Entscheidungs 1Ob8/19m. OGH, 25-06-2019

ECLIECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00008.19M.0625.000
Date25 Junio 2019
Judgement Number1Ob8/19m
Record NumberJJT_20190625_OGH0002_0010OB00008_19M0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** eGen, *****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei m***** e.U. ***** (Inhaber DI M*****), *****, vertreten durch Dr. Anton Frank und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch die Huber und Partner Rechtsanwälte GmbH, Linz, wegen 60.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 31. Oktober 2018, GZ 2 R 135/18p-15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 31. Juli 2018, GZ 1 Cg 80/17k-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 60.000 EUR samt 8,58 % Zinsen pa ab 13. 12. 2017 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 17.189,02 EUR (darin 2.336,26 EUR USt und 5.507,70 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Bauherrin beauftragte den Nebenintervenienten (im Weiteren auch: Hauptunternehmer) im Februar 2017 mit baulichen Erweiterungen ihrer Firmengebäude zu einem „All-In-Pauschalpreis“ von 630.000 EUR. Die Zahlungsbedingungen enthielten unter anderem folgende Klausel „1. Teilzahlung in der Höhe von 80.000 EUR nach übergebener Erfüllungsgarantie in der Höhe von 130.000 EUR ...“. Aus einer ersten Garantie nahm die Beklagte im Juli 2017 60.000 EUR in Anspruch; der Hauptunternehmer stellte eine weitere Erfüllungsgarantie seiner Versicherung über 70.000 EUR. Für die Baumeisterarbeiten bediente er sich einer Subunternehmerin. Entsprechend der zwischen diesen beiden getroffenen Vereinbarung stellte die klagende Bank für die Subunternehmerin, ihre Kundin, am 23. 9. 2017 eine bis Ende November 2017 befristete „Erfüllungsgarantie“ zugunsten des Hauptunternehmers aus. Der Garantiebrief, in dem auf die Verpflichtung der Subunternehmerin hingewiesen wird, dem Hauptunternehmer im Zusammenhang mit den Baumeisterarbeiten eine Erfüllungsgarantie zu erbringen, enthält (nach der ihrem Wortlaut nach unstrittigen Urkunde; vgl RIS-Justiz RS0121557 [T3]) unter anderem folgenden Text:

„Wir überweisen für den Fall, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht fristgerecht nachkommt ... unter Verzicht auf jede Einrede aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis bis zum Höchstbetrag von EUR 60.000.

...

Das Recht zur Inanspruchnahme dieser Garantie kann ausschließlich auf [die Beklagte] übertragen werden.

...

Unser Kunde hat uns sämtliche Bereicherungs-
und Schadenersatzansprüche, die ihm im Falle der ungerechtfertigten Inanspruchnahme der Garantie gegen Sie [den Nebenintervenienten] zustehen, abgetreten.“

Der Nebenintervenient trat umgehend das Recht zur Inanspruchnahme dieser Erfüllungsgarantie an die Beklagte ab. Nachdem es bei den vom Nebenintervenienten und der Subunternehmerin zu verrichtenden Arbeiten zu Verzögerungen gekommen war, erklärte die Beklagte im Oktober 2017 den Rücktritt vom Vertrag mit dem Nebenintervenienten, der seinerseits am 17. 11. 2017 vom Vertrag mit der Subunternehmerin zurücktrat. Die Beklagte hatte am 16. 11. 2017 die Garantie über 70.000 EUR abgerufen und nahm am 29. 11. 2017 auch die Erfüllungsgarantie der Klägerin in Anspruch. Nachdem die Subunternehmerin dem Nebenintervenienten im November 2017 eine (rückdatierte) Schlussrechnung über [richtig] 237.108,83 EUR gelegt hatte, erklärte der Rechtsvertreter des Nebenintervenienten dem Rechtsvertreter der Subunternehmerin mit Schreiben vom 1. 12. 2017 unter anderem, dass von seinem Mandanten unter der Voraussetzung der Mangelfreiheit der erbrachten Leistungen nach einer bereits geleisteten Zahlung von 36.000 EUR ein weiterer Betrag von zumindest 60.000 EUR zu leisten sei. Obwohl die Subunternehmerin der Beklagten gegenüber der Inanspruchnahme der Bankgarantie widersprach, ließ sich letztere den abgerufenen Betrag von 60.000 EUR von der Klägerin überweisen.

Die Klägerin begehrt nun – auch unter Hinweis auf die ihr von der Subunternehmerin (als Auftraggeberin der Garantie) abgetretenen Ansprüche – die Rückzahlung dieses Betrags, weil der Abruf der Garantie „rechtsmissbräuchlich und unberechtigt“ erfolgt sei. Die Beklagte behaupte wider besseres Wissen, dass die Subunternehmerin ihre Verpflichtungen aus dem Werkvertrag mit dem Hauptunternehmer nicht zur gehörigen Zeit und auch nicht in der bedungenen Weise erfüllt habe. Der Hauptunternehmer habe schriftlich bestätigt, dass der Subunternehmerin für ihre Leistungen ein Entgelt von zumindest 60.000 EUR zustehe; diese habe also gegenüber dem Hauptunternehmer jedenfalls eine 60.000 EUR übersteigende Forderung gehabt. Zwischenzeitig habe der Hauptunternehmer abseits der geleisteten Zahlung von 36.000 EUR einen Betrag von insgesamt 141.000 EUR anerkannt. Behauptete Mängel seien zum Teil bereits behoben worden und gründeten zum Teil darauf, dass die Arbeiten nach dem unberechtigten Vertragsrücktritt der Beklagten nicht mehr fortgesetzt worden seien. Die durch die Abtretung der Rechte aus der Erfüllungsgarantie an sie zur Begünstigten gewordene und daher passivlegitimierte Beklagte habe – wie der Hauptunternehmer gegenüber der Subunternehmerin – keine offenen Forderungen. Eine Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Leistung sei gemäß ständiger Rechtsprechung zwischen Leistendem und Leistungsempfänger vorzunehmen, weswegen der Rückforderungsanspruch dem Garantieauftraggeber zustehen müsse.

Der als Nebenintervenient auf Seiten der Klägerin beigetretene Hauptunternehmer brachte vor, die Verzögerungen hätten auf Änderungswünschen beruht. Die Bauherrin habe im Verhältnis zu ihm bereits mehrere Erfüllungsgarantien abgerufen und daraus insgesamt einen Betrag von 190.000 EUR lukriert, obwohl im Werkvertrag ein Höchstbetrag von 130.000 EUR vereinbart worden sei. Die Baumeisterleistungen seien gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß erbracht worden; soweit sie nicht erbracht worden seien, sei dies auf den unberechtigten Vertragsrücktritt zurückzuführen.

Die Beklagte hielt dagegen, dass sowohl der Hauptunternehmer wie auch die Subunternehmerin ihren Verpflichtungen aus dem Werkvertrag nicht zur gehörigen Zeit und auch nicht auf die bedungene Weise nachgekommen seien. Diese Umstände hätten sie zum Vertragsrücktritt veranlasst. Ihr stehe gegenüber dem Hauptunternehmer aufgrund mangelhafter Leistungen beim Gewerk der Subunternehmerin zumindest ein Anspruch von 60.000 EUR zu. Dieser Anspruch sei durch die Inanspruchnahme der Bankgarantie abgedeckt worden, der Abruf aufgrund zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme bestehender Mängel zu Recht erfolgt und Rechtsmissbrauch nicht vorgelegen. Der Hauptunternehmer habe ihr auch lediglich das Recht zur Inanspruchnahme der Bankgarantie abgetreten, „nicht jedoch seine Verpflichtungen gegenüber der Subunternehmerin“. Der abstrakten Zahlungsverpflichtung aus der Erfüllungsgarantie könnten keinerlei Einwendungen und Einreden aus dem Kausalverhältnis (Valutaverhältnis) entgegengesetzt...

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