Entscheidungs 3Ob219/08i. OGH, 17-12-2008

ECLIECLI:AT:OGH0002:2008:0030OB00219.08I.1217.000
Date17 Diciembre 2008
Record NumberJJT_20081217_OGH0002_0030OB00219_08I0000_000
Judgement Number3Ob219/08i
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas H*****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei mj Philipp K***** vertreten durch seine Mutter Ingrid K*****, diese vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 1.553,49 EUR sA und Räumung, infolge von Rekursen beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 19. Mai 2008, GZ 1 R 342/07x-43, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Schladming vom 13. Juli 2007, GZ 2 C 159/06w-36, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist aufgrund Übergabsvertrags vom 25. Juni 1980 grundbücherlicher Alleineigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Haus in H*****. Am 30. September 1976 vermieteten seine Eltern dem unehelichen Vater des minderjährigen Beklagten eine in diesem Haus gelegene Parterrewohnung, bestehend aus einem Zimmer mit Schlafkoje und WC sowie einen Pkw-Abstellplatz. Der Hauptmietvertrag enthält ua folgende Bestimmungen:

„2.) Der Mietvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, jedenfalls aber auf Lebenszeit des Mieters, welcher am 24. Dez. 1946 geboren ist.

3.) Als Mietzins wird auf Lebenszeit des Mieters jener Betrag vereinbart, welchen die Vermieter aus einem Ölkauf vom 22. 1. 1976 in Höhe von S 7.000 und aus dem Schuldschein vom 24. bzw 27. 10. 1975, verbüchert unter TZ *****, dem Mieter schulden. Allfällige Rechtsnachfolger des Mieters werden einen monatlichen Mietzins von 350.-- zuzüglich 15 % Betriebskostenanteil, fällig je am 1. eines jeden Monats im Vorhinein zu bezahlen haben.

4.) Die Vermieter verzichten für sich und ihre Rechtsnachfolger auf jegliche Kündigung dieses Vertrags aus welchen Gründen immer, mit Ausnahme des Falles des § 19 Abs. 2, Z 1 MG.

Dieser Kündigungsgrund wird überdies als einziger Auflösungsgrund unter Ausschluss der übrigen Auflösungsgründe des § 1118 ABGB vereinbart.

...

6.) Die Kinder des Vermieters ... stimmen diesem Mietvertrag in Kenntnis seiner Bedingungen zu und fertigen diesen zum Zeichen ihres Einverständnisses mit. Im Übrigen gehen alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf die beiderseitigen Rechtsnachfolger über.

..."

Nach dem Tod des Vaters des Beklagten am 5. August 2000 nahm der Kläger den Standpunkt ein, das Bestandverhältnis bestehe nicht mehr. Der hier Beklagte brachte zu AZ 2 C 716/04d des Bezirksgerichts Schladming (im Folgenden nur Vorverfahren) eine auf Feststellung des aufrechten Fortbestehens des Bestandverhältnisses gerichtete Klage ein, der mit Urteil vom 30. Dezember 2005 stattgegeben und festgestellt wurde, dass aufgrund des Hauptmietvertrags vom 30. September 1976 und zu dessen Bedingungen die (dort) klagende Partei Mieter und die (dort) beklagte Partei Vermieter der Wohnung seien. Aufgrund der Ergebnisse des Vorverfahrens muss der Kläger dem Beklagten Prozesskosten von 3.664,57 EUR ersetzen. Die Exekutionskosten von 1.490 EUR zahlte der Kläger dem Beklagten.

