Entscheidungs 3Ob249/18s. OGH, 23-01-2019

ECLIECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00249.18S.0123.000
Date23 Enero 2019
Judgement Number3Ob249/18s
Record NumberJJT_20190123_OGH0002_0030OB00249_18S0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** F*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Frank Philipp, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. M***** GmbH, *****, Deutschland, 2. D***** S*****, Deutschland, beide vertreten durch Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen § 37 EO (Streitwert 15.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 25. September 2018, GZ 1 R 206/18d-20, womit das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 6. Juli 2018, GZ 11 C 3/18h-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts als Exekutionsgericht vom 15. November 2017 wurde den Beklagten gegen H***** F***** aufgrund eines vor dem deutschen Landgericht Traunstein abgeschlossenen vollstreckbaren Vergleichs zur Hereinbringung einer Forderung von 50.000 EUR die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt.

Im Zuge dieser Exekution wurden am 17. Jänner 2018 (nur) eine Registrierkasse und ein PKW beim Verpflichteten in Österreich gepfändet.

Der Kläger und der Verpflichtete trafen im September 2017 eine Vereinbarung („Privater Darlehensvertrag“), wonach der Kläger dem Verpflichteten (seinem Sohn) ein Darlehen von 18.000 EUR zur Rückzahlung bis September 2022 gewährte.

Punkt § 5 des Vertrags lautet wie folgt:

Sicherungsübereignung

Der Darlehensnehmer überträgt sicherungshalber das Eigentum an folgenden Gegenständen auf den Darlehensgeber:

Mercedes R 320 Bj 2008, Registrierkasse für … [genannt ist das vom Verpflichteten geführte Gastlokal in Vorarlberg]

Der Darlehensgeber räumt dem Darlehensnehmer das Recht ein, den Gegenstand für den gewöhnlichen Gebrauch weiterhin zu nutzen.

Sobald die Darlehensforderung durch den Darlehensnehmer vollständig getilgt ist, fällt das Eigentum an dem Gegenstand an den Darlehensnehmer zurück, ohne dass es eines besonderen Übertragungsaktes bedarf.

Kommt der Darlehensnehmer mit … in Verzug, ist der Darlehensgeber berechtigt, das Nutzungsrecht zu widerrufen, den Sicherungsgegenstand in Besitz zu nehmen, ihn freihändig nach Schätzung zu veräußern und seine Forderung aus dem Erlös zu befriedigen.

Bei den Unterschriften der Vertragsparteien ist als Ort der Unterzeichnung T***** (Deutschland) angeführt.

Gegen die Exekutionsführung auf die beiden Gegenstände erhebt der Kläger Widerspruch mit der vorliegenden Exszindierungsklage und bringt vor, an diesen Gegenständen im September 2017 in Deutschland nach den anzuwendenden deutschen gesetzlichen Bestimmungen wirksam Sicherungseigentum erworben zu haben. Er habe an den Sachen Gewahrsame erlangt und diese danach seinen Söhnen zur Nutzung überlassen. Er verfüge auch über die Zulassungsbescheinigung und den Typenschein. Entgegen der durch den EU-Beitritt Österreichs gegenstandslosen Entscheidung 3 Ob 126/83 ändere auch das Verbringen der Gegenstände von einem EU-Staat in einen anderen nichts an den rechtswirksam zu Stande gekommenen Eigentumsverhältnissen.

