Entscheidungs 3Ob59/07h. OGH, 23-05-2007

ECLIECLI:AT:OGH0002:2007:0030OB00059.07H.0523.000
Record NumberJJT_20070523_OGH0002_0030OB00059_07H0000_000
Date23 Mayo 2007
Judgement Number3Ob59/07h
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann L*****, vertreten durch Sluka Hammerer, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Karl L*****, und 2. Dr. Johannes E*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk ua Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 35.000 EUR s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2006, GZ 1 R 151/06s-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 24. Mai 2006, GZ 14 Cg 92/05z-12, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat den beklagten Parteien die mit 2.742,24 EUR (darin 447,04 EUR Umsatzsteuer und 60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.215,11 EUR (darin 321,72 EUR Umsatzsteuer und 1.284,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die H***** GmbH (im Folgenden: Holding GmbH) ist Alleinaktionärin der operativ tätigen G***** AG (im Folgenden nur AG). Gesellschafter der Holding GmbH sind eine GmbH und eine Privatstiftung. Aufgrund der Beteiligungsverhältnisse in der gesamten Firmenkonstruktion steht die Hälfte des „wirtschaftlichen Eigentums" an der Holding GmbH dem Kläger und seiner Familie zu, die andere Hälfte dem Erstbeklagten. Der einzige Zweck der Holding GmbH besteht darin, die Beteiligung an der AG für beide Familienstämme zu erhalten. Der Kläger und die beiden Beklagten sind kollektiv vertretungsbefugte Geschäftsführer der Holding GmbH. Seit der Unternehmensgründung im Jahr 1924 besteht das Ziel der AG (damals eine offene Handelsgesellschaft) darin, das Unternehmen durch Sparsamkeit, Fleiß und Eigenfinanzierung aufrecht zu erhalten und auszubauen. Bis einschließlich des Geschäftsjahrs 2002/2003 wurde jeweils nur ein Teil des Bilanzgewinns der AG an die Aktionäre ausgeschüttet und der Rest auf neue Rechnung vorgetragen. In der ordentlichen Generalversammlung der Holding GmbH am 23. November 2004 erklärte der Rechtsvertreter des Klägers, dass der vom Vorstand und Aufsichtsrat der AG vorgeschlagene Ausschluss eines Teils des Jahresgewinns der AG von der Verteilung gesetzwidrig sei. In der anschließenden Hauptversammlung (HV) der AG vom selben Tag stimmten die beiden Beklagten in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der Holding GmbH für die Ausschüttung nur eines Teils des Bilanzgewinns, der Kläger als weiterer Geschäftsführer wurde überstimmt.

Die Satzung der AG enthält zum Bilanzgewinn in ihrem § 20 folgende Regelung:

„(1) Der Vorstand hat in den ersten 5 Monaten des Geschäftsjahres den Jahresabschluss sowie den Geschäftsbericht für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen und dem Abschlussprüfer vorzulegen. Nach Eingang des Prüfungsberichtes sind der Jahresabschluss, der Geschäftsbericht, der Prüfungsbericht und der Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinnes unverzüglich dem Aufsichtsrat vorzulegen.

(2) Die Hauptversammlung beschließt alljährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres über die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates, über die Verwendung des im Vorjahre erzielten Reingewinnes, über die Wahl des Abschlussprüfers und in den im Gesetz vorgesehenen Fällen über die Feststellung des Jahresabschlusses (ordentliche Hauptversammlung)".

Nach der Umgründung in die AG im Jahr 1993 wurde die Gewinnausschüttung so fortgeführt, wie zuvor in der GmbH. Der Vorstand (der Erstbeklagte war bis zum Jahr 2003 Alleinvorstand) unterbreitete zunächst dem Aufsichtsrat einen Vorschlag über die Höhe der Gewinnausschüttung, der regelmäßig vom Aufsichtsrat zustimmend übernommen und dann in der HV beschlossen wurde. Bis zum Generalversammlungsbeschluss vom 23. November 2004 waren sich die Gesellschafter der Holding GmbH über die Verwendung des Bilanzgewinns dahin einig, dass nur ein Teil des Gewinns ausgeschüttet und der Rest thesauriert wird. Der Familienstamm des Klägers hatte zwar immer wieder höhere Ausschüttungen als vom Vorstand vorgeschlagen verlangt, es wurde jedoch immer eine Einigung mit dem Erstbeklagten erzielt, insbesondere solange die AG mit hohen Umbaukosten für das Firmengebäude belastet war und eine Erhöhung des Grundkapitals anstand.

