Entscheidungs 2Ob98/17a. OGH, 22-03-2018

ECLIECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00098.17A.0322.000
Record NumberJJT_20180322_OGH0002_0020OB00098_17A0000_000
Judgement Number2Ob98/17a
Date22 Marzo 2018
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. K***** W*****, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Verlassenschaft nach K***** W*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Ernst Sutter, Rechtsanwalt in Linz, 2. W***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Hengstschläger Lindner Rechtsanwälte GmbH in Linz und Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, 3. C***** S*****, vertreten durch Sparlinek Piermayr Prossliner Rechtsanwälte KG in Linz, 4. Ing. C***** W*****, vertreten durch Hengstschläger Lindner Rechtsanwälte GmbH in Linz, 5. R***** W*****, vertreten durch Sparlinek Piermayr Prossliner Rechtsanwälte KG in Linz, wegen 4.688.196,74 EUR sA, Rechnungslegung und Zahlung eines noch unbestimmten Betrags (Streitwert 30.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei und die Rekurse der klagenden Partei und der zweit- und der viertbeklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 15. Februar 2017, GZ 2 R 91/16i-55, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 30. März 2016, GZ 38 Cg 131/13x-44, teils bestätigt, abgeändert und aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Das Verfahren gegen die erstbeklagte Partei ist unterbrochen.

2. Dem Rekurs der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das gegen die drittbeklagte Partei erhobene Begehren auf Zahlung von 205.632 EUR sA wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, dass das dieses Begehren abweisende Urteil des Erstgerichts als Teilurteil wiederhergestellt wird. Hingegen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben, soweit er sich gegen den Aufhebungsbeschluss zu Punkt (a) des Auskunftsbegehrens gegenüber der dritt- und der fünftbeklagten Partei wendet.

3. Dem Rekurs der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben. Der zum Zahlungsbegehren von 2.923.205,15 EUR ergangene Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, dass das dieses Begehren abweisende Urteil des Erstgerichts als Teilurteil wiederhergestellt wird.

4. Dem Rekurs der viertbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

5. Die Revision der klagenden Partei wird, soweit sie sich gegen die Abweisung von Auskunfts- und unbestimmten Zahlungsbegehren gegen die zweit- bis fünftbeklagte Partei richtet, zurückgewiesen.

6. Die Kostenentscheidung bleibt in allen Punkten dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger macht Pflichtteilsansprüche nach seinem 2010 verstorbenen Vater geltend. Er klagt die
– während des Revisionsverfahrens eingeantwortete – Verlassenschaft (Erstbeklagte), eine vom Erblasser und dem Viertbeklagten errichtete Pivatstiftung (Zweitbeklagte), seine Geschwister (Drittbeklagte und Viertbeklagter) und die Witwe (Fünftbeklagte).

Folgender Sachverhalt ist unstrittig:

Der Erblasser betrieb bis 1989 als Einzelunternehmer eine Wäscherei. Als Unternehmensnachfolger war zunächst der Kläger als ältester Sohn vorgesehen. Diese Planung änderte sich in den 1980er Jahren, und es wurde der (damals noch minderjährige) Viertbeklagte als Nachfolger „aufgebaut“. Ab 1989 wurden drei Kommanditgesellschaften gegründet. Komplementär war bei allen drei Gesellschaften (zunächst) eine GmbH (idF: GmbH), deren Gesellschafter anfangs der Erblasser, die Fünftbeklagte und die Drittbeklagte waren; diese übertrug ihren Geschäftsanteil später dem Viertbeklagten. Die Komplementärin war bei den nachstehend genannten Kommanditgesellschaften nur „Arbeitsgesellschafterin“ mit einem Gewinnanteil im einstelligen Prozentbereich; sie war nicht an der Substanz beteiligt.

Zugleich mit der GmbH wurde 1989 eine erste Kommanditgesellschaft gegründet (idF: T. KG). Kommanditisten waren der Erblasser mit einer Kommanditeinlage von 900.000 ATS und der Viertbeklagte mit einer Einlage von 100.000 ATS. Der Erblasser brachte dafür sein Einzelunternehmen in diese Gesellschaft ein, der Viertbeklagte leistete die Einlage bar aus eigenen Mitteln. An der Substanz waren der Erblasser mit 90 % und der Viertbeklagte mit 10 % beteiligt. Mit 1. 7. 1991 wurde die Kommanditeinlage des Viertbeklagten auf 730.000 ATS erhöht. Dabei wurde vereinbart, dass der Viertbeklagte diese Einlage aus künftigen Erträgen erbringen werde. Nach dem neu gefassten Gesellschaftsvertrag sollten in Zukunft der Erblasser mit 52 % und der Viertbeklagte mit 48 % an der Substanz der Gesellschaft beteiligt sein, in Bezug auf stille Reserven sollte das aber nur insofern gelten, als sie nach dem 1. 3. 1991 begründet wurden.

Ebenfalls mit 1. 7. 1991 gründete die GmbH als Komplementärin und die T. KG als Kommanditistin eine weitere KG (idF: S. KG). Die nach dem Gesellschaftsvertrag voll eingezahlte Kommanditeinlage betrug 1 Mio ATS. Im Oktober 1995 traten in der S. KG der Erblasser und der Viertbeklagte im Weg der „Sonderrechtsnachfolge“ an die Stelle der bisherigen Kommanditistin T. KG, wobei ihre Einlagen 520.000 ATS bzw 480.000 ATS betrugen. Im November 1995 gründeten die GmbH als Komplementärin und der Erblasser und der Viertbeklagte als Kommanditisten eine dritte KG (idF M. KG), wobei die voll eingezahlten Einlagen wiederum 520.000 ATS bzw 480.000 ATS betrugen.