Mit seiner am 31. März 2006 beim Erstgericht eingelangten Miezins- und Räumungsklage begehrte der Kläger die Aufhebung des Mietvertrags gemäß § 1116a ABGB; weiters stützte er sein Klagebegehren auf die Nichtzahlung der Mietzinse bzw Betriebskosten (im Folgenden auch nur kurz BK). Nach Klagsausdehnungen begehrte er neben der Räumung des Objekts zuletzt 4.071,27 EUR und zwar

- 2.335,72 EUR an rückständigen BK für die Jahre 2000 bis 2005 abzüglich des für Dezember 2005 erlegten Betrags von 3,82 EUR;

- 839,37 EUR an noch nicht verjährten rückständigen Mietzinsen von März 2003 bis November 2005 und

- 900 EUR an angemessenem Benützungsentgelt für die Monate März bis November 2006 (AS 143).

Da das Bestandobjekt eine Ferienwohnung sei, unterliege das Mietverhältnis nicht dem MRG. Der Beklagte sei trotz nach Fälligkeit erfolgter Mahnung mit der Bezahlung der Mietzinse und BK mindestens acht Tage im Verzug gewesen. Entgegen dem Standpunkt des Beklagten seien im Mietvertrag nämlich nicht nur BK-Zahlungen von 15 % des monatlichen Mietzinses - also 15 % von 350 ATS = 52,50 ATS (= 3,815 EUR) - pro Monat vereinbart worden, sondern ein BK-Anteil von 15 % der auf das gesamte Haus entfallenden BK jährlich im Nachhinein. Schon der verstorbene Vater des Beklagten habe etwa 25 Jahre lang (freiwillig) einen BK-Anteil von 15 % jährlich im Nachhinein bezahlt. Durch die jahrelange Übung der Parteien des Mietvertrags sei es zu einer Auslegung des im Mietvertrag verwendeten BK-Begriffs gekommen, sodass eine klare Regelung darüber bestehe, welche Positionen als BK an den Mieter weiterverrechenbar seien. Da der Beklagte statt des vereinbarten 15%igen Anteils der auf das gesamte Haus entfallenden BK nur 3,82 EUR monatlich an BK geleistet bzw hinterlegt habe, sei das Räumungsbegehren jedenfalls berechtigt (AS 145). Die Entgegennahme der Mietzins- und BK-Zahlungen sei in der Annahme verweigert worden, es bestehe kein aufrechtes Mietverhältnis mehr. Der Beklagte habe die von ihm daraufhin gerichtlich hinterlegten Beträge nicht gewidmet. Bis 10. März 2006 sei ein Erlagsbetrag von 2.109,96 EUR angewachsen. Dieser Betrag sei mit Beschluss des Bezirksgerichts Schladming vom 10. März 2006 dem Beklagten wieder ausgefolgt worden und habe zur (teilweisen) Abdeckung der Prozesskostenschuld des Klägers gegenüber dem Beklagten von 3.699,97 EUR infolge dessen Obsiegens im Vorverfahren gedient (Klage AS 2 f). In seinen Schriftsätzen vom 19. Oktober (AS 102 f) und vom 10. November 2006 (AS 143) nahm der Kläger dann den - von seinem Klagevorbringen abweichenden - Standpunkt ein, mangels Widmung des hinterlegten Betrags sei er berechtigt, diesen auf seine jeweils ältesten Forderungen zu widmen. Von den hinterlegten 2.109,96 EUR widme er demnach 1.029,44 EUR für Mietzinse und BK für das Jahr 2000 und 807,14 EUR für Mietzinse und BK für 2001; den Restbetrag von 283,38 EUR widme er als Teilzahlung für den Jahresmietzins 2002. Auch die BK für das Jahr 2002 seien noch nicht verjährt, weil die BK-Abrechnung vereinbarungsgemäß jährlich im Nachhinein erfolgt sei und er für das Jahr 2002 die BK-Abrechnung mit der Klage erstellt habe. Mit Schreiben vom 12. Jänner 2006 habe er letztendlich gegenüber dem Beklagten die Kündigung des Bestandverhältnisses zum 28. Februar 2006 ausgesprochen. Infolge Weiterbenützung der Wohnung