Entscheidungs 16Ok6/12. OGH, 02-12-2013

ECLIECLI:AT:OGH0002:2013:0160OK00006.120.1202.000
Date02 Diciembre 2013
Judgement Number16Ok6/12
Record NumberJJT_20131202_OGH0002_0160OK00006_1200000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Univ.- Prof. Dr. Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Haas und Dr. Dernoscheg als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 31, weitere Amtspartei: Bundeskartellanwalt, 1011 Wien, Schmerlingplatz 11, gegen die Antragsgegner 1. Dr. Ulla Reisch, Rechtsanwältin, 1020 Wien, Praterstraße 62-64, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des S***** KG, *****, 2. W*****, Gesellschaft m.b.H., *****, 3. B***** GmbH, *****, 5. C***** Gesellschaft m.b.H., *****, 6. D***** e.U., Inhaber Ing. W***** H*****, 7. D***** Gesellschaft m.b.H., *****, 8. E***** GmbH, *****, 9. E***** Installationen Gesellschaft m.b.H., *****, 10. E***** Gebäudetechnik GmbH, *****, 11. H***** F*****, 12. G***** Gesellschaft m.b.H., *****, 13. R***** H*****, 14. H***** Ges.m.b.H., *****, 15. H***** H***** Gesellschaft m.b.H., *****, 16. I***** Gesellschaft m.b.H., *****, 17. J***** J***** Gesellschaft m.b.H., *****, 18. J***** GmbH, *****, 19. H***** D***** K***** Gesellschaft m.b.H., *****, 20. K***** Gesellschaft m.b.H., *****, 21. K***** GmbH, *****, 22. F***** K***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG, *****, 23. K***** GmbH, *****, 24. G***** K***** Ges.m.b.H., *****, 25. Ing. K***** Gesellschaft m.b.H., *****, 26. R***** M***** Gesellschaft m.b.H., *****, 27. J. M*****gesellschaft m.b.H., *****, 28. M***** Gesellschaft m.b.H., *****, 29. R. Ö***** Gesellschaft m.b.H., *****, 30. P*****-Gesellschaft m.b.H., *****, 31. F***** P*****, geboren am *****, 32. P***** Gesellschaft m.b.H., *****, 33. F***** R***** Gesellschaft m.b.H., *****, 34. S*****gesellschaft m.b.H., *****, 35. H***** S***** GmbH, *****, 36. S***** Gesellschaft m.b.H., *****, 37. S***** Sanitär- und Heizungstechnik Ges.m.b.H., *****, 38. K***** S***** Gesellschaft m.b.H., *****, 39. J. S***** Gesm.b.H., *****, 40. S***** InstallationsgmbH, *****, 41. S***** & L***** Ges.m.b.H., *****, 42. J***** S***** Gesellschaft m.b.H., *****, 43. H. T***** GesmbH, *****, 44. U***** GmbH, *****, 45. K***** W*****, 46. P***** W***** GmbH, *****, 47. W***** Ges.m.b.H., *****, 48. Z***** KG, *****, 49. Ing. M***** M*****; 2., 13., 15., 20., 26., 28., 29., 35. und 43. Antragsgegner vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, 3. Antragsgegner vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, 5., 17., 25., 27., 30., 41., 46. und 48. Antragsgegner vertreten durch Dr. Georg Legat, Rechtsanwalt in Wien, 6., 24. und 42. Antragsgegner vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, 7., 12., 18. und 47. Antragsgegner vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OEG in Wien, 8. Antragsgegner vertreten durch Hopmeier & Wagner Rechtsanwälte OG, 9. Antragsgegner vertreten durch Bartlmä Madl Köck Rechtsanwälte OG in Wien, 10., 32., 34. und 40. Antragsgegner vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, 11., 14., 19., 31. und 37. Antragsgegner vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, 16. und 44. Antragsgegner vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in Wien, 21. und 33. Antragsgegner vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in Wien, 22., 23., 29. und 45. Antragsgegner vertreten durch Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien, 36. Antragsgegner vertreten durch Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in Wien, 38. Antragsgegner vertreten durch Lansky, Ganzger + partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, 49. Antragsgegner vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Antrags auf Feststellung (§ 28 Abs 1 KartG) und Verhängung von Geldbußen (§ 29 Z 1 lit a und d KartG), über die Rekurse der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 13. Juli 2012, GZ 27 Kt 20, 21/09-155, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte zuletzt, eine Zuwiderhandlung der durch die Erstantragsgegnerin repräsentierten Gemeinschuldnerin gemäß § 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV festzustellen, sowie über die weiteren Antragsgegner Geldbußen nach § 29 Z 1 lit a und d KartG zu verhängen. Die Antragsgegner hätten als Anbieter im Zuge eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens durch die Stadt Wien - Wiener Wohnen zur Vergabe eines Rahmenvertrags für Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationsarbeiten in den von Wiener Wohnen verwalteten Wohnhäusern unter Verstoß gegen Art 81 EG (nunmehr Art 101 AEUV) und § 1 KartG 2005 verbotene Vereinbarungen getroffen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen gesetzt, indem sie verbotene Absprachen über Gebietsaufteilungen und Angebotspreise getroffen hätten, wodurch eine Verhinderung, Einschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt und auch tatsächlich bewirkt worden sei. Interessenvertreter der Installateure hätten in Reaktion auf die Ausschreibung eine Informationsveranstaltung für jene Unternehmen, die schon bisher für Wiener Wohnen tätig gewesen seien, organisiert, in der die Bildung von Arbeitsgemeinschaften als vorteilhaft dargetan worden sei. In der Folge seien gebietsweise Arbeitsgemeinschaften gebildet worden, deren einziger Zweck die Ausschaltung des Wettbewerbs und die Sicherung eines Anteils am Auftragsvolumen unter Beibehaltung eines überhöhten Preisniveaus gewesen sei, wodurch faktisch das gesamte Angebot monopolisiert worden sei.

