Entscheidungs 3Ob157/14f. OGH, 18-02-2015

ECLIECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00157.14F.0218.000
Record NumberJJT_20150218_OGH0002_0030OB00157_14F0000_000
Date18 Febrero 2015
Judgement Number3Ob157/14f
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Nationale Anti Doping Agentur Austria GmbH, Wien 3, Rennweg 46-50/8, vertreten durch Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. Österreichischer Radsport-Verband, Wien 11, Hasenleitengasse 73, vertreten durch Dr. Thomas Eustracchio, Rechtsanwalt in Wien, und den Nebeninterventienten auf Seiten der erstbeklagten Partei 1. ***** B*****, vertreten durch Dr. Robert Schaar, Rechtsanwalt in Graz, 2. ***** K*****, vertreten durch Gruber Partnerschafts KG in Wien, 3. ***** G*****, 4. ***** A*****, 5. *****N*****, Viert- und Fünftnebenintervenient vertreten durch den Drittnebenintervenienten, Rechtsanwalt in Wien, wegen 105.000 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 24. Juli 2014, GZ 13 R 25/14p-28, womit über Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Dezember 2013, GZ 4 Cg 97/13h-16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verworfen wird. Dem Erstgericht wird die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 5.313,14 EUR (darin enthalten 885,52 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die erstbeklagte GmbH ist seit 2. August 2008 die unabhängige Dopingkontrolleinrichtung gemäß § 4 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007 BGBl I 2007/30 idF BGBl I 2009/146) und übernimmt ab diesem Zeitpunkt deren Aufgaben (§ 3 Z 1 der Kundmachung des Bundeskanzlers über die unabhängige Dopingkontrolleinrichtung, BGBl II 2008/283).

Der Zweitbeklagte ist ein registrierter Verein und der nach dem ADBG zuständige Bundessportfachverband des österreichischen Radsports.

Der Kläger war 2010 Mitglied eines österreichischen Radsportvereins und als Fahrer eines Teams für die Österreich-Radrundfahrt 2010 gemeldet.

Am 5. Februar 2010 unterfertigte er einen an den zweitbeklagten Verband gerichteten Lizenzantrag für das Jahr 2010, der unter dem Titel „Verpflichtungserklärung und Vereinbarung“ ua folgenden, zwischen den Parteien unstrittigen Inhalt aufweist:

„Ich verpflichte mich zur Einhaltung von Statuten und Reglement des österreichischen Radsport-Verbandes, der Union Cycliste International (UCI) und der Union Européene de Cyclisme (UEC). Ich werde an Radsportveranstaltungen auf sportlich und faire Weise teilnehmen. Ich akzeptiere über mich verhängte Sanktionen und trage Einsprüche und Streitfälle bei den von den Reglements vorgesehenen Instanzen ÖRV/UCI/UEC vor. Mit dieser Einschränkung bringe ich jeden eventuellen Streitfall mit dem ÖRV, der UCI und der UEC ausschließlich vor die Gerichte am Sitz des ÖRV, der UCI und der UEC.

Ich anerkenne die bzw unterwerfe mich ausdrücklich den Bestimmungen des Österreichischen Anti-Doping Bundesgesetzes (ADBG) in der jeweils geltenden Fassung sowie den Anti-Doping-Bestimmungen der World Anti Doping Agency (WADA), der UCI bzw des Internationalen Olympischen Comités (IOC).

Nehme ich an einer Radsportveranstaltung teil, bei der Antidopingkontrollen gemäß dem Antidoping-Reglement des ÖRV, der UCI und der UEC durchgeführt werden, bin ich einverstanden, mich solchen zu unterziehen. Ich akzeptiere weiters, dass die Analyseresultate publiziert und meinem Klub/meiner Mannschaft/meiner Sportgruppe oder meinem Betreuer oder Arzt im Detail mitgeteilt werden. Ich verpflichte mich, Einsprüche in Dopingangelegenheiten dem TAS (Tribunal Arbitral du Sport - Sportschiedsgericht) vorzulegen. Ich akzeptiere, dass das TAS das Urteil in letzter Instanz ausspricht.“

...

