Entscheidungs 1Ob21/04a. OGH, 14-12-2004

ECLIECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00021.04A.1214.000
Date14 Diciembre 2004
Judgement Number1Ob21/04a
Record NumberJJT_20041214_OGH0002_0010OB00021_04A0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Chen G*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen EUR 55.467,61 sA infolge von Rekursen beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Oktober 2003, GZ 12 R 108/03w-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. März 2002, GZ 26 Cg 70/01g-26, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil in der Abweisung von 4 % Zinsen aus EUR 55.467,61 vom 1. 1. 1993 bis 7. 7. 1999 wiederhergestellt und darüber hinaus im klagsstattgebenden Sinn abgeändert wird, sodass es insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 55.467,61 samt 4 % Zinsen seit 8. 7. 1999 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei auch schuldig, der klagenden Partei 4 % Zinsen aus EUR 55.467,61 vom 1. 1. 1993 bis 7. 7. 1999 zu zahlen, wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 10.192,07 (darin EUR 1.511,91 USt, EUR 1.120,62 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit EUR 4.104,20 (darin EUR 418,90 USt, EUR 1.592,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit EUR 5.735,96 (darin EUR 602,16 USt, EUR 2.123,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die österreichische Staatsbürgerin Chen Hao G***** (richtig wohl: Cheng Hao G*****, siehe die Auskunft der Magistratsabteilung 61 der Stadt Wien, Beilage 1) verstarb am 24. 12. 1990 in Wien. Mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichts vom 13. 10. 1992 wurde der reine Nachlass der Verstorbenen in der Höhe des Klagsbetrags gemäß § 130 AußStrG für erblos erklärt und aufgrund eines entsprechenden Antrags der Beklagten übergeben.

Die Erblasserin hatte am 11. 9. 1949 in Shanghai den österreichischen Staatsbürger Hans G***** geheiratet. Sie verließ im Jahr 1950 mit ihrem Ehegatten ihre Heimat China, wo sie bis dahin gelebt hatte. Das Ehepaar ließ sich in weiterer Folge in Österreich nieder. Hans G***** verstarb am 18. 8. 1953 in Wien; eine Verlassenschaftsabhandlung fand mangels Vermögens nicht statt.

Mit Schreiben vom 5. 7. 1999 forderte die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe des heimfällig gewordenen Nachlasses. Ihr Rechtsvertreter führte unter anderem aus:

"Meine Mandantin ist die Adoptivtochter der am 14. 6. 1911 in Shanghai geborenen Erblasserin. Meine Mandantin wurde am 1. 8. 1931 ebenfalls in Shanghai geboren und ist - wie aus der notariellen Geburtsurkunde vom 11. 1. 1999 (Dokument Nr 4) ersichtlich - von der Erblasserin und deren Ehegatten Hans G***** adoptiert worden.

Der Ehegatte Hans G***** ist am 7. 10. 1900 in Wien geboren und ist längst vorverstorben."

Die beglaubigte Übersetzung der notariellen Geburtsurkunde der Klägerin lautet:

Hiermit wird bestätigt, dass ...(Klägerin), weiblich, am 1. August 1931 in Shanghai geboren wurde. Der Adoptivvater von ... (Klägerin) ist Hans G***** und die Adoptivmutter ist Chen Chunhao. Notariat der Stadt Wuxian, Provinz Jiangsu, VR Cina. Notar: LI Fengyu. Datum: 11. Januar 1999..."

Die Echtheit der auf der Originalurkunde offenbar unter einem Beglaubigungsvermerk befindlichen Unterschrift des stellvertretenden Leiters der Konsularabteilung des Amtes für auswärtige Angelegenheiten der Provinz Jiangsu und dessen Amtssiegels in Nanjing, VR China, wurde mit Beglaubigungsvermerk des österreichischen Generalkonsulats in Shanghai vom 9. 2. 1999 durch den Vizekonsul bestätigt.

