Entscheidungs 1Ob209/16s. OGH, 10-02-2017

ECLIECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00209.16S.0210.000
Judgement Number1Ob209/16s
Date10 Febrero 2017
Record NumberJJT_20170210_OGH0002_0010OB00209_16S0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. H***** K*****, und 2. A***** K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lang, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei B***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch die Dr. Peter Jesch Rechtsanwalts GmbH, Salzburg, wegen 129.864,69 EUR sA über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. September 2016, GZ 2 R 7/16m-100, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 3. November 2015, GZ 6 Cg 97/13p-86, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung von 8.910,19 EUR sA in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Beklagte, die nicht mit der Verlegung beauftragt gewesen war, hatte es übernommen eine ausreichende Menge von Platten zur Verlegung von Flächen im Außenbereich des Hauses der Kläger zu liefern. Es sollten nach dem E-Mail der Zweitklägerin vom 6. 3. 2011, mit dem der Polierplan mitübermittelt worden war, Sauna und „Freisitz“ in die Berechnung miteinfließen und alles „im selben Stein“ verlegt werden. Nach von der Beklagten an Ort und Stelle durchgeführter Vermessung lieferte sie aus Griechenland importierte Natursteinplatten („Cristallo white“) im Ausmaß von (nur) ca 195 m2. Tatsächlich wären aber ca 223 m2 für die von den Klägern in einheitlicher Optik angestrebte Verlegung der gesamten Fläche samt Freisitz und Saunabereich notwendig gewesen. Ohne Einberechnung der Flächen für Freisitz und Sauna hätte die Menge der gelieferten Platten ausgereicht. Die nachgelieferten Platten, mit denen die Außenflächen komplettiert wurden, weisen eindeutige Farb- und Strukturunterschiede zu den Platten der Erstlieferung auf. Die Platten der Erstlieferung sind im gesamten Erscheinungsbild etwas dunkler und verfügen über eindeutige Farb- und Strukturverläufe, welche sich in Form von unterschiedlichen Grauschattierungen linienartig darstellen. Die Platten der Nachlieferung haben eine überwiegend weißliche Grundstruktur mit einer wolkenartigen und sich eher fleckig darstellenden Struktur in unterschiedlichen Grauabstufungen. Dem Verleger (auch) der nachgelieferten Platten, der nach der Verlegung zweier Reihen feststellte, dass sich die Platten der Nachlieferung optisch von den bereits verlegten unterschieden, wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten gesagt, dass die Feuchte des Klebers das optisch verschiedene Erscheinungsbild verursache, am Ende würden die Platten einander gleichen. Dass sich diese Platten optisch von den bereits verlegten Platten unterschieden, erfuhren die Kläger erst, nachdem alle Platten verlegt waren.

Auch die Platten einer später versuchten (ersten) Ersatzlieferung und jene, die während des Verfahrens vorgelegt wurden, stimmen mit dem ursprünglich gelieferten Plattenmaterial nicht überein; im „Übergangsbereich Terrasse – Freisitz und – Sauna“ ist offensichtlich, dass die Platten nicht dem ursprünglichen Material entsprechen. Nachlieferungen derartiger Platten mit identer Farbe, Struktur und Textur sind sehr schwierig bis unmöglich. Selbst wenn eine Nachlieferung mit annähernd gleicher Struktur möglich ist, sind meist Unterschiede erkennbar.

Die Kosten für die Abtragung und die Neuverlegung inklusive Plattenaustauschmaterial samt damit verbundenen Installations-, Garten-, Elektro- sowie Abdichtungsarbeiten betragen (jeweils brutto) zwischen 102.000 EUR bis 108.000 EUR, die Wasserbezugsgebühren und Kanalbenützungsgebühren im Zuge der Poolentleerung und Wiederbefüllung 336,50 EUR; die Reinigungskosten im Außenbereich des Hauses sowie im Innenbereich, soweit dieses im Zuge von Sanierungsarbeiten betreten wird, 1.068 EUR, die variablen Mehrkosten für die mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehenden unvorhersehbaren Leistungen 15.750 EUR.

Die Kläger begehrten gestützt auf Gewährleistung und Schadenersatz die Zahlung von (richtig) 129.864,69 EUR sA für die Sanierung in Form einer kompletten Neuverlegung nach Abbruch des verlegten Materials samt Nebenkosten. Sie brachten dazu vor, sie hätten bei der Beklagten Bodenplatten für die gesamte Terrasse beinhaltend die Flächen im Bereich Sauna, Haus und Freisitz, Hauseingang inklusive Terrasse über der Garage sowie auch den gesamten Weg für ihre Liegenschaft bestellt. Vor Bestellung und Auftragsvergabe habe die Beklagte an Ort und Stelle mehrmals Naturmaße genommen und ihnen ausdrücklich zugesichert, dass in dem zu bestätigenden Angebot ausreichend Material für die Bodenplatten angeführt sei. Die Beklagte habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass nur sie das korrekte Flächenmaß eruieren könne, weswegen sie eine erhöhte Sorgfaltspflicht treffe. Ein optisch einheitliches Erscheinungsbild sei ausdrücklich bedungene Eigenschaft für die Gesamtbestellung in einer Lieferung, eine Musterplatte dafür als Referenzmuster die Vorgabe gewesen. Anlässlich der Lieferung der Natursteinplatten habe die Beklagte sogar noch einmal die zu verlegende Fläche nachgemessen und ihnen ausdrücklich zugesichert, dass ausreichend Bodenplatten vorhanden seien. Später sei eine Nachlieferung mit der gleichen Strukturfarbe und dem gleichem Muster versprochen worden. Der Schaden wäre niemals entstanden, wenn die Beklagte durch ihre Mitarbeiter nicht falsch vermessen, dann zu wenig Material geliefert und eine falsche Ware nachgeliefert hätte.

Die Beklagte bestritt, wendete eine Gegenforderung von 2.336,30 EUR für die Ergänzungslieferung ein und erwiderte, es sei zwar richtig, dass sie von den Klägern beauftragt gewesen sei, für deren Bauvorhaben Natursteinplatten zu liefern, und dass zuvor eine Vermessung durch ihre Mitarbeiter durchgeführt worden sei. Es seien aber die unterschiedlichen Flächenausmaße auf die Frage zurückzuführen, ob die zu verlegende Fläche auch die Bereiche Sauna und Freisitz umfasst hätte oder ob diese Bereiche ausgespart bleiben sollten. Grundsätzlich sollten Fachkräfte in der Lage sein, „Naturmaßnahmen“ und die Berechnung der daraus resultierenden Flächen richtig vorzunehmen. Im vorliegenden Fall hätten sämtliche „Nachvermessungen“ zum gleichen Ergebnis geführt, weil auch diese nachträglichen Kontrollmessungen unter der Annahme erfolgt seien, dass die Bereiche Sauna und Freisitz ausgespart bleiben sollten. Die Kläger hätten zuerst noch erwogen, Freisitz und Sauna miteinzubeziehen, worauf das [erste] Anbot über 265 m2 beruht habe, das Sauna und Freisitz beinhaltet habe. Aus dem mit dem E-Mail vom 6. 3. 2011 mitübersandten Polierplan sei ersichtlich, dass die für Sauna und Freisitz vorgesehene Fläche samt Verschnitt nachweislich die Fehlmenge ergebe. Wenn das E-Mail der Zweitklägerin an die Beklagte auch unter Bezugnahme auf den Polierplan fordere, dass sowohl die Bereiche Sauna als auch Freisitz in die Flächenberechnung einzubeziehen seien, so sei dem entgegenzuhalten, dass sich offenbar die diesbezügliche Entscheidung der Bauherrschaft im Laufe der darauffolgenden sechs Monate bis zur tatsächlichen Flächenbestellung geändert habe. Von der Zweitklägerin sei Ende September/Anfang Oktober ausdrücklich erklärt worden, dass nunmehr sowohl der Freisitz als auch der Saunabereich ausgespart bleiben sollten. Wenn die ursprüngliche Minderbestellung von den Klägern zu vertreten sei, bedeutete die darauf folgende Nachbestellung keinen Verbesserungsversuch. Für den Fall, dass sie ein Verschulden an der ursprünglichen Minderlieferung treffe, stünde den Klägern aus Gründen der Verhältnismäßigkeit lediglich ein Anspruch auf Preisminderung zu, nicht jedoch auf Abbruch der gesamten Oberflächengestaltung samt anschließender Neuausführung. Die gelieferten Platten wiesen als Natursteine gemäß der ÖNORM hinzunehmende Unregelmäßigkeiten auf.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 120.954,50 EUR, nicht aber die Gegenforderung als zu Recht bestehend, sprach den Klägern diesen Betrag zu und wies das Mehrbegehren von 8.910,19 EUR sA samt einem Zinsenmehrbegehren ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus ua Feststellungen zur Auftragsvergabe, insbesondere im Konnex mit dem vorher bereits erwähnten E-Mail vom 6. 3. 2011, in dem um Beachtung der Tatsache, dass sowohl Sauna wie auch Freisitz in die Berechnung miteinfließen, da alles im selben Stein verlegt werden sollte, ersucht worden war, nämlich dass die Kläger von „diesem Auftragsinhalt niemals abgegangen“ seien, zuerst ein Anbot über 265 m² und danach über 195 m² (jeweils) für „Terrasse, Hauseingang, Weg“ gelegt sowie auch eine Auftragsbestätigung über die Bestellung von 195,12 m² übermittelt worden sei und der Erstkläger „Sicherheit“ gewollt habe, dass genügend Plattenmaterial vorhanden wäre, worauf eine neuerliche Messung durchgeführt worden sei. Darüber hinaus beschrieb es die Abweichungen der Platten der versuchten Ersatzlieferungen näher.

Im ersten Rechtsgang änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts in eine gänzliche Klagsabweisung ab, ohne die in der Berufung von der Beklagten ausgeführte Tatsachenrüge dazu, dass vom Auftrag niemals abgegangen worden sei (sondern vielmehr die Zweitklägerin die Weisung erteilt habe, Sauna und Freisitz auszusparen), zu behandeln. Es vertrat die Ansicht, es seien 195 m2 bestellt und auch geliefert worden, weswegen ein Verstoß gegen den geschlossenen Vertrag gar nicht vorliege. Mit seinem Aufhebungsbeschluss zu 1 Ob 58/16k trug der erkennende Senat dem Berufungsgericht auf, diese entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts...

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