Entscheidungs 4Ob151/15g. OGH, 22-09-2015

ECLIECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00151.15G.0922.000
Record NumberJJT_20150922_OGH0002_0040OB00151_15G0000_000
Judgement Number4Ob151/15g
Date22 Septiembre 2015
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Insolvenz-Entgelt-Fonds, pA IEF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, gegen die beklagte Partei KR H***** K*****, vertreten durch Dr. Viktor Igáli-Igálffy, Rechtsanwalt in Mödling, wegen 139.504 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Mai 2015, GZ 4 R 9/15w-30, mit dem das Zwischenurteil des Landesgerichts St. Pölten vom 27. September 2014, GZ 40 C 24/13i-18, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte war vom 20. 10. 2006 bis 30. 1. 2008 Geschäftsführer der I***** GmbH (im Folgenden: I*****). Der über das Vermögen dieser Gesellschaft vom Handelsgericht Wien am 18. 2. 2008 eröffnete Konkurs wurde mit Beschluss dieses Gerichts vom 9. 4. 2013 mangels Kostendeckung aufgehoben. Die I***** war zumindest seit Juli 2007 zahlungsunfähig, was dem Beklagten spätestens ab Juli 2007 bekannt war. Die Gesellschaft zahlte zumindest im Dezember 2007 keine Gehälter an ihre Mitarbeiter aus, obwohl sie zur Zahlung dieser Gehälter verpflichtet gewesen wäre.

Infolge des Konkurses der I***** wurden von der IAF-Service GmbH (nunmehr IEF-Service GmbH) an diverse Arbeitnehmer dieser Gesellschaft Insolvenz-Entgelte beziehungsweise Insolvenz-Ausfallsgelder bezahlt. Ein Teil der von Arbeitnehmern der I***** geltend gemachten Bezüge sind Bezüge, die während der Zeit, während der der Beklagte Geschäftsführer der I***** war, durch diese Gesellschaft als Arbeitgeberin zu bezahlen gewesen wären, ein Teil der Forderungen, die letztlich von der klagenden Partei bezahlt wurden, entfällt auf die Phase, in der der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer war. Insgesamt wurde durch die klagende Partei ein Gesamtbetrag von 139.504 EUR ausbezahlt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichts zu 34 Hv 41/10m vom 24. 5. 2011 wurde der Beklagte des Verbrechens des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig gesprochen. Nach dem Urteilsspruch hat er als Geschäftsführer der I***** von Juli 2007 bis Dezember 2007 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der C***** GmbH & Co KG durch Täuschung über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der I***** zur Überlassung von Arbeitskräften verleitet, wodurch die C***** GmbH & Co KG im Ausmaß von 95.184,74 EUR am Vermögen geschädigt wurde. Mit gleichem Urteil wurde der Angeklagte vom weiters gegen ihn erhobenen Vorwurf des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 161 Abs 1, § 156 Abs 1 StGB freigesprochen.

Die klagende Partei machte die Klagsforderung mit der Begründung geltend, dass die nach dem IESG befriedigten Forderungen der Arbeitnehmer gegen die I***** wegen § 11 Abs 1 IESG auf die klagende Partei übergegangen seien. Der Beklagte sei wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB rechtskräftig verurteilt worden. Seine im Zusammenhang mit der Insolvenz stehende Straftat habe letztlich zu einer Konkursverschleppung geführt, zumal er den Geschäftsbetrieb trotz offensichtlicher Überschuldung aufrecht erhalten habe. Durch diese Tat sei die Fortführung des Unternehmens bewusst ermöglicht worden. Dem Beklagten sei die Zahlungsunfähigkeit spätestens ab dem 11. 6. 2007 bekannt gewesen. Ab dem 1. 8. 2007 seien laufende Entgelte nicht mehr ausbezahlt worden, darüber hinaus seien nach Wissen um die Zahlungsunfähigkeit ab dem 11. 6. 2007 sogar weitere Arbeitnehmer durch den Beklagten angestellt worden. Durch den Beklagten habe letztlich eine Konkursverschleppung stattgefunden, die Finanzierung des Fortbetriebs sei in sittenwidriger Weise auf die klagende Partei verlagert worden, weshalb auch der Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung im Sinn des § 1295 Abs 2 ABGB erfüllt sei.

Der Beklagte bestritt eine Haftung nach § 11 Abs 3 IESG. Seine Verurteilung beziehe sich ausschließlich auf die Täuschung und Schädigung einer dritten Gesellschaft. Im Strafurteil seien keinerlei Feststellungen getroffen worden, wonach er Arbeitnehmer der I***** geschädigt hätte. Auch die Schadensbeträge im Strafverfahren sowie im Insolvenzentgeltverfahren stünden nicht miteinander im Einklang, zudem habe seine Geschäftsführertätigkeit für die I***** am 30. 1. 2008 geendet. Für Schäden, die nach diesem Zeitpunkt entstanden seien, hafte er daher jedenfalls nicht. Zudem werde die Höhe der von den Arbeitnehmern reklamierten Forderungen bestritten.

Das Erstgericht sprach mit seinem Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Ausgehend von den eingangs zusammengefassten Feststellungen ging es davon aus, dass die klagende Partei nach § 11 Abs 3 Satz 3 IESG berechtigt sei, zur Hereinbringung der auf sie übergegangenen und nicht hereingebrachten Forderungen auch auf das Vermögen des Organs des Arbeitgebers zu greifen, wenn das Organ im Zusammenhang mit der Insolvenz nach § 1 IESG wegen schweren Betrugs nach § 147 StGB verurteilt worden sei.

Nach dem Strafurteil habe der Beklagte ab Juli 2007 Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der I***** gehabt, wobei ohne diese Kenntnis ein Freispruch zu fällen gewesen wäre. Der Zivilrichter dürfe keine vom Strafurteil abweichenden Feststellungen über den Nachweis der strafbaren Handlung, ihre Zurechnung und den...

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