Im Geschäftsjahr 2002/2003 wurden aus dem Gewinnvortrag 1,864.149,99 EUR in Grundkapital übergeführt und das Grundkapital damit auf 6 Mio EUR erhöht. Zum 31. März 2003 betrug der Bilanzgewinn 2,638.152,81 EUR, davon 1,829.239,77 EUR Gewinnvortrag. Davon wurden 450.000 EUR an die Holding GmbH bzw. direkt an deren Gesellschafter ausgeschüttet und der Rest von 2,188.152,81 EUR auf neue Rechnung vorgetragen. Der Jahresgewinn des Geschäftsjahres 2003/2004 betrug 810.230,77 EUR, sodass der Bilanzgewinn zum 31. März 2004 2,998.383,58 EUR betrug. Davon sollten laut Vorschlag des Vorstandes der AG im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat 450.000 EUR zum 1. Dezember 2004 ausgeschüttet werden.

Erstmals in der Generalversammlung der Holding GmbH vom 23. November 2004 stellte der durch seinen Anwalt vertretene Kläger die Forderung nach Ausschüttung des gesamten Bilanzgewinns. Bis dahin hatte er jeweils zugestimmt, dass Teile des Gewinns auf neue Rechnung vorgetragen werden.

Die in der Generalversammlung vom 23. November 2004 erfolgte Abstimmung über die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer betreffend die in der HV der AG zu fassenden Beschlüsse ergab in drei Punkten, darunter auch zur Ergebnisverwendung des Geschäftsjahres 2003/2004, Stimmengleichheit, sodass den beiden Geschäftsführern diesbezüglich keine Weisungen erteilt werden konnten.

In der im Anschluss an die Generalversammlung abgehaltenen HV wiederholte der Rechtsanwalt des Klägers seinen Standpunkt, dass den Aktionären gemäß § 126 AktG ein voller Gewinnanspruch zustehe, welche Meinung vom Vorsitzenden Dr. Wolfgang B***** und den Aufsichtsratsmitgliedern Dkfm. M***** und Dr. W***** nicht geteilt wurde.

Bei der folgenden Abstimmung über die Ergebnisverwendung des Geschäftsjahres 2003/2004 stimmten die beiden Beklagten als Geschäftsführer der Holding GmbH (Alleinaktionärin) für die vorgeschlagene Ausschüttung von 450.000 EUR an die Holding GmbH und Vortrag des restlichen Bilanzgewinnes auf neue Rechnung, der Kläger als weiterer Geschäftsführer und Rechtsanwalt Dr. H***** als Vertreter des Treuhandaktionärs Hermann L***** stimmten dagegen, womit der Antrag mit Stimmenmehrheit angenommen war. Der Erstbeklagte, der am 23. November 2004 erstmals mit einer möglichen Gesetzwidrigkeit der nur teilweisen Gewinnausschüttung konfrontiert wurde, konnte als Kaufmann die Rechtsfrage nicht klären und verließ sich deshalb auf die übereinstimmende Meinung der rechtskundigen Aufsichtsratsmitglieder Dr. B*****, Dr. W***** und Dkfm. M*****, wonach die Rechtsansicht von Dr. H***** nicht haltbar sei. Der Erstbeklagte hätte auch keine höhere, geschweige denn eine gänzliche Gewinnausschüttung befürworten können, weil er das Geld im Unternehmen brauchte.

Auch der Zweitbeklagte, der seit Ende der 1970-er Jahre Vertrauter beider Familienstämme war, hatte keine Bedenken, für die vorgeschlagene Ergebnisverwendung zu stimmen, weil die Ausschüttung des gesamten Bilanzgewinns den ihm bekannten Intentionen der Umgründungsgesellschafter widersprochen hätte. Außerdem wurde auch er durch die Meinung der drei Aufsichtsratsmitglieder bestärkt.

Dr. H***** erklärte als Bevollmächtigter des Klägers gegen den Beschluss über die Ergebnisverwendung Widerspruch zu Protokoll. Mit...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT