Entscheidungs 1Ob105/13t. OGH, 21-11-2013

ECLIECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00105.13T.1121.000
Date21 Noviembre 2013
Judgement Number1Ob105/13t
Record NumberJJT_20131121_OGH0002_0010OB00105_13T0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A***** P*****, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P***** GmbH, *****, 2. P***** GmbH, *****, 3. Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, 4. Gemeinde Wien, vertreten durch den Bürgermeister, Wien, Rathaus, 5. Land Steiermark, vertreten durch den Landeshauptmann, Graz-St. Veit, Hoffeldstraße 20, 6. P***** G***** D*****, 7. S***** W*****, 8. Ing. A***** L***** G***** R*****, 9. C***** H***** P*****, 10. M***** H*****, 11. Mag. Dr. M***** *****, 12. H***** GmbH, *****, 13. L***** Stiftung und Co KG, *****, Deutschland 14. L***** Ö***** GmbH, *****, 15. B***** Aktiengesellschaft, *****, 16. M***** W***** AG, *****, 17. H***** Kommanditgesellschaft, *****, 18. S*****-AG *****, 19. C***** F*****gmbH, *****, 20. F***** K***** GmbH, *****, 21. Ö***** GmbH, *****, wegen 2.190.046 EUR sA und Feststellung (62.000 EUR bzw 93.000 EUR [4. beklagte Partei]), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. April 2013, GZ 14 R 25/13v-7, mit dem dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Jänner 2013, GZ 31 Cg 54/12g-3, teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, soweit darin die Zurückweisung der Klage gegen die erst-, zweit-, dritt-, siebent- bis zwölft-, neunzehnt-, zwanzigst- und einundzwanzigstbeklagte Partei ausgesprochen wurde. Dem Erstgericht wird auch insoweit die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Hingegen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben, soweit er sich gegen die Zurückweisung der Klage gegen die fünftbeklagte Partei richtet.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihm binnen 14 Tagen 986.722 EUR zuzüglich 4 % Zinsen ab Klageeinbringung und ihm vom 1. 1. 2013 bis einschließlich September 2020 eine Rente von monatlich 33.426 EUR (12-mal jährlich) und ab 1. 1. 2020 eine lebenslange Rente von monatlich 2.979 EUR (12-mal jährlich) zu zahlen, und zwar die bis zur Rechtskraft fällig werdenden Beträge binnen 14 Tagen und die weiteren Rentenbeträge monatlich im Vorhinein direkt zu seinen Handen. Darüber hinaus erhob der Kläger zwei Feststellungsbegehren, die die Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand ihm bzw seinen Eltern gegenüber für alle weiteren Schäden, die ihm infolge des Verzehrs des mit Listerien kontaminierten, von der Erstbeklagten hergestellten Sauermilchkäseprodukts im Dezember 2009 und der dadurch verursachten Listerien-Infektion entstanden seien, aber noch nicht bezifferbar bzw bekannt seien, und/oder in Zukunft noch entstehen würden, zum Gegenstand haben. Zusätzlich erhob er ein Feststellungsbegehren, wonach ihm die Viertbeklagte für alle weiteren Schäden hafte, mögen sie entstanden, aber noch nicht bezifferbar bzw bekannt sein, und/oder in Zukunft noch entstehen, die darauf zurückzuführen seien, dass in einem von der Viertbeklagten gehaltenen Krankenhaus die Liquor-Probe des Klägers sorgfaltswidrig entsorgt bzw vernichtet worden sei.

Die Erstbeklagte habe in den Jahren 2009/2010 mit Listerien befallenen Quargel hergestellt und in Verkehr gebracht, was deren Verantwortlichen bekannt gewesen sei. Er habe dieses kontaminierte Lebensmittel verzehrt und dadurch ab Anfang 2010 eine Infektion mit besonders schweren Folgen erlitten. Als Folge der Infektion leide er an einer Vielzahl gravierender körperlicher und psychischer Beeinträchtigungen, die ein normales Leben unmöglich machten. Gehen und selbst längerfristiges Stehen seien ihm unmöglich, weswegen er an den Rollstuhl gefesselt sei. Er habe unter schweren Sehstörungen und einer massiven Beeinträchtigung seines Sprechvermögens zu leiden. Damit einher gingen schwerste seelische bzw psychische Beeinträchtigungen als Dauerfolgen der Infektion ohne Aussicht auf Besserung.

Die Erstbeklagte habe den Quargel unter unhaltbaren hygienischen Bedingungen, insbesondere in ihrem Betrieb in der Steiermark, produziert und österreichweit in Verkehr gebracht. Ungeachtet massiver Verdachtsmomente habe sie es unterlassen, das kontaminierte Lebensmittel rechtzeitig zurückzurufen.

Die Zweitbeklagte sei durch Spaltung aus der Erstbeklagten hervorgegangen und deren Universalrechtsnachfolgerin.

Die Drittbeklagte hafte für schwere Versäumnisse, die im Bereich des Bundesministeriums für Gesundheit und der Einundzwanzigstbeklagten begangen worden seien. Spätestens im Herbst 2009 sei der gebotene sofortige österreichweite Rückruf der Lebensmittel der Erstbeklagten unterlassen worden. Auch hafte die Drittbeklagte als funktioneller Rechtsträger für Versäumnisse des Landeshauptmanns der Steiermark als den für die lokale Lebensmittelpolizei Verantwortlichen. Die weiteren Organe hätten den in der Steiermark ansässigen Betrieb der Erstbeklagten besser kontrollieren müssen, um zu verhindern, dass die Auslieferung dieser Lebensmittel insbesondere nach Wien erfolgen könne. Auch sei die Drittbeklagte für Versäumnisse im Bereich der Wiener Lebensmittelaufsichtsbehörden verantwortlich. Sie habe für die Versäumnisse ihrer Organe aus dem Titel der Amtshaftung und aus anderen Rechtsgründen einzustehen.

Die Viertbeklagte hafte für Fehler und Versäumnisse bei der Behandlung des Klägers nach dem Auftreten der Listerieninfektion in einem von ihr gehaltenen Krankenhaus. Die Diagnose sei nicht lege artis erfolgt, weswegen seine Erkrankung zu spät erkannt worden sei. Dadurch sei es zu irreversiblen Folgen gekommen, die sonst verhindert werden hätten können. Eine beim Kläger entnommene Liquor-Probe sei vorschriftswidrig entsorgt bzw vernichtet worden. Aus...

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