Entscheidungs 2Ob59/19v. OGH, 29-06-2020

ECLIECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00059.19V.0629.000
Date29 Junio 2020
Record NumberJJT_20200629_OGH0002_0020OB00059_19V0000_000
Judgement Number2Ob59/19v
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei J*****, vertreten durch Berlin & Partner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die erstbeklagte und widerklagende Partei E***** M*****, vertreten durch SchneideR´S Rechtsanwalts-KG in Wien, und die zweitbeklagte Partei H***** M*****, wegen 1. (Klage AZ 2 Cg 95/17w) Einwilligung in die Löschung eines Vorkaufsrechts (Streitwert 2.100.000 EUR) und 2. (Widerklage AZ 2 Cg 30/18p) Rechnungslegung sowie Unterfertigung eines Kaufvertrags (Streitwert 40.000 EUR), über die Revision und den Rekurs der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2018, GZ 2 R 148/18z-45, womit infolge Berufung der erstbeklagten und widerklagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14. August 2018, GZ 2 Cg 95/17w-34, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landesgerichts Salzburg vom 23. August 2018, GZ 2 Cg 95/17w-36, im führenden Verfahren AZ 2 Cg 95/17w abgeändert und im verbundenen Verfahren AZ 2 Cg 30/18p aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. im führenden Verfahren (2 Cg 95/17w) zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 5.369,59 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 894,93 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

II. im verbundenen Verfahren (2 Cg 30/18p) den Beschluss gefasst:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe

und

Begründung:

Die Mutter der Erstbeklagten und Widerklägerin (in der Folge: Erstbeklagte) und der Zweitbeklagten war niederländische Staatsbürgerin und verstarb am ***** 1974 in den Niederlanden (in der Folge: Erblasserin). Aufgrund des von der Erblasserin am 19. 4. 1974 in Form eines niederländischen Notariatsakts errichteten Testaments wurden ihrem Sohn, dem Bruder beider Beklagten (in der Folge: Erbe), in einem in Österreich geführten Verlassenschaftsverfahren als Erben der in Österreich gelegene unbewegliche Nachlass – darunter auch die streitgegenständliche Liegenschaft EZ ***** – eingeantwortet. Die klagende Partei ist eine liechtensteinische Privatstiftung.

Das Testament der Erblasserin lautet auszugsweise:

„Viertens:

Wenn meine Kinder sich nicht einig sind, meine Liegenschaften in Österreich zu verkaufen, vermache ich gegen Einbringung in meine Verlassenschaft eines Betrages von 450.000,00 Gulden […] für soweit möglich durch Verrechnung des besagten Betrages mit ihrem Erbteil an meinen Sohn [...], bei seiner Abwesenheit oder wenn er dieses Legat nicht antreten will, dann an meine Tochter [Anm: Erstbeklagte] und im Fall auch ihrer Abwesenheit oder wenn sie dieses Legat nicht antritt, dann an meine Tochter [Anm: Zweitbeklagte], all meine in Österreich befindlichen Liegenschaften, […] belastet mit lebenslanger Nutznießung zugunsten meines Ehegatten […] und […] mit der Belastung, diesen legatierten Besitz bei später beabsichtigten Veräußerung zuerst meinen anderen Kindern in der Reihenfolge ihres Alters anzubieten. Dieses Angebot hat zum Preis der vorerwähnten 450.000 Gulden zu erfolgen und erhöht [sich] mit den durch den Legatar mittlerweile ausgegebenen Beträgen für Erhaltung oder Verbesserung der betreffenden Güter, inklusive der Kosten für Versicherungen, jedoch mit Ausnahme der Kosten für Steuern, Jagdpacht, Löhne an Personal usw.

Sollten die anderen Kinder von diesem Angebot keinen Gebrauch machen wollen, wozu sie sich innerhalb von drei Monaten nach dem ihnen gemachten Angebot bekennen sollen, so dürfen die betreffenden Güter an dritte Personen verkauft werden.

Der Mehrertrag über den vorbesagten 'Anbotspreis' wird dann zu gleichen Teilen unter den drei Kindern verteilt werden […].

[…]

Das vorerwähnte Legat wird durch mich gemacht unter der Bedingung:

a) Für den Fall, [dass] der Erwerber/die Erwerberin gesetzliche Nachkommen […] zurücklässt, dieses Legat zu bewahren und bei/seinem Ableben diesen gesamten Nachkommen zuzuwenden, wobei ich den Anwärtern dieses Fideikommisses die Verpflichtung auferlege, das Gut bei beabsichtigter Veräußerung in der gleichen Weise meinen anderen Kindern anzubieten und bei ihrer Abwesenheit oder Nichtübernahme deren Nachkommen […] wie es vorstehend hinsichtlich meiner Kinder bestimmt worden ist;

b) für den Fall, [dass] der Erwerber/die Erwerberin keine gesetzlichen Nachkommen […] zurücklässt, alles, was er/sie davon unveräußert und unverbraucht bei seinem/ihrem Hinscheiden zurücklassen sollte, meiner ältesten bzw. jüngsten Tochter, und bei Abwesenheit oder Nichtübernahme wiederum deren jeweiligen Nachkommen, wie obenstehend bestimmt worden ist, zuzuwenden.

