Entscheidungs 3Ob121/12h. OGH, 17-10-2012

ECLIECLI:AT:OGH0002:2012:0030OB00121.12H.1017.000
Judgement Number3Ob121/12h
Date17 Octubre 2012
Record NumberJJT_20121017_OGH0002_0030OB00121_12H0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*****, USA, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei C*****, USA, vertreten durch Dr. Georg Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 18.500.000 EUR sA, über die Rekurse der betreibenden Partei (ON 63), der Ersterlagsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien (ON 65), der Drittschuldnerin B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Arnold Rechtsanwälte GmbH in Wien (ON 64), und des Einschreiters Dr. J*****, vertreten durch Dr. Obermayer Rechtsanwalt GmbH in Wien (ON 66), gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. April 2012, GZ 46 R 15/12i-60, womit infolge der Rekurse der betreibenden Partei, der verpflichteten Partei, der Republik Österreich, der Drittschuldnerin und des Dr. J***** der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. Dezember 2011, GZ 63 E 5255/04y-47, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I.1. Aus Anlass des Rekurses des Dr. J***** ON 66 wird der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben, soweit über den Rekurs des Dr. J***** ON 49 meritorisch entschieden wurde, und dieser Rekurs zurückgewiesen.

I.2. Die Rekursbeantwortung des Dr. J***** vom 14. Juni 2012 zum Rekurs der Ersterlagsgegnerin wird zurückgewiesen.

II. Der Rekurs der Drittschuldnerin wird zurückgewiesen.

III. Den Rekursen der betreibenden Partei und der Ersterlagsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Diese haben die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.

IV. Der Antrag der betreibenden Partei auf Zuspruch von Kosten für ihre Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Mit einstweiliger Verfügung (EV) gemäß § 144a StPO des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Juni 1998, GZ 24c Vr 5654/98-3, 243 Ur 4174/98a, abgeändert mit Beschlüssen vom 16. November 1998, und vom 21. Juni 1999, wurde dem Verpflichteten verboten, über alle Forderungen gegen die Drittschuldnerin, über die er unmittelbar oder mittelbar als Bevollmächtigter verfügungsberechtigt ist, zu verfügen (Punkt 1), und der Drittschuldnerin verboten, jede Verfügung über bei ihr befindliche Guthaben und Vermögenswerte im Sinne des Punktes 1) zu treffen, ferner in Ansehung derartiger Guthaben etwas zu unternehmen, was die Exekutionsführung auf die Guthaben gefährden oder wesentlich erschweren könnte. Weiters wurde (nachträglich) ausgesprochen, dass Veranlagungen im Rahmen eines allenfalls bestehenden Vermögensverwaltungsvertrags zulässig seien (Punkt 2). Diese EV wurde bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens gegen den Verpflichteten wegen § 165 StGB bewilligt (Absatz 3) und der diese EV hemmende Geldbetrag letztlich mit 216.310.000 ATS festgesetzt (Absatz 4).

Mit Urteil des United States District Court, Northern District of Florida, Gainesville Division, vom 29. Dezember 1998, wurde der Verpflichtete wegen Drogenhandels zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und wegen Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren verurteilt. Zugleich wurde ausgesprochen, dass Vermögenswerte im Ausmaß von 100 Millionen US-Dollar an den Staat fallen sollen. Auf dieser Grundlage erließ das obgenannte Gericht am 23. September 1999 unter Punkt 72 die endgültige Verfallsanordnung („Final Order of Forfeiture“) über das bei der Drittschuldnerin erliegende Vermögen des Verpflichteten. Diese Anordnung ist seit Anfang Juni 2004 rechtskräftig.

Das Rekursgericht bewilligte mit Beschluss vom 28. Februar 2005, AZ 46 R 71/05i, der Betreibenden in Abänderung des Beschlusses des Erstgerichts (GZ 63 E 5255/04y-2) aufgrund eines vollstreckbaren Notariatsakts vom 11. April 2004 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 18.500.000 EUR sA die folgende Exekution (GZ 46 R 71/05i-7):

a. die Forderungsexekution gemäß § 294 EO durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung der dem Verpflichteten gegen die Drittschuldnerin angeblich zustehenden Geldforderungen aus dem Verrechnungskonto zu Depot Nr 607; Zahlungs- und Verfügungsverbot wurden erlassen und ausgesprochen, dass früher erworbene Rechte Dritter nicht berührt werden;