Vereinbarung eines Schiedsgerichts nach §§ 577 ff ZPO (idF SchiedsRÄG 2006):

In Abweichung von § 577 Abs 4 ZPO, nach welchem die Bestimmungen des §§ 577 ff ZPO nicht auf Einrichtungen nach dem Vereinsgesetz zur Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis anwendbar sind, sohin auch diese (Schlichtungs-/Schieds)Einrichtungen ohne gesonderte Vereinbarung keine Schiedsgerichte iSd §§ 577 ff ZPO sind, schließen ich und der ÖRV unter Hinweis auf § 581 ZPO nachstehende Schiedsvereinbarung und vereinbaren ausdrücklich die in den jeweiligen Statuten des ÖRV, seiner LRVs bzw der UCI und des UEC genannten Schlichtungseinrichtungen als Schiedsgerichte iSd §§ 577 ff ZPO. Ich und der ÖRV verpflichten uns, alle aus dem Bestand und/oder der Beendigung meiner Lizenz zum ÖRV, seinen LRVs als Unterorganisationen oder internationalen Verbänden, wie UCI und UEC, entstehenden Streitigkeiten welcher Art auch immer, sowie alle zwischen mir und einem der oben genannten Verbände bzw einem und/oder mehrerer seiner Organe entstehenden Streitigkeiten welcher Art auch immer, sei es bspw aus der Einladung oder Nichteinladung zu oder aus der Teilnahme oder Nichtteilnahme an Radsportveranstaltungen, unabhängig davon, ob diese von einem der oben genannten Verbände bzw einem und/oder mehrerer seiner Organe veranstaltet oder organisiert wurde, aus Streitigkeiten zwischen mir und meinem Verein, soweit diese aus der Mitgliedschaft zum ÖRV resultieren, aus der Verhängung von Sanktionen, Geldbußen oder sonstigen Strafen aller Art wegen Nichteinhaltung der Statuten, Beschlüsse, Durchführungsbestimmungen bzw Wettkampfordnungen des ÖRV bzw seiner Unterorganisationen oder der internationalen Verbände, sowie alle Berufungen und Rechtsmittel welcher Art auch immer ausschließlich vor die zuständigen Schiedsgerichte und Instanzen der oben angeführten Radsport-Verbände gemäß deren jeweils gültigen Statuten und Reglementen zu bringen bzw auszutragen, welche in diesen Angelegenheiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs endgültig und bindend entscheiden.

Für jene Streitigkeiten, die von Gesetzes wegen einem Schiedsgericht zur Entscheidung nicht übertragen werden können, wird die ausschließliche Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit am Sitz des jeweiligen Verbandes vereinbart.

Für die Auslegung dieser Schiedsvereinbarung ist das ÖRV-Schiedsgericht zuständig.

Auf das Verfahren des ÖRV-Schiedsgerichts sind mangels genauerer oder abweichender Bestimmungen in den jeweiligen Statuten die Bestimmungen der §§ 577 ff ZPO, insbesondere für die Durchführung des Verfahrens, anzuwenden. Es ist österreichisches Recht unter Ausschluss dessen Kollisionsnormen anzuwenden.

Ich sowie der ÖRV verpflichten uns, soweit notwendig und gefordert auch diesbezüglich einen gesonderten Schiedsvertrag abzuschließen.

Die Schiedsvereinbarung bleibt jedoch auch nach dem Ende des Lizenzvertrags jedenfalls für die Dauer der diesbezüglichen Streitigkeiten sowie für jene Fälle, die an die Schiedsgerichte herangetragen sind, aufrecht bestehen.“

Diesen Lizenzantrag unterfertigten auch die zuständigen Organe des Zweitbeklagten und jenes Vereins, dem der Kläger angehörte.

Am 28. Juni 2010 beantragte die Erstbeklagte die Einleitung eines Verfahrens gegen den Kläger vor der Rechtskommission wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen sowie die Verhängung entsprechender Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen.

Mit Beschluss der Rechtskommission, deren Mitglieder die fünf Nebenintervenienten waren, wurde der Kläger am 2. Juli 2010 mit sofortiger Wirkung bis zum Abschluss des gegen ihn anhängigen Dopingverfahrens suspendiert. Er konnte daher an der Österreich-Rundfahrt 2010 nicht teilnehmen.

Der Beschluss der Rechtskommission wurde infolge des Überprüfungsantrags des Klägers vom 23. Juli 2010 mit Beschluss der Schiedskommission vom 16. August 2010 mangels Rechtsgrundlage ersatzlos aufgehoben.

Der Kläger begehrt mit seiner am 2. Juli 2013 eingebrachten Klage von den Beklagten zur ungeteilten Hand Zahlung von 105.000 EUR sA. Die Erstbeklagte habe, initiiert bzw aktiv betrieben durch den Zweitbeklagten, am 28. Juni 2010 kurz vor der Österreich-Rundfahrt gegen den Kläger wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen einen Prüfantrag auf Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen bei der Rechtskommission eingebracht. Dem sei der Vorwurf bereits lange zurückliegender, vom Kläger angeblich im Februar 2009 bzw...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT