Entscheidungs 2Ob91/16w. OGH, 20-06-2017

ECLIECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00091.16W.0620.000
Date20 Junio 2017
Judgement Number2Ob91/16w
Record NumberJJT_20170620_OGH0002_0020OB00091_16W0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Veith, die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die Hofräte Dr. Musger und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. E***** P*****, vertreten durch Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. P***** P***** und 2. Mag. E***** P*****, vertreten durch Dr. Franz Bixner jun, Rechtsanwalt in Wien, wegen 871.194 EUR (Revisionsinteresse 575.380,74 EUR) sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Dezember 2015, GZ 15 R 200/15i-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. September 2015, GZ 18 Cg 55/13k-45, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.

I. Das angefochtene Urteil, das hinsichtlich der Abweisung eines Teilbegehrens von 295.813,26 EUR sA gegenüber der erstbeklagten Partei und von 20.250,25 EUR sA gegenüber der zweitbeklagten Partei als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird teilweise bestätigt, sodass es als Teilurteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei restliche 575.380,74 EUR, hievon 565.323,75 EUR zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei, samt 4 % Zinsen seit Klagsbehändigung zu bezahlen, wird im Umfang von 564.256,48 EUR samt 4 % Zinsen ab Klagsbehändigung abgewiesen.“

Die Entscheidung über die auf dieses Teilbegehren entfallenden Verfahrenskosten bleibt dem Endurteil vorbehalten.

II. Im Übrigen, hinsichtlich der Abweisung eines weiteren Teilbegehrens von 11.124,26 EUR sA gegenüber der erstbeklagten Partei und von 565.323,75 EUR sA gegenüber der zweitbeklagten Partei werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die hierauf entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und der Erstbeklagte sind die Kinder der im Jahr 1930 geborenen und am 31. 10. 2012 verstorbenen H***** P*****. Die Zweitbeklagte ist die Ehefrau des Erstbeklagten. Im Testament der Erblasserin vom 24. 3. 2011 wurden der Erstbeklagte als Alleinerbe eingesetzt und die Klägerin als Pflichtteilsberechtigte genannt. Mit Einantwortungsbeschluss des Verlassenschaftsgerichts vom 26. 4. 2013 wurde der Nachlass dem Erstbeklagten eingeantwortet. Der reine Nachlass abzüglich der Masse- und Verfahrenskosten belief sich auf 22.248,52 EUR, davon erhielt die Klägerin ein Viertel als Nachlasspflichtteil, das sind 5.562,13 EUR.

Die Erblasserin war zu Lebzeiten sehr vermögend. Gemeinsam mit ihrem Anfang der 1980er Jahre verstorbenen Ehemann hatte sie erfolgreich ein Handelsunternehmen, die Dr. A***** GmbH, betrieben. Ab dem Jahr 1983 war der Erstbeklagte Geschäftsführer der GmbH. Die Erblasserin ging etwa 1985 in Pension und finanzierte ihren gehobenen Lebensstandard ab dann ua durch Vermietung und gelegentlich auch Verkauf ihrer durch das Familienunternehmen erwirtschafteten Liegenschaften.

In den 1970er Jahren hatte die Erblasserin in einer Gründerzeitvilla, dem Haus L***** in Wien 13, die Wohnungen W 2 bis W 4 im Mezzanin und die Wohnung W 7–8 im zweiten Stock erworben. In der rund 344 m² großen Wohnung W 7–8 wohnte die Familie, dort befand sich auch das 130 m² große Büro und der Sitz der GmbH. Es war der Wunsch der Erblasserin gewesen, ihre Familie in dem Haus L***** zusammenzuhalten, was wegen wachsender Unstimmigkeiten mit der Klägerin aber nicht gelang.

Im Einzelnen tätigte die Erblasserin folgende Liegenschaftstransaktionen:

1. Im Jahr 1982 schenkte sie der Klägerin die nötigen Mittel zum Ankauf und zur Renovierung einer Wohnung in Wien 8, Le*****, und zwar je ca 225.000 EUR, insgesamt daher ca 450.000 ATS (= 32.703 EUR).

2. Mit Schenkungsvertrag vom 15. 3. 1988 übertrug sie dem Erstbeklagten anlässlich dessen Eheschließung mit der Zweitbeklagten die aus drei Zimmern bestehende Wohnung W 4, wo dann die Beklagten mit ihren Kindern wohnten.

3. Mit Schenkungsvertrag vom 7. 6. 1991 schenkte die Erblasserin der Klägerin die Wohnung W 3, die ursprünglich zwei Zimmer gehabt hatte.

4. Davor wurde von dieser Wohnung jedoch ein 30 m² großes Zimmer abgetrennt und mit Schenkungsvertrag vom 29. 5. 1991 der dem Erstbeklagten gehörigen Wohnung W 4 zugeschlagen. Seither hat die Wohnung W 4 eine Wohnfläche von 174 m², die Wohnung W 3 war im Zeitpunkt der Schenkung an die Klägerin 63 m² groß.