Ebenfalls 1995 entschieden der Erblasser und der Viertbeklagte, die Unternehmensanteile in eine Privatstiftung einzubringen. Zu diesem Zweck errichteten sie mit Stiftungserklärung vom 20. Dezember 1995 die Zweitbeklagte, wobei der Erblasser der Zweitbeklagten 1 Mio ATS und der Viertbeklagte 10.000 ATS widmete. Organe der Stiftung waren Vorstand, Beirat und Prüfer, Begünstigte waren der Erblasser, der Kläger und die Dritt-, der Viert- und die Fünftbeklagte. Ein Widerrufsrecht war nicht vorgesehen. Nach mehreren Änderungen enthielt die Stiftungserklärung 2002 unter anderem folgende Bestimmungen:

„IV. Stiftungszweck

1. Primärer Zweck der Stiftung ist die Sicherung des dauerhaften Bestandes der Unternehmensgruppe […] insbesondere der Erwerb und die Veräußerung von Gesellschafts- und Unternehmensanteilen sowie die Refinanzierung der Unternehmensgruppe.

Zur Erreichung dieses primären Zwecks der Stiftung sind insbesondere die der Stiftung zufließenden Gewinnansprüche in einem Ausmaß, welches den Verbindlichkeiten der Unternehmensgruppe gegenüber Banken entspricht (Bankverbindlichkeiten), in der Unternehmensgruppe zu belassen bzw., wenn sie entnommen werden sollten, wiederum für Zwecke der Unternehmensgruppe, z.B. in der Form von Darlehensgewährungen, nicht aber in der Form der Verpfändung für Bankverbindlichkeiten, zu verwenden.

Die Darlehensrückzahlungen sind dementsprechend wieder durch weitere Darlehensgewährungen oder Einzahlungen der Unternehmensgruppe zuzuführen, sodass sichergestellt ist, dass die in der Unternehmensgruppe erwirtschafteten Gewinne diese nicht verlassen.

Ausgenommen von dieser Verpflichtung der Stiftung, die ihr zustehenden Gewinnansprüche in der Unternehmensgruppe zu belassen, ist lediglich die jährliche Entnahme, so wie diese in der Stiftungszusatzurkunde geregelt ist. Vor der allfälligen Veräußerung von von der Zweitbeklagten gehaltenen Gesellschafts- und Unternehmensanteilen ist entweder die Zustimmung der die Unternehmensgruppe finanzierenden Banken einzuholen, oder aber es sind im Falle einer Nichtzustimmung die jeweiligen Kredite zurückzuführen.

Eine Änderung der vorstehenden Regelung betreffend Zustimmung der finanzierenden Banken zur Veräußerung von Gesellschafts- und Unternehmensanteilen sowie eine Änderung der Regelung der Stiftungsurkunde bzw. der Stiftungszusatzurkunde betreffend Erhöhung der Zuwendungen an Begünstigte ist nur im Falle der Zustimmung der die Unternehmensgruppe finanzierenden Banken oder aber im Falle der Nichtzustimmung nach erfolgter Rückführung der jeweiligen Kredite zulässig.

2. Wenn und solange es die Erfüllung des Stiftungszwecks gemäß Abs 1 zulässt, ist auch eine teilweise Versorgung der Begünstigten durch Zuwendung von Ausschüttungen aus dem Stiftungsvermögen vorzunehmen.

Zur Erfüllung dieses Stiftungszwecks kann im Rahmen der Stiftung ein gesonderter Vermögensstock eingerichtet werden.

Klargestellt wird, dass zur Erfüllung des Stiftungszwecks gemäß Abs 2 auch bei Bestehen von Bankverbindlichkeiten im Sinn des Abs 1, zweiter Satz, Ausschüttungen im Sinne der Regelungen der Stiftungszusatzurkunde sowie ausgewiesene Dotierungen eines gesonderten Vermögensstockes erfolgen können.

3. Zur Erreichung des Stiftungszweckes darf auch die Substanz des Stiftungsvermögens herangezogen werden.

4. Die Verwendung der verfügbaren Mittel der Stiftung im Sinne des Stiftungszweckes erfolgt über Beschluss des Stiftungsvorstandes, der über Vorschlag des Stiftungsbeirates Zuwendungen an den Begünstigten vornimmt, soweit dadurch nicht die Ansprüche von Gläubigern der [Zweitbeklagten] geschmälert werden.

V. Stiftungsbegünstigte

1. [...]

2. Die Höhe und Art der Zuwendungen von Stiftungsmitteln an die Begünstigten legt der Stiftungsvorstand über Vorschlag des Stiftungsbeirates fest.

3. Die Begünstigten haben keinen klagbaren Anspruch auf Zuwendungen aus dem Stiftungsvermögen.

VI. Dauer der Stiftung

Die Stiftung wird auf unbestimmte Zeit errichtet.

VIII. Stiftungsvorstand, Funktionsdauer

1. Der Stiftungsvorstand besteht aus drei Mitgliedern, die in Oberösterreich ihren Lebensmittelpunkt haben sollen und in Wirtschaftsangelegenheiten anerkannte Personen sein sollen.

2. Zu Mitgliedern des ersten Stiftungsvorstandes werden bestellt: [...]

Die Bestellung der künftigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes erfolgt durch den Stiftungsbeirat.

3. Die Mitglieder des ersten Stiftungsvorstandes wie auch künftig bestellte Vorstandsmitglieder sind jeweils für die Dauer von fünf Jahren...

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