Entscheidungs 13Os39/09y. OGH, 27-08-2009

ECLIECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00039.09Y.0827.000
Date27 Agosto 2009
Record NumberJJT_20090827_OGH0002_0130OS00039_09Y0000_000
Judgement Number13Os39/09y
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richters im Evidenzbüro Mag. Nowak als Schriftführer in der Strafsache gegen Mohamed M***** und eine Angeklagte wegen Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mohamed M***** und Mona S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 12. Februar 2009, GZ 443 Hv 1/08h-403, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Michel, des Angeklagten Mohamed M***** und seines Verteidigers Dr. Lennart Binder zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung der Angeklagten Mona S***** wird nicht Folge gegeben. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem zu D ergangenen Schuldspruch des Angeklagten Mohamed M*****, samt dem diesem zugrunde liegenden Wahrspruch (Hauptfrage D), demnach auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Geschworenengericht des Landesgerichts für Strafsachen Wien zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung verwiesen. Mohamed M***** wird für die ihm nach den rechtskräftigen Schuldsprüchen laut Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 12. März 2008, GZ 443 Hv 1/08h-288, in dem durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs AZ 13 Os 83/08t bestätigten Umfang und nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen im angefochtenen Urteil zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen der Nötigung eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, einer Regierung, des Verfassungsgerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs oder des Obersten Gerichtshofs nach § 250 StGB, mehrere Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB, mehrere Vergehen der Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen nach § 282 Abs 1 StGB, mehrere Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB, ein Verbrechen der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall StGB und ein Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 1 zweiter Satz StGB, unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 250 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Mohamed M***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen.

Text

Gründe:

Vorweg ist festzuhalten, dass Mohamed M***** im ersten Rechtsgang mit aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 27. August 2008, AZ 13 Os 83/08t, insoweit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 12. März 2008, GZ 443 Hv 1/08h-288, des Verbrechens der Nötigung eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, einer Regierung, des Verfassungsgerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs oder des Obersten Gerichtshofs nach § 250 StGB (II/A jenes Urteils), (richtig:) mehrerer Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II/B) und mehrerer Vergehen der Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen nach § 282 Abs 1 StGB (II/D/a/1 und 2) schuldig erkannt wurde.

Demnach hat er

II/A/ „am 9. März 2007 es dadurch unternommen (§ 242 Abs 2 StGB), die Bundesregierung sowie den Nationalrat der Republik Österreich nämlich durch die Androhung schwerwiegender terroristischer Straftaten, zur Ausübung ihrer Befugnisse, und zwar der der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates nach § 2 Abs 1 KSE-BVG obliegenden Entscheidung über die Entsendung von Einheiten zur solidarischen Teilnahme an Maßnahmen zur Friedenssicherung (§ 1 Abs 1, Z 1 leg a KSE-BVG) in einem bestimmten Sinn, nämlich zur Beendigung des Einsatzes österreichischer Einheiten aufgrund der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2001 (VNSRR 1386/01) in Afghanistan zu nötigen, dass er eine im Internet weltweit abrufbare Videobotschaft auf der Website der G***** (G*****) veröffentlichte, worin es unter anderem heißt:

'Und zu Österreich sagen wir, ... Wir laden die neue

sozialdemokratische Regierung ... ein, ihre Soldaten von Afghanistan

abzuziehen und damit aufzuhören Bush in seinem Krieg gegen die

Moslime zu unterstützen ... Zerstört nicht die Sicherheit eines

ganzen Landes wegen fünf Soldaten, die Ihr nach Afghanistan geschickt

habt ... Entscheidet Euch schnell und zieht Eure Soldaten ab, denn

dies ist nicht Euer Krieg und diesen Krieg könnt Ihr auch nicht ertragen. Dies ist ein Krieg zwischen den Mujahedin und Amerika und jedem, der sich in ihre Reihen stellt. Als Spanien seine Soldaten nach Afghanistan schickte, hat es damit sein Land wieder gefährdet. Seid verantwortungsbewusst und entscheidet und lasst Euch diese Chance nicht entgehen, denn sonst werdet Ihr an dem Tag bereuen

...'";