5. Mit Schenkungsvertrag vom 25. 10. 1994 schenkte die Erblasserin der Klägerin anlässlich deren erster Eheschließung die Wohnung W 2 mit einer Wohnfläche von 86 m², die in der Folge mit der Wohnung W 3 zusammengelegt wurde. Nach Scheidung und Wiederverheiratung etwa ein Jahr nach ihrer ersten Hochzeit verließ die Klägerin diese Wohnung und vermietete sie.

6. Mit Notariatsakt vom 30. 4. 1999 schenkte die Erblasserin der Zweitbeklagten, zu der sie ein ausgezeichnetes Verhältnis hatte und von der sie sich im Alter Pflege erhoffte, die Wohnung W 7–8 sowie die Garage mit vier Stellplätzen. Der Notariatsakt enthielt in „Zweitens“ folgenden „Vorbehalt“:

„1) Der Geschenkgeber behält sich an den vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteilen die höchstpersönliche Dienstbarkeit des lebenslangen und unentgeltlichen Fruchtgenusses vor.

Dem Geschenkgeber stehen also weiterhin die gesamten Mieteinnahmen aus den teilweise als Büro an die [GmbH] vermieteten Flächen der W 7–8 sowie des Stellplatzes und die Benützung von zwei Stellplätzen in der Garage zu.

2) Weiters räumt der Geschenknehmer dem Geschenkgeber sowie auch dem Ehegatten des Geschenknehmers [Erstbeklagter] das Belastungs- und Veräußerungsverbot in Ansehung der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile ein […]

3) Der Geschenkgeber erklärt, aus der W 7–8 auszuziehen, dies unter dem Vorbehalt, daß dem Geschenkgeber dessen Sohn [Erstbeklagter], welcher der Ehegatte der Geschenknehmerin ist, an den diesem gehörigen, unter Grundbuchsstand b) näher bezeichneten Liegenschaftsanteilen [Wohnung W 4], das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht einräumt.

[Der Erstbeklagte] räumt sohin der [Erblasserin] in Ansehung der ihm gehörigen, unter Grundbuchsstand b) näher bezeichneten Liegenschaftsanteilen, verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top Nummer 4, das zu deren Gunsten grundbücherlich sicherzustellende höchstpersönliche, lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an allen Räumlichkeiten dieser Wohnung […] ein.“

In der Folge übersiedelten die Beklagten mit ihren Kindern aus der Wohnung W 4 in die Wohnung W 7–8 und die Erblasserin in die Wohnung W 4, wobei sie einen Großteil der Möbel und Einrichtungsgegenstände aus der Wohnung W 7–8 mitnahm; lediglich eine Kommode und eine Vitrine verblieben in der Wohnung W 7–8. Der Wunsch zum Wohnungstausch stammte von der Erblasserin.

7. Im Jahr 1999 schenkte die Erblasserin der Klägerin 130.000 ATS (= 9.447 EUR), die ihr „im Wege der Dr. A***** GmbH“ zuflossen.

8. Mit vollstreckbarem Notariatsakt vom 28. 6. 2000 kaufte die Erblasserin von der Klägerin die Wohnung W 2–3 um einen Kaufpreis von 3,9 Mio ATS (= 283.424,05 EUR) zurück, nachdem die Klägerin die Veräußerung an familienfremde Interessenten angestrebt hatte, wozu die Erblasserin ihre aufgrund des Belastungs- und Veräußerungsverbots erforderliche Zustimmung jedoch verweigerte. 2 Mio ATS wurden anlässlich der Vertragserrichtung an die Klägerin gezahlt, der Rest von 1,9 Mio ATS wurde hypothekarisch sichergestellt.

9. Mit Notariatsakt vom 21. 8. 2000 schenkte die Erblasserin der Zweitbeklagten die Wohnung W 2–3. Die Beweggründe waren dieselben wie schon bei der Schenkung im Jahr 1999. Wieder wurden ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Erblasserin und des Erstbeklagten sowie ein lebenslanges unentgeltliches Fruchtgenussrecht zugunsten der Erblasserin vereinbart. Bezüglich der bei der Wohnung W 2 pfandrechtlich sichergestellten Zahlungsverpflichtung erklärte die Erblasserin, die Zweitbeklagte klag- und schadlos zu halten.

10. Um den Rückkauf der Wohnung W 2–3 finanzieren zu können, hatte die Erblasserin mit Kaufvertrag vom 15. 6. 2000 eine Ferienwohnung in B***** an den Erstbeklagten verkauft. Der Kaufpreis betrug 1,2 Mio ATS, wovon der Erstbeklagte zunächst 1,1 Mio ATS zahlte.

11. Am 18. 6. 2001 verkaufte die Erblasserin dem Erstbeklagten eine Eigentumswohnung im Haus Z***** in Wien 14 um 800.000 ATS. Der Erstbeklagte zahlte diesen Kaufpreis zuzüglich der aushaftenden 100.000 ATS aus dem Vertrag vom 15. 6. 2000. Damit war die Erblasserin nun auch in der Lage, die restlichen 1,9 Mio ATS für die Wohnung W 2–3 an die...

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