Entscheidungs 3Ob66/13x. OGH, 19-02-2014

ECLIECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00066.13X.0219.000
Judgement Number3Ob66/13x
Record NumberJJT_20140219_OGH0002_0030OB00066_13X0000_000
Date19 Febrero 2014
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH & Co OG, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei O***** AG, *****, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 8.788.046 EUR sA, über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2012, GZ 15 R 128/12x-45, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 12. April 2012, GZ 47 Cg 311/10b-41, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang des angefochtenen Teilurteils aufgehoben. Die Rechtssache wird auch insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die beklagte Aktiengesellschaft ist für die Ökostromförderabwicklung nach dem Ökostromgesetz, BGBl I 2002/149 (in der Folge: „ÖSG“), verantwortlich. In diesem Zusammenhang zahlt die beklagte Partei unter anderem die durch Verordnung - in concreto durch die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, mit der Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Ökostromanlagen festgesetzt werden (BGBl II 2002/508 idF BGBl II 2005/254; in der Folge: „EinspeisetarifV“) -
festgelegten Vergütungen (Einspeisetarif) an die Erzeuger von Ökostrom aus. Finanziert werden die der beklagten Partei dadurch entstehenden Aufwendungen durch das von Endverbrauchern zu entrichtende Zählpunktpauschale sowie durch die von den Stromhändlern zu entrichtenden Verrechnungspreise für den diesen durch die beklagte Partei zugewiesenen Ökostrom.

Die klagende Partei betreibt zwei von der zuständigen Landesregierung als Ökostromanlagen im Sinne des § 7 ÖSG anerkannte - Biomasse-Energieanlagen („BMK 1“ mit einer elektrischen Nennleistung von 2 MW und „BMK 2“ mit einer elektrischen Nennleistung von 10 MW) und erzeugt mit diesen Strom und Wärme. Die Biomasse-Energieanlagen der klagenden Partei unterliegen dem Förderregime des ÖSG.

Als Brennstoff wurden in den Jahren 2006 bis 2008 seitens der klagenden Partei in ihren Biomasse-Energieanlagen folgende Fraktionen eingesetzt, wobei bei denjenigen Fraktionen, denen eine fünfstellige Schlüsselnummer der Tabelle 1 und 2 der Anlage zu § 5 Abs 1 Z 5 ÖSG zugewiesen ist, diese Schlüsselnummer jeweils in Klammer angeführt ist:

BMK 1: Rinde (17101), Holzemballagen und Holzabfälle (17201), Holz-Siebstaub (17104), Spanplatten-Schleifstaub (17114), Spanplattenabfälle (17115), Granulat aus der Spanaufbereitung (17202), Schwemmmaterial und Wurzelholz (94902), Lebensmittelrest (Brot; 11102), holziges Strukturmaterial (17201) und Erdgas (zum Anfahren).

BMK 2: Rinde (17101), Sägerestholz (zB Kappholz; 17102), Holz und Rinde vom Holzplatz, Holz-Siebstaub (17104), Spanplattenabfälle (17115), Schwemmholz (94902), Waldhackgut, Hackgut thermisch, holziges Strukturmaterial aus der Kompostierung (17201), Strauchschnitt/Grünschnitt, landwirtschaftliche Produkte roh, landwirtschaftliche Produkte (gesiebt), Pressölkuchen und Erdgas (zum Anfahren).

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei für die von ihr in den Biomasse-Energieanlagen eingesetzten Brennstoffe in den Jahren 2006 bis 2008 für die Fraktionen, denen eine fünfstellige Schlüsselnummer der Tabelle 1 und 2 der Anlage zu § 5 Abs 1 Z 5 ÖSG (BGBl I 2002/149) zugewiesen ist, lediglich die in der EinspeisetarifV für „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ vorgesehenen Vergütungen geleistet; die beklagte Partei verweigert jedoch die Zahlung der Differenz zum - höheren - Tarif für „Biomasse“. Für den Ausgang des Verfahrens ist daher die Abgrenzung zwischen Biomasse und Abfall mit hohem biogenen Anteil entscheidend.

Es ist zweckmäßig, an dieser Stelle die relevanten innerstaatlichen Normen wiederzugeben:

§ 11 Abs 1 ÖSG in der hier noch anzuwendenden Fassung (BGBl I 2002/149 und BGBl I 2006/105) vor der 2. Ökostrom-Novelle 2008 (BGBl I 2008/114) ermächtigt den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, durch Verordnung Preise pro kWh für die Abnahme von elektrischer Energie aus Kleinwasserkraftwerksanlagen und sonstigen Ökostromanlagen, für die eine Abnahme- und Vergütungspflicht gemäß § 10 Z 3 und 4 ÖSG besteht, festzusetzen. Die festgesetzten Preise können weitere Differenzierungen enthalten. So ist eine Differenzierung nach der Engpassleistung der Ökostromanlagen und innerhalb der Anlagenkategorien auf Basis von Biomasse oder Abfall mit hohem biogenen Anteil zulässig.

§ 7 Abs 1 und 2 der EinspeisetarifV lautet:

§ 7. (1) Als Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Stromerzeugungsanlagen (Neuanlagen), die unter ausschließlicher Verwendung des Energieträgers feste Biomasse (zB Waldhackgut) betrieben werden, werden folgende Beträge festgesetzt:

1. bis zu einer Engpassleistung von 2 MW … 16,00 Cent/kWh;

2. bei einer Engpassleistung über 2 MW bis einschließlich 5 MW … 15,00 Cent/kWh;

3. bei einer Engpassleistung über 5 MW bis einschließlich 10 MW … 13,00 Cent/kWh;

4. bei einer Engpassleistung von mehr als 10 MW … 10,20 Cent/kWh.