II/B/ „am 9. März 2007 dadurch versucht, einen anderen durch gefährliche Drohung mit dem Tod sowie mit einer Gefährdung durch Sprengmittel, nämlich durch die Androhung schwerwiegender terroristischer Straftaten, zu einer Handlung, nämlich zur Beendigung der Teilnahme von Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres bzw der deutschen Bundeswehr an der unter Punkt II.), A.) näher bezeichneten friedenssichernden Operation der Vereinten Nationen in Afghanistan zu nötigen, wobei die Tat geeignet war, eine schwere oder länger anhaltende Störung des öffentlichen Lebens herbeizuführen und mit dem Vorsatz begangen wurde, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern und öffentliche Stellen zu einer Handlung zu nötigen, dass er eine im Internet weltweit abrufbare Videobotschaft auf der Website der G***** veröffentlichte, nämlich

a) die Bundesregierung der Republik Österreich sowie den Hauptausschuss des Nationalrates, indem er darin insbesondere die unter Punkt II.), A.) näher angeführten Textpassagen verbreitete;

b) die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, indem er darin unter anderem folgende Textpassagen verbreitete;

'Die Teilnahme Deutschlands an dem Krieg der Verliererstaaten von

Amerika gegen den Islam und die Muslime wird zu nichts führen, außer

dass es zu mehr Drohungen kommt und dass Deutschland Gefahren in

seinem eigenen Land erleben wird ... O deutsche Regierung:

Deutschland ist ein starkes Wirtschaftsland und war bis vor kurzer

Zeit ein sicheres Land ... Ist es nicht dumm, dass Ihr die Mujahedin

dazu motiviert, Operationen in Eurem Land zu führen? Mit Eurem Beistand und Eurer grenzenlosen Unterstützung für Amerika habt Ihr die, die Ihr Terroristen nennt, dazu motiviert, Euch anzugreifen ... Dies ist der Ratschlag, denn wir geben Euch Zeit; zieht Eure Soldaten von den Ländern der Muslime ab, und zieht Eure Unterstützung für Bush und seine Leute zurück, denn dies ist sicherer für Euch und Eure Interessen.'";

II/D/ „dadurch auf eine Weise, dass es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird,

a) zu einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich zur Ausführung von Terroranschlägen, mithin von terroristischen Straftaten nach § 278c Abs 1, Z 1, 2, 6 und 7 StGB auch in Österreich aufgefordert, dass er

1.) am 19. Juni 2007 einen unter Punkt I.), A.) des Anklagesatzes näher bezeichneten Text im Onlinemagazin 'S*****', (E*****) auf der Website www.***** im Internet weltweit abrufbar veröffentlichte;

2.) am 6. September 2007 einen unter Punkt I.), A.) näher bezeichneten Text, nämlich einen Aufruf zu Anschlägen auf Stadien und Zuseher der Fußball-Europameisterschaft 2008 sowie auf in- und ausländische Politiker und internationale Gebäude in Wien, im öffentlich zugänglichen Forum der Website www.***** im Internet weltweit abrufbar veröffentlichte."

In Betreff der anderen Schuldsprüche des Angeklagten Mohamed M***** und aller Schuldsprüche der Angeklagten Mona S***** wurden das im ersten Rechtsgang gefällte Urteil und der diesen Schuldsprüchen zugrundeliegende Wahrspruch nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter mit der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in amtswegiger Wahrnehmung nicht geltend gemachter Nichtigkeitsgründe aufgehoben und im Umfang der Aufhebung nochmalige Verhandlung und Entscheidung angeordnet. Mit dem angefochtenen, im zweiten Rechtsgang gefällten Urteil wurden Mohamed M***** einer ungenannt gebliebenen Zahl von Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (A/I/1), (richtig: nur) eines Verbrechens (vgl Plöchl in WK² § 278 Rz 71) der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall StGB (B/1), des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 1 zweiter Satz StGB (C) und des Vergehens der Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen nach §§ 12 dritter Fall, 282 Abs 2 StGB (D) sowie Mona S***** einer ungenannt gebliebenen Zahl von Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (A/I/2 und A/II) und (richtig: nur) eines Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall StGB (B/2) schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des vorliegenden Schuldspruchs haben Mohamed M***** und Mona S***** „in Wien

A./ sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung, nämlich einem auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser...

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