Die Erstantragsgegnerin, der von der Antragstellerin der Status einer Kronzeugin zuerkannt worden ist, stimmte den Ausführungen der Antragstellerin vollinhaltlich zu. Die übrigen Antragsgegner bestritten das Vorbringen der Antragstellerin und beantragten die Antragsabweisung, teilweise auch die Zurückweisung. Einzelne Antragsgegner bemängelten, das Vorbringen der Antragstellerin sei nicht ausreichend substantiiert. Nahezu alle Antragsgegner wandten ein, die Bildung von Arbeitsgemeinschaften sei durch die Anforderungen der Ausschreibung bedingt und mit dem geltenden Recht vereinbar gewesen. Die Ausschreibung sei so beschaffen gewesen, dass die meisten Antragsgegner nicht über sämtliche Voraussetzungen verfügten, um als Einzelanbieter ein ausschreibungskonformes, erfolgversprechendes und erfüllbares Angebot abzugeben. In der Ausschreibung sei auch ausdrücklich auf die Möglichkeit der Bildung einer Arbeitsgemeinschaft hingewiesen worden.

Fast alle Antragsgegner brachten auch vor, sie hätten keine unzulässigen Vereinbarungen im Sinne einer Absprache von Preisen und einer Aufteilung des Marktes getroffen und keine abgestimmten Verhaltensweisen gesetzt. Sie hätten keinen Einfluss auf das Verhalten möglicher weiterer Bewerber genommen und wären dazu auch nicht in der Lage gewesen. An dem EU-weit ausgeschriebenen Vergabeverfahren habe sich jeder Installateur, der die Ausschreibungskriterien erfüllte, mit Erfolgsaussicht beteiligen können. Selbst im Fall der behaupteten übergeordneten Koordinierung wäre es unzähligen Unternehmen möglich gewesen, ein Angebot zu legen. Bei der Ausschreibung habe Geheimwettbewerb geherrscht, zumal nicht von vorneherein festgestanden sei, wer sich an dem Vergabeverfahren als Bieter beteiligen werde. Dass die tatsächlichen Anbieter nur regional zusammengesetzt gewesen seien, sei auf die Ausschreibungsbedingungen und die Gebietsgebundenheit zurückzuführen. Letzteres sei mit der Nähe des Sitzes der jeweiligen Unternehmen im Hinblick auf die verlangten Reaktionszeiten, mit den Kenntnissen in den bisherigen Einzugsgebieten, dem Vertrauen in die möglichen ARGE-Partner in den bisher betreuten Gebieten und allgemein mit der begrenzten Größe und Leistungsfähigkeiten der Unternehmen zu erklären. Die Angebotspreise seien nicht überhöht gewesen. Die von Wiener Wohnen vorgegebenen Einheitspreise seien betriebswirtschaftlich sinnvoll und nachvollziehbar kalkuliert worden, ebenso die von den jeweiligen Arbeitsgemeinschaften angebotenen Auf- und Abschläge, wobei die letztlich angebotenen Preise deutlich unter den Vorgabepreisen gelegen seien.

Nahezu alle Antragsgegner brachten auch vor, selbst bei Vorliegen eines Kartells handle es sich um ein Bagatellkartell nach § 2 Abs 2 Z 1 KartG, das keinen Anteil von mehr als 25 % am inländischen Teilmarkt erreiche. EU-Kartellrecht (Art 81 EG, Art 101 AEUV) komme nicht zur Anwendung, weil der Sachverhalt nicht geeignet sei, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen. Vielmehr liege nur ein regional begrenzter Teilmarkt vor. Zudem seien die verlangten kurzen Reaktionszeiten zu berücksichtigen, sodass eine Teilnahme von Unternehmen mit Sitz im Ausland faktisch ausscheide.

Das Erstgericht wies den Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde sowie die Anträge mehrerer Antragsgegner, die Antragstellerin zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verpflichten und ihr die Zahlungspflicht für die Gerichtsgebühr nach § 52 Abs 2 KartG aufzuerlegen, ab. Es traf ua folgende Feststellungen:

Wiener Wohnen führte ab dem Jahr 2007 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich für Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationsarbeiten samt damit verbundenen Lüftungsinstallationsarbeiten in den von Wiener Wohnen verwalteten Wohnhausobjekten durch. Nach dem ausgeschriebenen Rahmenvertrag umfassten die Leistungen „laufende Adaptierungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie Neuarbeiten kleineren Umfangs bzw allfällige Aufkategorisierungsmaßnahmen in Objekten [...] gemäß beiliegendem Wohnhäuserverzeichnis“. Den rechtlichen Rahmen des Vergabeverfahrens bildeten das Bundesvergabegesetz 2006 und das Wiener Vergaberechts-schutzgesetz 2007. Die Ausschreibung mit einem geschätzten Gesamtauftragswert für drei Jahre von 198.000.000 EUR wurde im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 10. 2. 2007 und im Amtsblatt der Stadt Wien vom 15. 2. 2007 bekannt gemacht. Die Angebotsfrist endete am 25. 5. 2007.

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