(2) Als Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Stromerzeugungsanlagen (Neuanlagen), die unter ausschließlicher Verwendung des Energieträgers Abfälle mit hohem biogenen Anteil betrieben werden, werden folgende Beträge festgesetzt:

1. Bei Verwendung von Primärenergieträgern gemäß allen fünfstelligen Schlüsselnummern der Tabelle 2 der Anlage zu § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz, die mit SN 17 beginnen, werden die in Absatz 1 festgesetzten Preise um 20 % reduziert;

2. bei Verwendung von Primärenergieträgern gemäß allen fünfstelligen Schlüsselnummern der Tabelle 1 der Anlage zu § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz, die mit SN 17 beginnen, werden die in Absatz 1 festgesetzten Preise um 35 % reduziert;

3. bei Verwendung von Primärenergieträgern gemäß allen anderen fünfstelligen Schlüsselnummern der Tabelle 1 und 2 der Anlage zu § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz, werden die Preise mit 2,7 Cent/kWh festgesetzt;

4. bei Kombinationen aus Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 2 bzw. 3 kommt ein anteiliger Tarif nach den eingesetzten Brennstoffmengen, bezogen auf die Brennstoffwärmeleistung, zur Anwendung.

§ 5 Abs 1 Z 1, Z 4 und Z 11 ÖSG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der 2. Ökostrom-Novelle 2008 (BGBl I 2008/114) lautet unter der Überschrift „Begriffsbestimmungen“:

§ 5. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck

1. „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ die in der Anlage 1 angeführten Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Haushalten, definiert durch die zugeordnete 5-stellige Schlüsselnummer gemäß Anlage 5 Abfallverzeichnis der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 89/2005; ...

4. „Biomasse“ den biologisch abbaubaren Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige; …

11. „erneuerbare Energieträger“ erneuerbare, nichtfossile Energieträger (Wind, Sonne, Erdwärme, Wellen- und Gezeitenenergie, Wasserkraft, Biomasse, Abfall mit hohem biogenen Anteil, Deponiegas, Klärgas und Biogas); ...

Die Anlage 1 zum ÖSG in der hier anzuwendenden Fassung lautet:

Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs. 1 Z 1

Abfälle mit hohem biogenen Anteil sind die nachfolgend in Tabelle 1 und (mit den angegebenen Einschränkungen) in Tabelle 2 angeführten Abfallarten, definiert durch die zugeordnete fünfstellige Schlüssel-Nummer und gegebenenfalls durch die zusätzliche zweistellige Spezifizierung gemäß Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung. Teilmengen von Abfallarten, die nicht in den Tabellen 1 und 2 angeführt sind, gelten nicht als Abfälle mit hohem biogenen Anteil oder als Biomasse.

Tabelle 1: Abfälle mit hohem biogenen Anteil

Schlüssel-Nummer und Spezifizierung

Abfallbezeichnung und Spezifizierung

12 Abfälle pflanzlicher und tierischer Fetterzeugnisse

123 Abfälle aus der Produktion pflanzlicher und tierischer Fette und Wachse

12301 Wachse

125 Emulsionen und Gemische mit pflanzlichen und tierischen Fettprodukten

12501 Inhalt von Fettabscheidern

12503 Öl-, Fett- und Wachsemulsionen

17 Holzabfälle

171 Holzabfälle aus der Be- und Verarbeitung

17104 Holzschleifstäube und -schlämme

17104 01 Holzschleifstäube und -schlämme - (aus) behandeltes(m) Holz

17104 02 Holzschleifstäube und -schlämme - (aus) nachweislich ausschließlich mechanisch behandeltes(m) Holz

17104 03 Holzschleifstäube und -schlämme - (aus) behandeltes(m) Holz, schadstofffrei

17114 Staub und Schlamm aus der Spanplattenherstellung

17115 Spanplattenabfälle

172 Holzabfälle aus der Anwendung

17202 Bau- und Abbruchholz 1)

17202 01 Bau- und Abbruchholz - (aus) behandeltes(m) Holz 1)

17202 02 Bau- und Abbruchholz - (aus) nachweislich ausschließlich mechanisch behandeltes(m) Holz

17202 03 Bau- und Abbruchholz - (aus) behandeltes(m) Holz, schadstofffrei

17207 Eisenbahnschwellen

17209 Holz (zB Pfähle und Masten), teerölimprägniert

17209 88 Holz (zB Pfähle und Masten), teerölimprägniert - ausgestuft

18 Zellulose-, Papier- und Pappeabfälle

184 Abfälle aus der Zelluloseverarbeitung

18401 Rückstände aus der Papiergewinnung (Spuckstoffe) ohne Altpapieraufbereitung

187 Papier- und Pappeabfälle

18702 Papier und Pappe, beschichtet

19 Andere Abfälle aus der Verarbeitung und Veredelung tierischer und pflanzlicher Produkte

199 Andere Abfälle aus der Verarbeitung und Veredelung tierischer und pflanzlicher Produkte

19909 Sudkesselrückstände (Seifenherstellung)

94 Abfälle aus der Wasseraufbereitung, Abwasserbehandlung und Gewässernutzung

947 ...

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