Entscheidungs 3Ob50/13v. OGH, 17-07-2013

ECLIECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00050.13V.0717.000
Judgement Number3Ob50/13v
Record NumberJJT_20130717_OGH0002_0030OB00050_13V0000_000
Date17 Julio 2013
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. DI A*****, 2. Ing. S*****, beide vertreten durch Mag. Dagmar Koth, Rechtsanwältin in Gänserndorf, diese vertreten durch D & D Koth Rechtsanwalts KG, wegen 1.000.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2012, GZ 5 R 43/12y-31, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 22. Dezember 2011, GZ 5 Cg 146/10h-26, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 4.074,18 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 679,03 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erst- und der Zweitbeklagte, die zu diesem Zeitpunkt gemeinsam ein kleines Unternehmen führten, beabsichtigten im Jahr 2008, die Geschäftsanteile an der D***** GmbH (in der Folge immer: Zielgesellschaft) zu erwerben. Sie erarbeiteten gemeinsam mit ihrem Steuerberater ein Finanzierungsmodell. Der Buchhalter der Zielgesellschaft gewährte den Beklagten und ihrem Steuerberater Einsicht in die Unterlagen (Jahresabschlüsse; Schätzungsgutachten ua) der Gesellschaft. Darüber hinaus führten die Beklagten mit den damaligen Gesellschaftern der Zielgesellschaft (in der Folge immer: Altgesellschafter) Gespräche über das Vermögen der Zielgesellschaft.

Der Steuerberater erarbeitete einen Due-Diligence-Bericht und ein Grundfinanzierungsmodell (in der Folge: Finanzierungsmodell I). Nach diesem Modell sollte die C***** GmbH (Rechtsvorgängerin der ursprünglich Drittbeklagten, über deren Vermögen mittlerweile ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde; in der Folge immer: Übernahmegesellschaft) mit den Beklagten als Gesellschafter gegründet werden und einen Kredit zum Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft mit Besicherungen durch Vermögenswerte der Zielgesellschaft und auch der Beklagten aufnehmen. Die Finanzierung wurde mit mehreren Banken verhandelt. Der Klägerin, mit der ebenfalls verhandelt wurde, war von Anfang an der Zweck der Kreditaufnahme, nämlich der Erwerb der Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft, bekannt.

Im April 2008 fand ein Gespräch in den Räumlichkeiten der Klägerin statt, an dem die Beklagten, ihr Steuerberater sowie Mitarbeiter der Klägerin anwesend waren. Der Steuerberater der Beklagten präsentierte das von ihm ausgearbeitete Finanzierungsmodell I und den Due-Diligence-Bericht. Dieser wies Forderungen der Zielgesellschaft aus Lieferungen und Leistungen von rund 613.000 EUR, Kassenbestände und Guthaben von 490.000 EUR und eine entsprechende Ertragslage aus. Ferner verfügte die Zielgesellschaft über zahlreiche Aufträge. Die Beklagten und die Klägerin gingen daher davon aus, dass der Kredit aus den Erträgen der Zielgesellschaft und den daraus finanzierten Ausschüttungen rückgeführt werden kann.

Die Mitarbeiter der Klägerin befanden, dass dieses Finanzierungsmodell I gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 82 GmbHG verstoße. Sie teilten daher dem Steuerberater der Beklagten und den Beklagten mit, dass „dieses Modell so nicht geht“. Es entwickelte sich eine Diskussion, ob das Finanzierungsmodell I gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt. Der Steuerberater der Beklagten war im Sinn der Entscheidung 4 Ob 2078/96h der Ansicht, dass das davon abhänge, ob die Kreditrückführung im Zeitpunkt der Kreditgewährung sicher erscheine und nicht auf Sicherheiten der Zielgesellschaft zurückgegriffen werden müsse.

Spätestens im Zuge dieses Gesprächs wurde der Vorschlag für ein anderes Finanzierungsmodell (in der Folge immer: Finanzierungsmodell II) erstattet. Es kann nicht festgestellt werden, wer den Vorschlag machte. Dieses Finanzierungsmodell II sah vor, dass die Beklagten zum Zweck des Erwerbs sämtlicher Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft die Übernahmegesellschaft gründen sollten, die ihrerseits 100 % der Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft übernehmen sollte. Kreditnehmerin sollte die Zielgesellschaft sein. Mit dem Kredit sollte ausschließlich der Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft finanziert werden. Die Beklagten sollten Geschäftsführer der Zielgesellschaft werden. Bei diesem Finanzierungsmodell II wurde nicht diskutiert, ob es gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt. Die Klägerin machte sich darüber keine Gedanken und hielt auch keine Rücksprache mit ihren hausinternen Juristen.

