Entscheidungs 2Ob89/13x. OGH, 28-03-2014

ECLIECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00089.13X.0328.000
Date28 Marzo 2014
Judgement Number2Ob89/13x
Record NumberJJT_20140328_OGH0002_0020OB00089_13X0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** M*****, und 2. E***** M*****, vertreten durch Dr. Karl-Peter Hasch, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagten Parteien 1. J***** H*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, und 2. W***** L*****, wegen 1. (beide beklagte Parteien) Nichtigkeit eines Vertrags (Streitinteresse: 54.500 EUR) und 2. (erstbeklagte Partei) Abgabe einer Willenserklärung (Streitinteresse: 5.500 EUR), über den Rekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2012, GZ 2 R 209/12s-42, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. September 2012, GZ 25 Cg 126/10h-38, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

I. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich Punkt 1. des Klagebegehrens aufgehoben und in der Sache selbst wird zu Recht erkannt, dass die Entscheidung über das Hauptbegehren einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils als Teilurteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren,

1. der zwischen den beklagten Parteien am 5. 12. 1995 geschlossene, mit dem Titel 'Tauschvertrag' bezeichnete Vertrag sei nichtig, und

2. die erstbeklagte Partei sei schuldig, Zug um Zug gegen Bezahlung eines Betrags von 60.000 EUR in die Einverleibung des Eigentumsrechts der klagenden Parteien ob der Liegenschaft EZ ***** einzuwilligen, wird abgewiesen.“

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

II. Im Übrigen, hinsichtlich des Eventualbegehrens, wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, die aus einem 1.374 m² großen Grundstück besteht. Im Grundbuch ist seit dem Jahr 1994 unter C-LNr 2a zugunsten beider Kläger und einer weiteren Person das Vorkaufsrecht einverleibt, das ihnen von der Zweitbeklagten, der Voreigentümerin der Liegenschaft, vertraglich eingeräumt worden war.

Der Erstbeklagte hatte im Jahr 1995 bei der Zweitbeklagten Interesse für den Ankauf der Liegenschaft bekundet und ihr ein Kaufanbot gestellt. Die Zweitbeklagte setzte die Kläger davon in Kenntnis, dass sie die Liegenschaft verkaufen wolle; sie habe ein Angebot von 1.600 S (116,28 EUR) pro m². Der Erstkläger bot die Zahlung eines höheren Betrags an, worauf die Zweitbeklagte erklärte, mit dem Erstbeklagten noch Verhandlungen führen zu müssen.

Aufgrund einer Idee des Erstbeklagten, der von dem Vorkaufsrecht wusste, schlossen die beiden Beklagten am 5. 12. 1995 einen Tauschvertrag. Tauschobjekte waren einerseits die mit dem Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft, andererseits 849/10.000 Anteile an der Liegenschaft EZ *****, mit welchem untrennbar das Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung verbunden war. Am selben Tag verkaufte die Zweitbeklagte der damaligen Ehefrau des Erstbeklagten die von ihr durch den Tausch erworbenen Liegenschaftsanteile um einen Kaufpreis von 875.000 S (63.588,73 EUR). Die Unterschriften unter den Vertragsurkunden wurden notariell beglaubigt. Der Tauschvertrag wurde nur bei der vom Erstbeklagten erworbenen Liegenschaft, der Kaufvertrag überhaupt nie grundbücherlich durchgeführt.

Als der Erstkläger etwa 14 Tage nach seinem Gespräch mit der Zweitbeklagten im Notariat anfragte, erhielt er die Auskunft, dass die Liegenschaft nicht verkauft, sondern getauscht und der Vorkaufsfall nicht ausgelöst worden sei. Im Jahr 2010 stellte der Klagevertreter aus Anlass eines Servitutsstreits Nachforschungen im Grundbuch an. Danach erklärte er den Klägern, dass der Tauschvertrag „bekämpfbar“ sei.

Mit ihrer am 9. 7. 2010 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrten die Kläger 1. den Ausspruch, dass der zwischen den Beklagten am 5. 12. 1995 geschlossene „Tauschvertrag“ nichtig sei, und 2. den Erstbeklagten schuldig zu erkennen, Zug um Zug gegen Bezahlung von 60.000 EUR, hilfsweise des zum Erwerb der Liegenschaft an die Zweitbeklagte bezahlten Betrags, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Kläger ob der Liegenschaft EZ ***** einzuwilligen.