auch noch nach dem 28. Februar 2006 bestehe Anspruch auf Benutzungsentgelt in angemessener Höhe. Infolge der Lage der Wohnung nur wenige Meter von der Talstation eines beliebten Schilifts entfernt, wäre am Markt nicht nur ein monatlicher Mietzins in der 1976 (nicht wertgesichert) vereinbarten Höhe zu erzielen, sondern ein solcher von monatlich zumindest 100 EUR. Außerdem habe der Beklagte erheblich nachteiligen Gebrauch vom Bestandgegenstand gemacht, weil er während seiner oft wochenlangen Abwesenheit elektrische Geräte weiterlaufen habe lassen, wodurch Kurzschluss- und Brandgefahr bestanden habe. Aus Sicherheitsgründen sei es daher erforderlich gewesen, die Stromzufuhr zu unterbrechen. Ein Mietzinsminderungs- und Schadenersatzanspruch des Beklagten bestehe deshalb nicht. Auch eine Ersatzpflicht für die Kosten der Erlagsanträge sei nicht gegeben. Durch eine behauptete Gegenforderung könne ein Räumungsbegehren nach § 1118 ABGB nur dann abgewehrt werden, wenn der Mieter die behauptete Bestandzinsschuld unbedingt und außergerichtlich vor Klageführung anerkannt habe. Der Beklagte habe jedoch weder die behauptete Bestandzinsschuld anerkannt noch vor Klagseinbringung eine Aufrechnungserklärung abgegeben.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, auf ein Kündigungsrecht nach § 1116a ABGB sei im Mietvertrag verzichtet worden. Sollte kein Verzicht vorliegen, sei das Kündigungsrecht nach § 1116a ABGB verfristet, weil zwischen der Kenntnisnahme des Klägers vom Eintritt der Verlassenschaft in die Mietrechte und der tatsächlichen Aufkündigung etwa fünf Jahre vergangen seien. Die im Mietvertrag enthaltene Regelung betreffend die BK sei so zu verstehen, dass als BK-Anteil 15 % des Hauptmietzinses von 350 ATS vereinbart worden sei. Dieses Verständnis resultiere daraus, dass die BK laut Mietvertrag im Vorhinein zu leisten gewesen seien und eine Vorausleistung von nicht bekannten BK unmöglich sei. Die eingeklagten BK seien mangels Erstellung von BK-Abrechnungen durch den Kläger nicht fällig. Die handschriftliche BK-Aufstellung Beilage A, welche nicht einmal eine Unterschrift trage, sei nicht leserlich und nicht nachvollziehbar. Die geltend gemachten BK seien zudem zum Teil verjährt. Die vom Kläger weiterverrechneten Kosten für Sturmschaden-, Rechtsschutz-, Haftpflicht-, Haushalts-, und Elektronikversicherung stellten auch bei weitester Interpretation keine BK dar. Ebenso nicht die von der Gemeinde offenbar bei gewerblicher Vermietung von Zimmern vorgeschriebenen zusätzlichen Beträge für Müllentsorgung. Da der Kläger die an ihn überwiesenen Mietzinse und BK nicht angenommen habe, seien diese gerichtlich hinterlegt worden. Mit Ausnahme von 1.462,50 EUR seien alle übrigen Erläge in Mietzinse und BK (seinem Standpunkt nach jeweils 52,50 ATS monatlich bzw 3,815 EUR) aufgeschlüsselt und gewidmet worden. Aufgrund der rechtswidrigen und schuldhaften Weigerung des Klägers, die Mietzinszahlungen anzunehmen, würden die Kosten der Erlagsanträge von 487,10 EUR einem allenfalls zu Recht bestehenden Klagebegehren kompensando entgegen gehalten; ebenso die unbeglichen gebliebene restliche Prozesskostenschuld des Klägers aus dem Vorverfahren von 1.594,41 EUR. Der Kläger habe versucht, den Aufenthalt im Bestandobjekt zu verleiden...

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