Entscheidungs 2Ob185/03z. OGH, 01-09-2005

ECLIECLI:AT:OGH0002:2005:0020OB00185.03Z.0901.000
Judgement Number2Ob185/03z
Record NumberJJT_20050901_OGH0002_0020OB00185_03Z0000_000
Date01 Septiembre 2005
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter Schulyok, Rechtsanwalt, Mariahilfer Straße 50, 1070 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K***** Gesellschaft mbH, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, 1030 Wien, Radetzkystraße 2, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, wegen EUR 1,191.957,81 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. April 2003, GZ 3 R 176/02b-13, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. Juni 2002, GZ 22 Cg 91/01b-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.756,31 (darin enthalten EUR 626,05 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der K***** GesmbH wurde am 13. 6. 2000 der Konkurs eröffnet; der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt. Mit Überweisung vom 2. 6. 2000, eingelangt am 5. 6. 2000 überwies die Gemeinschuldnerin an Umsatzsteuer für April 2000 S 13,476.958,-- und an Lohnabgaben für Mai 2000 S 2,924.739, wovon S 1,900.183,-- auf Lohnsteuer, S 918.503,-- auf den Dienstgeberbeitrag sowie S 106.053,-- auf den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag entfielen. Seit dem 20. 5. 2000 wurden in allen namhaften Zeitungen Österreichs Berichte über die prekäre finanzielle Situation der späteren Gemeinschuldnerin veröffentlicht. Gegenüber der Beklagten hat die Gemeinschuldnerin bis zur Konkurseröffnung stets pünktlich bezahlt und war daher unauffällig. Die massive Medienberichterstattung veranlasste die Beklagte nicht zu Nachforschungen über eine allfällige Insolvenz der späteren Gemeinschuldnerin.

Der Kläger ficht diese Zahlungen aus den Anfechtungstatbeständen der §§ 28 Z 1 und 2, 30 Z 1 und 3 und schlüssig § 31 Abs 1 Z 2 KO an und begehrt Rückzahlung an die Masse. Die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin hätten die Aussichtslosigkeit der Sanierungsbemühungen erkannt und die am 15. 6. 2000 fällig gewordene Zahlung bereits am 2. 6. 2000, somit 13 Tage vor Fälligkeit in Benachteiligungsabsicht geleistet. Ihnen sei die prekäre Situation der Gemeinschuldnerin bekannt und die Benachteiligungsabsicht bewusst gewesen. Sie hätten mit der Zahlung ihre Haftung als Geschäftsführer abwenden wollen. Die Beklagte hätte durch die intensive Medienberichterstattung Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und der Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin gehabt bzw haben müssen. Daraus hätte sie auch erkennen können, dass den zahlreichen anderen Gläubigern bloß quotenmäßige Befriedigung angeboten worden sei, während sie Vollzahlung erhalten habe. Hätte die Beklagte Nachforschungen beispielsweise beim Kreditschutzverband angestellt, hätte sie von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung der Gemeinschuldnerin Kenntnis erlangt.

Die Beklagte stellte die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin am Tag der Zahlung außer Streit, wendete aber ein, davon keine Kenntnis gehabt zu haben und beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete weiters ein, Medienberichte seien keine verlässliche Quelle für eine allfällige Insolvenz eines Unternehmens. Die Gemeinschuldnerin habe alle Forderungen pünktlich beglichen und sei daher unauffällig gewesen. Die um einige Tage verfrühte Zahlung sei kongruent, weil der geschuldete Betrag am Fälligkeitsdatum auf dem Konto der Beklagten eingelangt sein müsse. Die Abfuhr von Lohnsteuer sei nicht anfechtbar. Eine Verständigung des Kreditschutzverbandes von der wirtschaftlichen Lage der Gemeinschuldnerin sei der Beklagten vor dem 5. 6. 2000 nicht zugegangen; jedenfalls hätten die mit der Sache betrauten Mitarbeiter der Beklagten (die Bediensteten des zuständigen Finanzamtes) sie nicht erhalten.

Das Erstgericht gab dem Anfechtungsbegehren mit EUR 1,053.866,10 sA statt und wies ein Mehrbegehren von EUR 138.091,68 sA ab.

Es hat zahlreiche Zeitungsartikel, die im Zeitraum 20. bis 29. 5. 2000 erschienen waren, in Fotokopie dem Urteil angeschlossen und zum Urteilsinhalt erklärt. Daraus sind beispielsweise folgende Überschriften zu erwähnen:

„K*****-Kette vor dem finanziellen Aus"; „K***** rennt ums Leiberl: Chance für Sanierung ist „klitzeklein", „Strip-Poker um K*****;" „K***** nacktes Elend"; „Streit um K*****-Sanierung"; K*****: Ohne Millionen-Kapitalspritze droht die Insolvenz; „Weiter Zittern um K*****: „Der Zustand ist unerträglich"; K*****: Kreditschützer mahnen zur Eile; „K***** am Abgrund"; „K***** droht nun die Schließung".

Die Beklagte hat am 5. 5. 2000 die Bilanz der Gemeinschuldnerin zum 31. 1. 1998 erhalten, aus der sich ein positives Eigenkapital von S 164,668.096,42 ergibt. Eine vertrauliche Insolvenzliste vom 29. 5. 2000, worin von intensiven Bemühungen der späteren Gemeinschuldnerin um eine außergerichtliche Sanierung die Rede war, wurde an diesem Tag auf dem Postweg an alle Mitglieder des Kreditschutzverbandes, also auch an die Beklagte, versandt. Im Bundesministerium für Finanzen langte diese Insolvenzliste noch vor dem 5. 6. 2000 ein, Mitarbeitern der Einbringungsstelle des Finanzamtes für den 23. Bezirk war dieses Schreiben aber unbekannt. Hätte man am 2. 6. 2000 beim Alpenländischen Kreditorenverband angerufen, hätte man die Auskunft erhalten, dass die Gemeinschuldnerin insolvent sein...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT