Entscheidungs 3Ob191/17k. OGH, 23-05-2018

ECLIECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00191.17K.0523.000
Date23 Mayo 2018
Judgement Number3Ob191/17k
Record NumberJJT_20180523_OGH0002_0030OB00191_17K0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei L***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Michael Drexel, MBA, Rechtsanwalt in Graz, wegen 9.159,48 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 24. Juni 2017, GZ 5 R 6/17i-52, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 25. Oktober 2016, GZ 206 C 661/14y-45, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Folgender (soweit in dritter Instanz noch relevanter, vom Berufungsgericht unbeanstandet ergänzter und vom Obersten Gerichtshof um den unstrittigen Inhalt der Urkunden Beilagen ./9 und ./10 erweiterter [RIS-Justiz RS0121557]; jüngst 2 Ob 167/17y [P 5.1.] mwN) Sachverhalt steht fest:

Die Streitteile sind die Parteien eines Zins-Swap-Geschäfts.

Die Klägerin ist seit etwa 30 Jahren im Geschäftsbereich „Vermietung von Objekten“ tätig. Sie nahm ua fortlaufend Ankäufe von Objekten, deren Sanierung oder Umbauten vor. Seit dem Jahr 1983 ist H***** zeichnungsberechtigte und selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Klägerin. Sie absolvierte eine Handelsschule und in der Folge ein Praktikum in einer Steuerberatungskanzlei. Der Mehrheitseigentümer der Klägerin fungiert auch als deren Steuerberater.

Im März 2011 finanzierte die Klägerin Umbaukosten über einen bei einer Drittbank aufgenommenen Kredit über 1.800.000 EUR und einer Laufzeit von 20 Jahren mit variabler Verzinsung (Aufschlag von 1,25 % auf den 3-Monats-Euribor). Als ständiger Berater der Klägerin bei der Drittbank fungierte in allen Bankangelegenheiten H***** (in Hinkunft: Berater).

Nach dessen Wechsel zur Beklagten kontaktierte er im Februar 2012 die Klägerin mit dem Vorschlag, aufgrund des zu diesem Zeitpunkt bestehenden niedrigen Zinsniveaus eine Umwandlung des bestehenden Kredits durchzuführen. Die Streitteile vereinbarten für den 28. Februar 2012 eine Präsentation, zu der ein Prokurist der Beklagten, der Berater und von Seiten der Klägerin ua die Geschäftsführerin sowie der Mehrheitseigentümer erschienen. Dabei wurden den Vertretern der Klägerin Unterlagen vorgelegt, anhand einer Bildschirmpräsentation das Angebot der Beklagten erörtert bzw diese aufgeklärt.

Die Klägerin sah danach ein Swap-Geschäft als ein für sie interessantes Angebot an. Auf ihr Betreiben vereinbarten die Streitteile einen weiteren Termin und nach Übermittlung erforderlicher Unterlagen den Unterfertigungstermin für den 16. März 2012, den die Geschäftsführerin der Klägerin gewählt hatte, weil sie, „eine weitere Zinserhöhung fürchtend“, „noch schnell vor Urlaubsantritt“ das Geschäft abschließen wollte. Mit ihr wurden in der Folge alle vorgelegten Urkunden wie die Grundregeln, die Rahmenbedingungen, die Vereinbarung über die Geschäftsabwicklung, die Sonderbedingungen, das Anlegerprofil etc durchbesprochen, bzw wurde sie noch einmal auf die vereinbarten Inhalte hingewiesen, wie sie von der Geschäftsführerin dann auch akzeptiert und dem streitgegenständlichen Geschäft zugrunde gelegt wurden. Sodann wurde der Prokurist der Beklagten dieser
– telefonischen – Besprechung beigezogen und dieser versicherte sich, dass sich die Geschäftsführerin der Klägerin auch über alle Inhalte im Klaren sei. Sie versicherte, dass sie den Vertrag zu den besprochenen Bedingungen, einer 15-jährigen Laufzeit ab dem 2. April 2012 und einem fixen Zinssatz von 2,55 % zum ausgewiesenen Anfangsnominalbetrag, nunmehr mündlich abschließe; der Prokurist wies sie noch einmal darauf hin, dass „Sie das Geschäft jederzeit wieder auflösen können, allerdings kann es sein, dass es dann einen negativen Marktwert gibt. Darüber bekommen Sie Marktwertverständigungen, die Ihnen jeweils einmal im Monat zugehen.“ Auf die Frage, „Ist dieses Geschäft so für Sie in Ordnung? Wollen Sie zu 2,55 % abschließen?“, antwortete die Geschäftsführerin der Klägerin: „Jawohl!“

Über diesen Gesprächsinhalt legte die Beklagte der Geschäftsführerin der Klägerin eine Zusammenfassung vor, in der alle wesentlichen Eckdaten enthalten waren, und ersuchte, diese Zusammenfassung firmenmäßig unterfertigt zu retournieren. In der Textzeile über der Unterschrift ist auf dieser Zusammenfassung vermerkt: „Wir nehmen zur Kenntnis, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus diesem Zins-Swap grundsätzlich jederzeit zu Marktkonditionen möglich ist, die Marktentwicklung aber auch negativ sein kann – das könnte zu erheblichen Kosten führen.“ Diesen Inhalt las die Geschäftsführerin der Klägerin, akzeptierte ihn und retournierte die Zusammenfassung unterfertigt.

Die Streitteile schlossen, basierend auf dem „Rahmenvertrag vom 14. März 2012“ (Beilage ./9) ein Zinstauschabkommen (Interest Rate Swap – IRS) am Abschlusstag 16. März 2012, mit einer Laufzeit von 2. April 2012 bis 1. April 2027 zu einem Anfangsnominalbetrag von 1.752.403,75 EUR ab, wobei sich die Klägerin verpflichtete, einen fixen Zinsbetrag von 2,55 % pa laut dem angeschlossenen Cash-Flow-Kalender für den fixen Zins, aus welchem sich der Nominalbetrag, Start- und Enddatum der Verzinsung sowie der jeweilige Zahlungstermin detailliert ergibt, zu bezahlen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin einen variablen Zinssatz auf Basis des 3-Monats-Euribor (ohne Spread) laut dem angeschlossenen Cash-Flow-Kalender für den variablen Zins, aus welchem der jeweilige Nominalbetrag, das Fixing-Datum, Start- und Enddatum der Zinsperiode, sowie der vereinbarte Zahlungstermin detailliert ersichtlich sind, zu bezahlen. Weiters ist darin die Anwendung der AGB der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung vorgesehen (Beilage ./E).

Die AGB der Beklagten in der Fassung Juli 2013 (Beilage ./X) lauten auszugsweise:

„V. Änderungen von Entgelten und Leistungen

A. Entgelts- und Leistungsänderungen gegenüber Unternehmen

Z 43. (1) Das Kreditinstitut kann im Geschäft mit Unternehmern Entgelte für Dauerleistungen, die das Kreditinstitut oder der Kunde zu leisten hat (einschließlich Soll- und Habenzinsen auf Giro- oder anderen Konten, Kontoführungsgebühren etc.) unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, Veränderungen der Refinanzierungskosten, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwandes, Veränderungen des Verbraucherpreisindex etc.) nach billigem Ermessen ändern. Gleiches gilt für die Änderung anderer Leistungen des Kreditinstituts, die aufgrund der Änderung gesetzlicher Anforderungen, der Sicherheit des Bankbetriebs, der technischen Entwicklung oder des erheblich gesunkenen, die Kostendeckung wesentlich beeinträchtigenden Nutzungsgrads einer Leistung erfolgen. (...)“

Der Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vom 14. März 2012, unterfertigt am 11./16. März 2012 (Beilage ./9 „Erstfassung“) und jener unterfertigt am 14./16. März 2012 (Beilage ./H) lauten auszugsweise:

㤠7 РBeendigung

1) Sofern Einzelabschlüsse getätigt und noch nicht vollständig abgewickelt sind, ist der Vertrag nur aus wichtigem Grund kündbar. Die Benachrichtigung und die Kündigung müssen schriftlich oder fernschriftlich erfolgen. Eine Teilkündigung einzelner und nicht aller Einzelabschlüsse ist ausgeschlossen.

2) Ein wichtiger Grund gemäß Abs. 1 liegt insbesondere im Fall der folgenden demonstrativ aufgezählten Kündigungsgründe vor: (…)

§ 11 – Verschiedenes (…)

9) „Anfechtungsverzicht“: Die Parteien verzichten ausdrücklich auf das Recht, diesen Rahmenvertrag oder die Einzelabschlüsse wegen Irrtums, wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes oder einem anderen Grund (z.B. „Einwand von Spiel und Wette“), der den wirtschaftlichen Vertragszweck verletzen würde, anzufechten.

10) Ergänzend gelten – soweit anwendbar – die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der Bank sowie die „Sonderbedingungen für Devisen- und Optionsgeschäfte“.

Die Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte (Beilage ./10 „Erstfassung“) lauten auszugsweise:

„6. Deckung (Sicherheiten)

Vor Ausführung von außerbörslichen Derivatgeschäften ist vom Vertragspartner Deckung zu hinterlegen, dies jeweils gemäß den folgenden Bestimmungen.

6.1 Die Bank behält sich vor, die Erbringung von zusätzlichen Vermögenswerten als Deckung innerhalb von 48 Stunden zu verlangen, sofern dies nach ihrer Einschätzung der Zins-, Kurs- und Preisänderungsrisiken aus Geschäften mit dem Vertragspartner erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn sich die Risikoeinschätzung der Bank oder der Wert der erbrachten Deckung ändert.

6.2 Die als Deckung erbrachten Vermögenswerte gelten der Bank zur Besicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche, die der Bank aus der Durchführung bzw. Glattstellung von mit dem Kunden abgeschlossenen Geschäfte, als verpfändet. (...)

7. Vorzeitige Beendigung und Glattstellung

Eine vorzeitige Beendigung des Geschäfts durch den Kunden ist während der unter Punkt 2 beschriebenen Zeiten jederzeit zu Marktkursen möglich. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Geschäfts können für den Kunden zusätzliche Kosten entstehen. (…)

Verlangt die Bank zusätzliche Sicherheiten und werden diese innerhalb der von ihr gesetzten Frist nicht gestellt oder wird die Sicherstellung zusätzlicher Sicherheiten abgelehnt, kann die Bank die den offenen Positionen zugrunde liegenden Geschäfte und Auftragsverhältnisse ohne Fristsetzung ganz oder teilweise beenden, bzw. die aus solchen Geschäften resultierenden offenen Positionen ganz oder teilweise durch ein Gegengeschäft glattstellen. (…)

10. Schadenersatz

Die Bank hat in allen Fällen einer...

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