverständnis mit Ing. Mag. Rudolf Fi***** am 1. April 2004 mit Gernot R***** als Geschäftsführer der m***** GmbH eine Vereinbarung schloss, wonach die T***** AG 600.000 Euro ohne werthaltige Gegenleistung an die m***** GmbH überweisen werde, Michael G***** weiters am 26. April 2004 und am 26. Mai 2004 die sachliche und rechnerische Richtigkeit der hierauf von der m***** GmbH gelegten Rechnungen bestätigte und deren Bezahlung aus Gesellschaftsmitteln am 27. April 2004 und am 1. Juni 2004 veranlasste;

II/ Gernot R***** als Geschäftsführer der m***** GmbH zu der in Pkt I/ genannten strafbaren Handlung beigetragen, indem er mit Michael G***** am 1. April 2004 die angeführte Vereinbarung traf, am 2. April 2004 und am 16. April 2004 Scheinrechnungen über insgesamt 600.000 Euro an die T***** AG legen ließ sowie am 29. April 2004 und am 3. Juni 2004 die angeführten Zahlungen aus dem Vermögen der T***** AG „auf Rechnung der Fr***** entgegennahm“;

IV/ im Verfahren vor dem mit Beschluss des Nationalrats vom 20. Oktober 2011 nach Art 53 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen als Auskunftspersonen bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, und zwar

1/ Gernot R***** am 22. März 2012 durch die Behauptung, dass der unter I/ beschriebene Auftrag der T***** AG mit der F*****, insbesondere dem Schiedsgerichtsverfahren zwischen der m***** GmbH und der F***** sowie Wahlkämpfen der F*****, überhaupt nichts zu tun hatte;

3/ Arno E***** am 11. April 2012 durch die Behauptung, dass ihm die in I/ genannten Zahlungen der T***** AG „an die Fr*****“ nicht bekannt gewesen seien.

Die F***** wurde nach § 20 Abs 4 StGB idF BGBl I 2002/134 zur Zahlung von 600.000 Euro verurteilt.

Weiters wurde Arno E***** von dem wider ihn erhobenen Vorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, er habe in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Dr. Jörg H***** im März 2004 zu der unter I/ genannten strafbaren Handlung des Michael G***** durch die mit Gernot R***** getroffene Vereinbarung, wonach die m***** GmbH mit der T***** AG das genannte Scheingeschäft abschließen, an diese die angeführten Scheinrechnungen legen und die Zahlungen der T***** AG auf Rechnung der F***** entgegennehmen solle, beigetragen (Punkt III/ der Anklageschrift vom 27. Dezember 2012, ON 112 in ON 245).

Die gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gründen die Angeklagten Gernot R***** auf Z 1, 1a, 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und b sowie 10, Ing. Mag. Rudolf Fi***** auf Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a, Arno E***** auf Z 5, 9 lit b und 11 und die Haftungsbeteiligte F***** auf Z 4, 5, „9a“ und 11 je des § 281 Abs 1 StPO.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft den oben angeführten Freispruch des Angeklagten Arno E***** mit ihrer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt, kommt keiner dieser Nichtigkeitsbeschwerden Berechtigung zu. Sie gaben jedoch Anlass zu amtswegigem Vorgehen.

Die Tatrichter gingen von nachstehendem Sachverhalt aus:

Im Spätsommer 2003 fand ein Telefonat zwischen Dr. Jörg H***** und Ing. Mag. Rudolf Fi*****, einem Vorstandsmitglied der T***** AG (US 10), statt, im Rahmen dessen Dr. H***** den Wunsch äußerte, die T***** AG solle mit der Werbeagentur des Gernot R***** einen Vertrag abschließen (US 16). Es konnte nicht festgestellt werden, dass Dr. H***** den Ing. Mag. Fi***** um den Abschluss eines Scheingeschäfts mit R***** ersuchte (US 41).

Ing. Mag. Fi***** fühlte sich verpflichtet, der Bitte des Dr. H***** nachzukommen, weil es für die T***** AG in der Ausbauphase des Lichtleiternetzes und Breitbandnetzes wichtig war, einen guten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern zu haben. Es war ihm klar, dass er sich dem Wunsch des Dr. H***** nicht entziehen könne, ohne dadurch der T***** AG „nachhaltig einen Schaden zuzufügen“; für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Unternehmens wird das Wohlwollen politischer Entscheidungsträger benötigt, um im Wettbewerb eine günstigere rechtliche und faktische Ausgangsposition zu erhalten (US 16). Es wäre kontraproduktiv gewesen, die Bitte eines einflussreichen Politikers wie Dr. H***** abzuschlagen (US 42).

Etwa ein bis zwei Wochen nach diesem Telefonat rief Ing. Mag. Fi***** Michael G*****, einen Prokuristen der T***** AG (US 10), zu sich und forderte ihn auf, sich mit Gernot R***** zu treffen und zu besprechen, inwieweit die T***** AG einen Vertrag mit dessen Agentur abschließen könne, damit der Geschäftsfall plausibel durchgeführt wird. Dabei kamen sie letztlich auf die Idee, mit der Agentur des R***** ein Scheingeschäft abzuschließen, das nur dazu dienen sollte, dem Wunsch des Dr. H***** nachzukommen (US 16 f, 42).

In Umsetzung dieses Tatplans schloss Michael G***** am 1. April 2004 mit Gernot R***** eine mündliche Vereinbarung, wonach die T***** AG der m***** GmbH 600.000 Euro brutto in zwei Teilzahlungen für vier, für die T***** AG wertlose Konzepte, die nicht umgesetzt werden, sondern bloß als Beleg dienen sollten, überweisen werde (US 21).

Es war die Absicht des Ing. Mag. Fi*****, dass die von R***** zu liefernden Papierunterlagen im Unternehmen T***** AG tatsächlich nicht verwendet, sondern nur im Fall einer Revision als Beweis für die ordnungsgemäße Abwicklung...

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