In weiterer Folge lehnten die Mitarbeiter der Klägerin gegenüber den Beklagten das Finanzierungsmodell I telefonisch mit der Begründung ab, dass dieses Finanzierungsmodell gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoße und die Klägerin ausdrücklich die Finanzierung durch das Finanzierungsmodell II wünsche. Auch bei diesem Telefongespräch wurde ein allfälliger Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht thematisiert.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2008 wurde die Übernahmegesellschaft gegründet. Gesellschafter und gleichzeitig Geschäftsführer der Übernahmegesellschaft waren die Erstbeklagte (mit einer Stammeinlage von 8.750 EUR) sowie der Zweitbeklagte (mit einer Stammeinlage von 26.250 EUR). Dieses Geld stammte von Ersparnissen der Erst- und des Zweitbeklagten.

Am 23. Juni 2008 bzw 26. Juni 2008 schloss die Klägerin mit der Zielgesellschaft einen Vertrag über einen nicht revolvierend ausnützbaren Kredit in der Höhe von 2.300.000 EUR. Zu diesem Zeitpunkt standen die Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft im Eigentum der Altgesellschafter. Als Kreditzweck wurde im Kreditvertrag festgehalten: „Erwerb der Geschäftsanteile der ... (Altgesellschafter)“. Auf S 5 des Kreditvertrags ist festgehalten: „Wir haben davon Kenntnis, dass eine Umstrukturierung Ihres Unternehmens geplant ist und in diesem Zusammenhang ... (die Übernahmegesellschaft) 100 % der Gesellschaftsanteile an ihrem Unternehmen erwerben wird. Die Firma ... (Übernahmegesellschaft) verpflichtet sich bereits jetzt, uns diese noch zu übernehmenden Gesellschafteranteile zu verpfänden.“

Zur Besicherung der Kreditforderung der Klägerin wurden nachstehende Sicherheitenverträge geschlossen:

Sicherheiten der Zielgesellschaft:

Mit Pfandbestellungsurkunde vom 26. Juni/7. Juli 2008 wurde eine Höchstbetragshypothek von 2 Millionen EUR auf einer Liegenschaft der Zielgesellschaft begründet. Die Klägerin hatte ein Gutachten über diese Liegenschaft eingeholt, das einen Wert von 960.000 EUR ergab.

Mit Generalzessionsvertrag vom 26. Juni 2008 trat die Zielgesellschaft sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus ihrer Geschäftstätigkeit im Weg der stillen Zession an die Klägerin ab. Ferner begab sie eine Wechselwidmungserklärung und zwei Blankowechsel zur Sicherstellung der Ansprüche der Klägerin.

Sicherheiten Dritter:

In drei getrennten Garantieverträgen vom 26. Juni 2008 übernahmen die Beklagten und die Übernahmegesellschaft die Garantie, über erste Aufforderung der Klägerin unter Verzicht auf jede Einrede sowie ohne Prüfung des zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin bestehenden Rechtsverhältnisses jeden Betrag bis höchstens 2.300.000 EUR je Garantievertrag zu bezahlen. Zusätzlich wurde festgehalten, dass zu diesem Höchstbetrag alle Verzugszinsen und Nebengebühren hinzuzurechnen sind, auch wenn dadurch der Betrag von 2.300.000 EUR überschritten wird. Ergänzend wurde in Punkt IX bzw X der Garantieverträge vereinbart, dass die hiedurch „übernommene Garantie selbständig und unabhängig von allen anderen für die garantierten Forderungen bestellten Sicherheiten besteht“.

Die Beklagten hätten die Garantieverträge vom 26. Juni 2008 nicht geschlossen, wenn sie gewusst hätten, dass die Zielgesellschaft nicht zur Leistung verpflichtet ist.

Zusätzlich zur Personalhaftung aus den Garantieverträgen wurde in Pfandurkunden eine Hypothek simultan zur verpfändeten Liegenschaft der Zielgesellschaft zu Gunsten der Klägerin an einer je im Hälfteeigentum der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten stehenden...

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