Sie brachten vor, die Beklagten hätten tatsächlich keinen Tauschvertrag geschlossen, sondern nur diese Vertragsbezeichnung gewählt, um das Vorkaufsrecht der Kläger zu umgehen. Dies hätten sie erst im Jahr 2010 erfahren. Das angebliche Tauschobjekt (die Eigentumswohnung) habe damals maximal einen Wert von rund 825.000 S (60.000 EUR) repräsentiert, während die dem Erstbeklagten übertragene Liegenschaft 2.253.360 S (163.758 EUR) wert gewesen sei. Schon dieser eklatante Wertunterschied zeige, dass es sich beim „Tausch“ nur um ein Umgehungsgeschäft gehandelt habe. Der tatsächliche Preis, den der Erstbeklagte der Zweitbeklagten bezahlt habe, sei den Klägern nicht bekannt. Die Eigentumswohnung sei im Eigentum des Erstbeklagten verblieben. Erst im Zuge der Scheidung von seiner damaligen Ehefrau habe er dieser im Scheidungsfolgenvergleich vom 18. 4. 2000 das Eigentum an der Wohnung übertragen. Infolge Umgehung des Vorkaufsrechts sei der zwischen den Beklagten geschlossene Tauschvertrag sittenwidrig und nichtig, ebenso die Einverleibung des Eigentumsrechts des Erstbeklagten. Der weitere Vorkaufsberechtigte habe auf sein Vorkaufsrecht verzichtet und sei mit der Geltendmachung der daraus erfließenden Rechte durch die Kläger einverstanden.

Der Erstbeklagte wandte ein, wahrer Wille sei der Abschluss eines Tauschvertrags gewesen, weshalb der Vorkaufsfall nicht ausgelöst worden sei. Die Kläger hätten vor dem Tauschvertrag erklärt, auf ihr Vorkaufsrecht zu verzichten und sich diesen Verzicht von der Zweitbeklagten um 150.000 S „abkaufen“ lassen. Die Klage sei auch deshalb nicht berechtigt, weil die Kläger den von ihnen selbst mit 163.758 EUR bezifferten Einlösungspreis nicht erlegt hätten und der weitere Vorkaufsberechtigte nicht ebenfalls als Kläger auftrete.

Der in Griechenland wohnhaften Zweitbeklagten wurde die Klage samt Auftrag zur Klagebeantwortung zugestellt. Eine Klagebeantwortung wurde nicht erstattet. Die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts wurde nicht angezeigt. Das Erstgericht verfügte mehrfach die Ladung der Zweitbeklagten zur Parteienvernehmung (zu der sie nicht erschien), nicht aber ihre Ladung als Partei.

Das Erstgericht gab Punkt 1. des Klagebegehrens (Nichtigkeit des Tauschvertrags) statt und wies das zu Punkt 2. gestellte Hauptbegehren (Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts Zug um Zug gegen Zahlung von 60.000 EUR) ab. Über das Eventualbegehren entschied es wie folgt:

3. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, sofern die klagenden Parteien binnen 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Urteils die Bezahlung jenes Betrags tatsächlich anbieten, der zum Erwerb des Grundstücks […] an die zweitbeklagte Partei bezahlt wurde, Zug um Zug gegen Bezahlung dieses Betrags in die Einverleibung des Eigentumsrechts der klagenden Parteien ob der Liegenschaft […] einzuwilligen.

4. Das Begehren auf bloßen Zuspruch ohne Einschränkung, dass die Verpflichtung nur bei tatsächlichem Anbot binnen 30 Tagen ab Rechtskraft des Urteils zu erfolgen hat, wird abgewiesen.

Es ging vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und traf noch folgende wesentliche Feststellungen:

Den Klägern wurde ein Kaufvertrag nie zur Einlösung angeboten. Sie wurden auch nicht aufgefordert, einen konkreten Kaufpreis zu zahlen. Die Kläger erklärten nie gegenüber dem Erstbeklagten, auf die Ausübung des Vorkaufsrechts verzichten zu wollen. Der wahre Wille des Erstbeklagten war nicht, die Liegenschaftsanteile zu tauschen, sondern es sollte mit dem Tauschvertrag das Vorkaufsrecht umgangen werden. Wahrer Wille des Erstbeklagten war, das klagsgegenständliche Grundstück von der Zweitbeklagten um den Kaufpreis von 875.000 S zu kaufen, wobei sich die beiden Beklagten darin einig waren. Für beide war klar, dass die Ehefrau des Erstbeklagten die Wohnung zurückkaufen würde. Der weitere Vorkaufsberechtigte hat kein Interesse, das Vorkaufsrecht auszuüben. Er ist der Meinung, dass ihm nach der wirtschaftlichen Trennung von den Klägern ein solches Recht nicht mehr zukommt.

Rechtlich gelangte das Erstgericht zu der...

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