Ich bestimme, dass in beiden unter a) und b) genannten Fällen der belastete Vermächtnisnehmer nicht durch Schenkung über das also durch ihn/sie Erworbene wird verfügen dürfen […].“

Der Erbe bevollmächtigte seinen Vater und bat ihn um Unterstützung bei der Umsetzung des Testaments. Dieser konsultierte einen Rechtsanwalt in Österreich, der ihnen mitteilte, dass es sich bei der Anordnung im Testament wohl um ein Vorkaufsrecht handle und dieses im Grundbuch eingetragen werden könne. Nachdem ihm sein Vater auf Nachfrage nochmals bestätigt hatte, dass der Rechtsanwalt sein vollstes Vertrauen genieße, hegte der Erbe keine weiteren Zweifel an der Kompetenz des Rechtsanwalts und an der Richtigkeit dieses Vorgehens.

Der Rechtsanwalt führte die Abhandlung als Machthaber des Erben im Eingabenweg durch. Seine Schlussanträge lauteten nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen der klagenden Partei und der von ihr zum Beweis dafür vorgelegten Urkunde ./J auszugsweise wie folgt:

„Nach der letztwilligen Verfügung der Erblasserin vom 19. 4. 1974, welcher niederländisches Recht zugrundegelegt ist, ergibt sich nach Vergleich mit der Rechtslage in Österreich, dass es der Wille der Erblasserin ist, den in Österreich gelegenen unbeweglichen Nachlass dem erbl. Sohn […] zu vermachen. Es ergibt sich aus dem Testament aber weiters, dass der erbl. Sohn den in Österreich gelegenen unbeweglichen Nachlass seinen Nachkommen (Seite 4 des Testamentes) zu erhalten hat und dass schließlich für den Fall des beabsichtigten Verkaufes der abhandlungsgegen-ständlichen Liegenschaften diese den Schwestern des erbl. Sohnes (Töchter der Erblasserin) zunächst zum Kauf anzubieten sind (Seite 3 des Testamentes).

Der im Testament zum Ausdruck kommende Wille der Erblasserin ginge an sich dahin, ein Fideikommiß zu begründen, was aber mit der österreichischen Rechtslage nicht in Einklang zu bringen ist.

Dem Willen der Erblasserin einerseits und der Rechtslage nach dem ABGB andererseits entspricht daher am ehesten folgende Regelung:

a) Einantwortung des in Österreich gelegenen unbeweglichen Nachlasses der Erblasserin dem erbl. Sohn […] aufgrund der von diesem abgegebenen unbedingten Erbserklärung;

b) Einverleibung des Veräußerungsverbotes ob den abhandlungsgegenständlichen Liegenschaften zugunsten des bisher einzigen ehelichen Kindes des Erben, dies ist also zugunsten […]

c) Einverleibung des Vorkaufsrechtes ob den abhandlungsgegenständlichen Liegenschaften zugunsten der erbl. Töchter (Schwestern des Erben) [...].“

Das Verlassenschaftsgericht erließ eine diesem Antrag entsprechende Einantwortungsurkunde. Im Jahre 1977 wurde der Erbe aufgrund dieser Einantwortungsurkunde im Grundbuch als Eigentümer der Liegenschaften eingetragen und für beide Beklagte ein (nicht weiter bestimmtes) Vorkaufsrecht intabuliert. Mit der Eintragung des Vorkaufsrechts zu einem bestimmten fixierten Preis wäre der Erbe nicht einverstanden gewesen. Die durch einen Notar an ihn herangetragene Forderung der Erstbeklagten, das Testament der verstorbenen Mutter genau umzusetzen, lehnte der Erbe ab.

Im Jahr 1988 entschloss sich der Erbe zur Gründung der klagenden und widerbeklagten Partei (in der Folge: klagende Partei), um die anfallende Erbschaftssteuer in Österreich zu umgehen. Dies war auch der einzige Grund für die mit Vertrag vom 25. 8. 1988 erfolgte Schenkung (ua) der klagsgegenständlichen Liegenschaft an die klagende Partei. Der Schenkungsvertrag wurde vom Erben sowohl als Geschenkgeber als auch als „Inhaber“ der klagenden Partei für diese unterzeichnet. Im Jahr 2000 wurde das Eigentumsrecht der klagenden Partei im Grundbuch einverleibt.

Seit dem Jahr 2017 verfügt der Erbe über eine Vollmacht der klagenden Partei zur Erledigung bestimmter Angelegenheiten, darunter jene der in Österreich gelegenen Liegenschaften. Am 26. 1./31. 1. 2017 veräußerte die klagende Partei die Liegenschaft EZ ***** an die bisherige Pächterin, eine GmbH, um einen Kaufpreis von 2.100.000 EUR. Mit Schreiben vom 19. 4. 2017 verständigten die Vertragserrichter namens der Käuferin die Beklagten von dem Kaufvertrag unter Anschluss desselben und dem Angebot, das Vorkaufsrecht binnen einer Frist von 30 Tagen ab Erhalt des Schreibens zu den Bedingungen des Vertrags einzulösen. Die Erstbeklagte brachte in einem Schreiben vom 19. 5. 2017 zum Ausdruck, dass sie von ihrem Vorkaufsrecht grundsätzlich nur zu den im Testament vorgesehenen Bedingungen Gebrauch machen wolle. Sie führte an, dass der anteilige Einlösepreis für die gegenständliche Liegenschaft 40.000 EUR zuzüglich der laut Testament hinzuzuschlagenden Kosten betrage. Zudem erklärte sie, diesen Betrag entsprechend nachzubessern, sofern der Gesamtkaufpreis 450.000 EUR nicht übersteige. Der von der Erstbeklagten angebotene Preis entsprach nicht dem Drittkäuferpreis und ist dieser auch bisher nicht geleistet worden.

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens anerkannte die Zweitbeklagte das Klagebegehren, unterfertigte eine Löschungserklärung und beantragte die Löschung ihres eingetragenen...

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