Ebenfalls vom 11. Jänner 1999 datiert die vom Notariat der Stadt Wuxian ausgestellte "Notariatsurkunde über Verwandtschaftsverhältnis" mit folgendem wesentlichen Inhalt:

"Antragsteller: ... (Klägerin), weiblich geboren am 1. August 1931, derzeit wohnhaft im Dorf Lianxu, Gemeinde Taiping, Stadt Wuxian, Provinz Jiangsu.

Bezugsperson: Chen Chunhao, weiblich, geboren am 14. Juni 1911, zu Lebzeiten wohnhaft in Österreich.

Hiermit wird bestätigt, dass Antragstellerin ...(Klägerin) die Adoptivtochter der Bezugsperson Chen Chunhao ist.

Notariat der Stadt Wuxian, Provinz Jiangsu, VR China, Notar: LI Fengyu"....

Auch auf dieser Originalurkunde ist die Echtheit der unter einem gesiegelten offenkundigen Beglaubigungsvermerk befindlichen Unterschrift des stellvertretenden Leiters der Konsularabteilung des Amtes für auswärtige Angelegenheiten der Provinz Jiangsu und dessen Amtssiegels mit Beglaubigungsvermerk des österreichischen Generalkonsulats in Shanghai vom 9. 2. 1992 durch den Vizekonsul bestätigt.

Am 29. 10. 2001 gab die Klägerin vor dem Einwohnerkomitee des Dorfes Lianwei (Lianxu), Gemeinde Taiping, Stadt Wuxian, unter anderem Folgendes zu Protokoll:

".... Meine Familie war arm und lebte in Shanghai. Mein leiblicher Vater ist kurz nach meiner Geburt verstorben, meine leibliche Mutter ging von zu Hause weg; man weiß nicht wohin. Ich wurde von meiner Großmutter großgezogen. Als ich sieben Jahre alt wurde, war meine Großmutter bereits zu alt und schwach, um mich zu betreuen. Sie ließ mich Frau Chen Cheng Hao (die ich mit Mutter anredete), wohnhaft in Xiangyangnanlu Straße, Gasse 411, Haus 3, Stadt Shangai, zur Adoption als Tochter übergeben. Meinen Namen erhielt ich von meiner Mutter Chen Cheng Hao. Als ich zehn Jahre alt wurde, schickte mich Mutter Chen Cheng Hao in die Schule. Ich ging fünf Jahre in die Schule. Als ich 16 Jahre alt wurde, verlobte mich meine Mutter über Vermittlung einer guten Freundin von ihr, Frau WU A-Bao mit Herrn NI Qixing aus dem Dorf Lianwei (Lianxu), Gemeinde Taiping, Stadt Wuxian, Provinz Jiangsu. Mit 19 Jahren heiratete ich Herrn NI Qixing. Zuvor hatte ich mit meiner Mutter insgesamt 12 Jahre zusammengelebt und wir waren aufeinander angewiesen.

Ich kann mich nicht mehr an meine leiblichen Eltern erinnern und weiß nicht ihre Namen. Ebenso habe ich den Namen meiner Großmutter vergessen. Meine Mutter Chen Cheng Hao stammte ebenfalls aus einer armen Familie und lebte von körperlicher Arbeit. Sie wurde am 14. Juni 1911 geboren, war Analphabetin und zwanzig Jahre älter als ich.

....

Meine Mutter Chen Cheng Hao heiratete im September 1949 Herrn Hans G*****. Ich habe nicht mit Herrn Hans G***** gemeinsam gelebt, weil er und meine Mutter in der Xiangyangnanlu Straße, Gasse 411, Haus 3, Stadt Shanghai, die Ehe geschlossen haben. Meine Mutter ließ mich ihn Papa nennen, sodass natürlich eine Adoptivvater-Beziehung zwischen mir und ihm entstanden ist. Meine Mutter und Herr Hans G***** verließen am 16. Dezember 1950 China, um sich in Österreich niederzulassen. Ich ging zu ihnen, um mich von ihnen zu verabschieden. Am Tag der Trennung schenkte mir meine Mutter...

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