b. die Exekution durch Pfändung des Anspruchs des Verpflichteten gegen die Drittschuldnerin auf Herausgabe von Wertpapieren iSd § 296 EO, insbesondere zu Depot Nr 607, durch Pfändung, Verwahrung und Verwertung der herauszugebenden Wertpapiere; dem Verpflichteten wurde die Verfügung über die gepfändeten Ansprüche und Forderungen untersagt;

c. die Exekution gemäß § 331 EO durch Pfändung der Rechte des Verpflichteten aus Depotverträgen mit der Drittschuldnerin und aus dem dem Verpflichteten zustehenden Miteigentum an Wertpapieren, die in Sammelurkunden verbrieft sind; Leistungs- und Verfügungsverbot wurden ausgesprochen, ebenso dass früher erworbene Rechte Dritter nicht berührt werden.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien sprach mit Beschluss vom 4. Juni 2008, 182 Ns 15/06s-43, aus, dass die Vollstreckung der mit Einziehungsentscheidung (endgültige Verfallsanordnung - Final Order of Forfeiture) vom 23. September 1999 in Punkt 72 beschlagnahmten Vermögensgegenstände, die dem Verpflichteten bei der Drittschuldnerin gehören oder seiner Verfügungsmacht unterliegen, übernommen wird, und dass die mit rechtskräftiger EV des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 243 Ur 4174/98a, gesicherten, im Punkt 72 der genannten Einziehungsentscheidung angeführten Vermögenswerte der Republik Österreich zufallen.

Den Beschwerden der Betreibenden und des Verpflichteten gegen diesen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 30. Dezember 2008, GZ 22 Bs 257/08t-53, nicht Folge.

Einen Antrag der Betreibenden auf Erneuerung des Rechtshilfeverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO in Bezug auf diese Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichts Wien wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 2. März 2010, AZ 11 Os 119/09y, als zwar zulässig, jedoch unbegründet zurück.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010, ON 15, beantragte die Drittschuldnerin, ihren Erlag von 1,616.585 Anteilen des von der G***** AG aufgelegten Investmentfonds „G*****“, *****, die sich auf dem Depot Nr 607 befinden, und des Geldbetrags von 7.278,07 EUR (Guthaben aus einem Verrechnungskonto) zu Gericht anzunehmen. Als Ersterlagsgegnerin nannte sie die Republik Österreich und als Zweiterlagsgegnerin die Betreibende.

Das Erstgericht nahm mit Beschluss vom 11. Juni 2010, GZ 63 E 5255/04y-19, den Erlag von 1.616.585 Stück Anteilen des von der G***** AG aufgelegten Investmentfonds „G*****“, ***** sowie des Geldbetrags von 7.278,07 EUR gemäß § 307 EO gegenüber den beiden genannten Erlagsgegnerinnen zu Gericht an (Punkt I.), bestellte die Drittschuldnerin selbst zur Verwahrerin und Verwalterin der Wertpapiere (Punkt II.) und sprach aus, dass Verfügungen über diesen Erlag nur durch das Erstgericht entweder aufgrund eines einvernehmlichen Antrags der Erlagsgegner oder eine die Zustimmung der Erlagsgegner ersetzende rechtskräftige gerichtliche Entscheidung zu erfolgen haben (Punkt III.).

Zum von der Betreibenden am 5. Februar 2010 gestellten Verwertungsantrag zur Exekution nach § 331 EO durch Ermächtigung (ON 11) verständigte das Erstgericht die Parteien am 29. Juni 2010, dass die Entscheidung darüber erst nach Einigung beider Erlagsgegner im Erlag nach § 307 EO bzw nach einer dazu gefassten rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ergehen werde (ON 22).

Gegen den Beschluss ON 19 erhoben die Betreibende und die Republik Österreich Rekurs, den das Rekursgericht zunächst mit Beschluss vom 26. Juli 2010 zurückwies. Über außerordentliche Revisionsrekurse beider Erlagsgegner hob der Oberste Gerichtshof die Entscheidung des Rekursgerichts mit Beschluss vom 13. April 2011, AZ 3 Ob 168/10t, auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung auf. Mit Beschluss vom 30. Juni 2011 gab das Rekursgericht den Rekursen teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluss des Erstgerichts ON 19 durch ersatzlose Aufhebung des Punkts III. ab. Den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs der Betreibenden wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 12. Oktober 2011, AZ 3 Ob 164/11f, zurück.

Die Drittschuldnerin legte als Verwalterin und Verwahrerin mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2011 einen Rechenschaftsbericht, einen Depotauszug zum 31. Dezember 2010 sowie ein Schreiben „Jahresabschluss zum 31. 12. 2010“ vor (ON 41). Für...

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