Entscheidungs 3Ob190/05w. OGH, 29-03-2006

ECLIECLI:AT:OGH0002:2006:0030OB00190.05W.0329.000
Date29 Marzo 2006
Judgement Number3Ob190/05w
Record NumberJJT_20060329_OGH0002_0030OB00190_05W0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Gemeinde O*****, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Österreichische Post AG, Wien 2, Untere Donaustraße 13-15, wegen Unterlassung und einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. Juni 2005, GZ 5 R 47/05h-5, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 27. Juni 2005, GZ 5 R 47/05h-6, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 9. Juni 2005, GZ 5 Cg 108/05v-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über die Klage und den damit verbundenen Sicherungsantrag unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

1.) Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage der von beiden Vorinstanzen a limine verneinten Zulässigkeit des Rechtswegs für eine Unterlassungsklage einer Gemeinde gegen die beklagte Österreichische Post AG mit einem Sicherungsantrag. Zum besseren Verständnis und zur Vereinfachung werden die maßgeblichen Bestimmungen des PostG 1997 BGBl I 18/1998 idgF und der Post-Universaldienstverordnung BGBl II 100/2002 (im Folgenden nur UDVO), auf die sich die klagende Partei und die beiden Vorinstanzen beziehen, entgegen der sonst üblichen Gerichtspraxis vorweg wiedergegeben. Die Regelungen der PostG 1997 lauten, soweit hier relevant:

...

Universaldienst

§ 4 (1) Im Rahmen des Universaldienstes ist vom Betreiber zu gewährleisten, dass den Kunden ständig Postdienstleistungen flächendeckend zu allgemein erschwinglichen Preisen und in einer solchen Qualität angeboten werden, daß den Bedürfnissen der Kunden durch eine entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten sowie durch die Abhol- und Zustellfrequenz entsprochen wird. Soweit vergleichbare Voraussetzungen gegeben sind, sind gleiche Leistungen für die Kunden zu gewährleisten. Bei der Erbringung des Universaldienstes ist auf technische Entwicklungen sowie auf gesamtwirtschaftliche, regionale und soziale Aspekte sowie auf die Nachfrage der Kunden Rücksicht zu nehmen.

...

(3) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann durch Verordnung für die dem Universaldienst zuzurechnenden Dienstleistungen, insbesondere die den Bedürfnissen der Kunden entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten und die Abhol- und Zustellfrequenz, näher bestimmen. Dabei ist auch auf geographische Gegebenheiten sowie auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Zustellvorganges auf den Betreiber Rücksicht zu nehmen, um ein dauerhaft zufriedenstellendes Erbringen des Universaldienstes zu gewährleisten. Dies gilt sinngemäß auch für den reservierten Dienst.

Universaldienstbetreiber

§ 5. (1) Den bundesweiten Universaldienst hat grundsätzlich die Österreichische Post zu erbringen, die Verpflichtung besteht nicht, soweit allgemeine Notstände die Postbeförderung hindern.

(2) Falls das ordnungsgemäße Erbringen des bundesweiten Universaldienstes durch die Österreichische Post nicht mehr gewährleistet ist, hat die oberste Postbehörde den reservierten Postdienst zur Gänze mit Bescheid (Konzession) an einen Betreiber zu übertragen. Eine solche generelle Übertragung darf nur nach erfolgloser Ausschöpfung der Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 27 und nur in dem zur Wiederherstellung oder Sicherung des Universaldienstes unbedingt notwendigen Ausmaß erfolgen. Mit der Übertragung des reservierten Postdienstes ist dem Betreiber gleichermaßen die Verpflichtung zum Erbringen des Universaldienstes aufzuerlegen. In der Konzession ist zu bestimmen, welche der in diesem Bundesgesetz der Österreichischen Post eingeräumten Rechte und auferlegten Verpflichtungen auch für diesen Betreiber gelten.

Reservierter Postdienst

§ 6. (1) ...

(4) Der reservierte Postdienst hat das dauerhafte Erbringen des bundesweiten Universaldienstes sicherzustellen.

Qualitätssicherung

§ 12. (1) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann für den reservierten Postdienst und den Universaldienst mit Verordnung Qualitätsnormen, insbesondere bezüglich der Laufzeiten, der Regelmäßigkeit und der Zuverlässigkeit der Dienstleistungen, festlegen. Dabei hat er insbesondere Kundenbedürfnisse zu berücksichtigen und auf die einschlägigen Vorgaben der Europäischen Union Bedacht zu nehmen.

(2) Die oberste Postbehörde hat eine von Betreibern unabhängige Einrichtung zu beauftragen, mindestens einmal jährlich die Einhaltung der Qualitätsnormen zu überprüfen. Sie hat die Ergebnisse dieser Überprüfung in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

4. Abschnitt Post und Telekom Austria, Rechtsbeziehungen zwischen der Österreichischen Post und ihren Kunden

§ 17. Die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Postdienstleistungen entstehenden Rechtsbeziehungen der Österreichischen Post zu ihren Kunden sind privatrechtlicher Natur. Die Bestimmungen des Zustellgesetzes über die Zustellung behördlicher Schriftstücke bleiben unberührt.

6. Abschnitt Postbehörden und Aufsichtsrecht

§ 25. (1) Postbehörden sind der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr als oberste Postbehörde sowie das ihm unterstehende Postbüro als Postbehörde erster Instanz.

(2) Regulierungsbehörde im Sinne der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität ist der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr.

§ 26. (1) Der örtliche Zuständigkeitsbereich der obersten Postbehörde und des Postbüros umfaßt das gesamte Bundesgebiet. Das Postbüro hat seinen Sitz in Wien.

(2) Für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, das Postbüro zuständig.

(3) Die oberste Postbehörde ist zuständig für 1. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide des Postbüros, soweit nicht die Zuständigkeit eines unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist, 2. das Setzen von Aufsichtsmaßnahmen nach § 27 und 3. die Genehmigung von Geschäftsbedingungen und Entgelten gemäß §§ 9 und 10.

§ 27. (1) Als Aufsichtsmaßnahmen kommen in Betracht: 1. Erhebungen und Untersuchungen zur Überprüfung des Universaldienstes; 2. bescheidmäßiger Auftrag zur Behebung von generellen Leistungsmängeln, die das Erbringen des Universaldienstes beeinträchtigen, wofür eine angemessen Frist zu setzen ist; 3. Übertragung des reservierten Postdienstes an einen anderen Betreiber.

(2) Die Betreiber sind verpflichtet, der obersten Postbehörde auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die für den Vollzug dieses Gesetzes und der einschlägigen internationalen Vorschriften notwendig sind.

(3) Die oberste Postbehörde kann Anordnungen zur Durchführung der ihr insbesondere auf Grund dieses Bundesgesetzes zukommenden Rechte und Pflichten treffen. Die Betreiber sind verpflichtet, solche Anordnungen zu befolgen. ...

Streitschlichtung

§ 28. Unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte können Kunden und Interessenvertretungen Streit- oder Beschwerdefälle, die mit den Betreibern des Universaldienstes oder des...

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