Entscheidungs 13Os83/08t. OGH, 27-08-2008

ECLIECLI:AT:OGH0002:2008:0130OS00083.08T.0827.000
Date27 Agosto 2008
Record NumberJJT_20080827_OGH0002_0130OS00083_08T0000_000
Judgement Number13Os83/08t
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Falmbigl als Schriftführer in der Strafsache gegen Mohamed M***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mohamed M***** und Mona S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 12. März 2008, GZ 443 Hv 1/08h-288, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, welches in dem zu II/A, II/B und II/D/a ergangenen Schuldspruch des Angeklagten Mohamed M*****, in dem diesen Angeklagten betreffenden Kostenausspruch und in der Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg unberührt bleibt, im Übrigen, also in dem zu I/A, I/B, II/C und II/D/b ergangenen Schuldspruch des Angeklagten Mohamed M*****, in dem diesem zugrunde liegenden Wahrspruch (Hauptfragen 1, 2, 6 und 9), demnach auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch, einschließlich der Vorhaftanrechnung, und weiters zur Gänze hinsichtlich der Angeklagten Mona S*****, einschließlich des dem diese betreffenden Schuldspruch I/A, I/B und III zugrunde liegenden Wahrspruchs (Hauptfragen 10 bis 12), aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Geschworenengericht des Landesgerichts für Strafsachen Wien zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Mohamed M***** fallen auch die auf seine erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mohamed M***** wurde einer ungenannt gebliebenen Zahl von Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (I/A), (trotz der neben allen zu I/A genannten Taten weitere erfassenden und mehrheitlich bejahten Hauptfrage 2 nur) eines Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall StGB (I/B), eines Verbrechens der Nötigung von Mitgliedern eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, einer Regierung, des Verfassungsgerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs oder des Obersten Gerichtshofs nach § 250 StGB (II/A), (richtig:) mehrerer Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II/B), des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 1 zweiter Satz StGB (II/C), mehrerer Vergehen der Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen nach § 282 Abs 1 StGB (II/D/a/1 und 2) und eines solchen Vergehens nach § 282 Abs 2 StGB (II/D/b),

Mona S***** eines Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (I/A und III) und (trotz in Hauptfrage 11 selbst und durch deren Verweis auf Hauptfrage 10 angesprochener und von den Geschworenen jeweils mehrheitlich bejahter Tatwiederholung nur) eines Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall StGB (I/B) schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben Mohamed M***** und Mona S***** „in Wien

I. Mohamed M***** und Mona S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB);

A. sich seit zumindest März 2007 als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung, nämlich der Al Qaida bzw. anderen international tätigen radikal-islamischen Terrornetzwerken, insbesondere an in Afghanistan und im Irak operierenden Mujahedin-Gruppen dadurch beteiligt, dass

Mohamed M***** andere durch von ihm in Internet veröffentlichte Texte zu Terroranschlägen aufforderte, indem er am 19. Juni 2007 im Internetforum www.*****.org das Testament des Märtyrers A*****, welches er ausführlich kommentierte und unter anderem mit den Worten ,Dieses Testament hat uns vor kurzem erreicht, und so ist es unsere Pflicht, dieses Testament zu erfüllen und der Nation zu verkünden.'

unterlegte, worin unter anderem zu lesen ist: ,Ich lege Euch die Märtyreraktionen, die gut überlegt sind, ans Herz. Ich lege euch den Terror gegen die Feinde der Religion ans Herz. Ich empfehle Euch die Tötung von Köpfen des Unglaubens, egal wie hoch die finanziellen Kosten sind. Die Beseitigung der Köpfe des Unglaubens soll an der Spitze Eures jihadistischen Programms stehen. Und vergesst nicht, gegen Amerika in Al Jihad zu ziehen. Macht ihnen Angst und bringt sie zur Erschöpfung und vergesst nicht auf die Juden, die Nachkommen von Affen und Schweinen und vergesst nicht auf die Götzenverehrer, die die Araber beherrschen bei Eurem Al Jihad. Zerreißt sie und tötet sie, ...' veröffentlichte;

am 6. September 2007 über das Internetforum *****.org zu Anschlägen auf Stadien und Zuseher der Fußball-Europameisterschaft 2008, auf in- und ausländische Politiker, sowie internationale Gebäude in Wien aufrief;

sowie

am 9. September und am 10. September 2007 einen Text im Internet verbreitete, worin er - unter anderem mit den Worten: ,Das bedeutet, dass der Feind nichts anderes zur Wahl hat, außer dem Islam und dem Schwert ... Macht Euch bereit, nach Rom und Washington aufzubrechen ... Macht Euch bereit, um Rache zu nehmen an jenen, die gegen Eure Religion und Euren Propheten vorgegangen sind' - zu Terroranschlägen aufrief;

seit März 2007 wiederholt auf der Website der ,G*****" (G*****) die Ideologie der Al Qaida und der Mujahedin verbreitende und propagierende Botschaften veröffentlichte';

Mitglieder für die genannten terroristischen Vereinigung zu rekrutieren suchte;

im Internet weltweit abrufbare Videobotschaften auf der Website der G***** veröffentlichte, worin es unter anderem heißt: ,... und zu Österreich sagen wir:' ... ,Wir laden die neue Sozialdemokratische Regierung ein, ihre Soldaten aus Afghanistan abzuziehen und damit aufzuhören, Bush in seinem Krieg gegen die Moslime zu unterstützen ... Zerstört nicht die Sicherheit eines ganzen Landes wegen fünf Soldaten, die Ihr nach Afghanistan geschickt habt ... Entscheidet Euch schnell und zieht Eure Soldaten ab, denn dies ist nicht Euer Krieg, und diesen Krieg könnt ihr auch nicht ertragen. Dies ist ein Krieg zwischen den Mujahedin und Amerika und jedem, der sich in ihre Reihen stellt. Als Spanien seine Soldaten nach Afghanistan schickte, hat es damit sein Land wieder gefährdet. Seid verantwortungsbewusst und entscheidet und lasst Euch diese Chance nicht entgehen, denn sonst werdet Ihr den Tag bereuen ...' (vgl II./, A./ des Spruches) sowie die zu II./, B./ zitierte Textpassage sowie derartige strafbare Handlungen unter anderem mit den Worten propagandistisch aufbereitet gut hieß: ,Denn dieses Volk (die Amerikaner) hat uns daran gewöhnt, dass es nur die Sprache des Blutes und den Dialog der Märtyrerattentate versteht';

sowie

Mona S***** dadurch, dass sie in dem Wissen, auf diese Weise die genannten terroristischen Vereinigungen zu fördern, wiederholt für die Website der G***** (G*****) sowie für andere Internetforen propagandistische Botschaften, welche die Ideologie der Al Qaida verbreiten, sowie Begleittexte und Überschriften zu Videos, in denen terroristische Anschläge verherrlicht werden, überarbeitete und insbesondere von der englischen in die deutsche Sprache und umgekehrt übersetzte und teils an Mohamed M***** zwecks Verbreitung im Internet übermittelte, teils selbst, die Veröffentlichung im Internet veranlasste.

B. Mohamed M***** und Mona S***** sich seit zumindest März 2007 durch die unter den Punkten I.), A.) und II.) A.) und B.) näher beschriebenen Handlungen an einer unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich der G***** (G*****) die wenn auch nicht ausschließlich auf die wiederkehrende geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, welche das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen und zwar terroristischer Straftaten durch Mitglieder der unter Punkt I.) näher bezeichneten terroristischen Gruppierungen, insbesondere durch die Vorbereitung und Durchführung von Terroranschlägen, ausgerichtet ist, die dadurch zumindest einen erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft, insbesondere zwecks Erzwingung des Abzugs von im Rahmen von friedenssichernden Maßnahmen und militärischen Operationen in Afghanistan und im Irak im Rahmen friedenssichernder Operationen der Vereinten Nationen eingesetzten Angehörigen des Österreichischen Bundesheers sowie der Deutschen Bundeswehr anstrebt und die andere einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht, beteiligt (§ 278 Abs 3 StGB);

II.) Mohamed M***** alleine

A. am 9. März 2007 es dadurch unternommen (§ 242 Abs 2 StGB), die Bundesregierung sowie den Nationalrat der Republik Österreich nämlich durch die Androhung schwerwiegender terroristischer Straftaten, zur Ausübung ihrer Befugnisse, und zwar der der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates nach § 2 Abs 1 KSE-BVG obliegenden Entscheidung über die Entsendung von Einheiten zur solidarischen Teilnahme an Maßnahmen zur Friedenssicherung (§ 1 Abs 1, Z 1 leg a KSE-BVG) in einem bestimmten Sinn, nämlich zur Beendigung des Einsatzes österreichischer Einheiten aufgrund der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2001 (VNSRR 1386/01) in Afghanistan zu nötigen, dass er eine im Internet weltweit abrufbare Videobotschaft auf der...

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