Die Beklagten wandten ein, dass durch eine in Deutschland vereinbarte Sicherungsübereignung in Österreich nicht wirksam Sicherungseigentum begründet werden könne bzw diese Form der Sicherungsübereignung in Österreich, wo sie nur dann zulässig sei, wenn sie den pfandrechtlichen Publizitätserfordernissen entspreche, nicht anerkannt werde. Mit einem Besitzkonstitut könne kein Sicherungseigentum begründet werden. Der Vertrag vom September 2017 erfülle die erforderlichen Voraussetzungen für Österreich nicht. Dem Kläger seien die Gegenstände nicht ausgehändigt worden.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Anknüpfend an den oben referierten Sachverhalt ging es davon aus, dass der Kläger nach deutschem Recht durch Besitzkonstitut rechtswirksam Sicherungseigentum an den gepfändeten Gegenständen erworben habe. Allerdings sei der Gegenstand in Österreich gepfändet worden. Die Frage, ob ein Exszindierungsgrund vorliege, sei nach § 31 IPRG nach österreichischem Recht zu klären. Die Vereinbarung über das Sicherungseigentum zwischen dem Kläger und dem Verpflichteten hindere mangels der Einhaltung der maßgeblichen Publizitätserfordernisse die Fahrnisexekution nicht. Das Erstgericht verneinte erkennbar einen Verstoß gegen Unionsrecht mit dem Hinweis, dass das Publizitätsprinzip beim Sicherungseigentum dem Schutz des Schuldners diene, der davor bewahrt werden solle, leichtfertig Kredit aufzunehmen und sich dafür einer Sache zu begeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es ging erkennbar davon aus, dass der Kläger in Deutschland durch Besitzkonstitut wirksam Sicherungseigentum erworben habe. Die Regelung des § 31 Abs 1 IPRG, wonach sich das Verbringen einer Sache in einen anderen Staat auf die im ersten Staat bereits eingetretene dingliche Rechtsänderung nicht mehr auswirke, werde bei dinglichen Sicherungsrechten durchbrochen, weil sonst die strengen Publizitätsvorschriften in Österreich unterlaufen würden. Diese Vorschriften dienten dem Schutz der Gläubigerordnung und dem Schutz des Kreditverkehrs vor einem enttäuschten Vertrauen auf einen Haftungsfonds des Sicherungsgebers sowie dem Schutz des Schuldners, der vor einer leichtfertigen Kreditaufnahme bewahrt werden solle. Die Publizitätsregeln stellten eine Dauervoraussetzung für den Fortbestand der Sicherungsrechte dar. Bei Anwendung des § 31 Abs 2 IPRG gingen publizitätslose Mobilarsicherheiten als dingliche Rechte unter. Wie sich aus § 467 Satz 3 ABGB ergebe, stehe das Wiedererlangen der Gewahrsame des Pfandbestellers dem Fortbestand des Pfandrechts entgegen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und ließ die Revision mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 31 IPRG bei grenzüberschreitender Sicherungsübereignung nach dem EU-Beitritt Österreichs zu.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im stattgebenden Sinn abzuändern, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Grund zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Die Sicherungsübereignung bewirkt die vorläufige Übertragung des Eigentums als Vollrecht zur Sicherung von Forderungen des Vertragspartners. Dieser ist im Innenverhältnis an die Sicherungsabrede gebunden (7 Ob 12/55 SZ 28/72; 6 Ob 246/65 SZ 38/190; RIS-Justiz RS0010391 [T2]; RS0000843 [insb T1, T4]; Eccer/Riss in KBB5 § 358 Rz 4 f; Geroldinger/Holzner in Burgstaller/Deixler-Hübner § 37 EO Rz 68; Illedits in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKom4 § 358 Rz 14; Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I15 Rz 1299).

1.2 Auch Sicherungseigentum berechtigt zur Exszindierung (2 Ob 31/52 SZ 25/138; 3 Ob 96/64 RZ 1964, 220; 3 Ob 112/68 SZ 41/140; 3 Ob 31/81 SZ 54/89 [Sicherungszession]; 3 Ob 2403/96w; 3 Ob 33/08m; RIS-Justiz RS0000843; Jakusch in Angst/Oberhammer3 § 37 EO Rz 18), was darin begründet ist, dass die Sicherungsübereignung Volleigentum schafft (3 Ob 112/68; 3 Ob 71/71 EvBl 1972/37; RIS-Justiz RS0000843; Illedits in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKom4 § 358 Rz 14; Klicka in Schwimann/Kodek4 § 358 ABGB Rz 22). Die zitierte Rechtsprechung bejaht – im Gegensatz von Teilen der Lehre (vgl Burgstaller, Das Pfandrecht in der Exekution [1988] 150 ff; Jakusch in Angst/Oberhammer3 § 37 EO Rz 18 ua; aA allerdings Heller/Berger/Stix, EO4 I 462; Klicka in Schwimann/Kodek4 § 358 ABGB Rz 22; E. Walter, Die Treuhand im Exekutions- und Insolvenzverfahren [1998] 130...

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