Entscheidungs 4Ob182/20y. OGH, 10-12-2020

ECLIECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00182.20Y.1210.000
Judgement Number4Ob182/20y
Date10 Diciembre 2020
Record NumberJJT_20201210_OGH0002_0040OB00182_20Y0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin C***** AG, *****, vertreten durch Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz, gegen den Beklagten D***** L*****, vertreten durch Hoffmann & Sykora Rechtsanwälte KG in Tulln an der Donau, wegen Unterlassung und Herausgabe (Streitwert im Provisorialverfahren 50.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 10. September 2020, GZ 30 R 189/20i-15, womit der Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 13. Juli 2020, GZ 30 Cg 31/20f-10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die einstweilige Verfügung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat ihre Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, der Beklagte hat seine diesbezüglichen Kosten endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Die klagende deutsche GmbH entwickelt und vertreibt in Österreich und in Deutschland Software für Ärzte, Krankenhäuser, Labore und sonstige medizinische oder gesundheitsbezogene Betriebe.

[2] Der Beklagte hat ab 2001 die Software S***** entwickelt. Sein Know-How brachte er 2004 in eine von ihm mitbegründete GmbH (in der Folge: SoftwareGmbH) ein, deren Geschäftsführer er bis Ende März 2019 war. Zur Produktfamilie S***** gehört auch die I***** Software, die ab 2018 entwickelt wurde.

[3] 2017 schloss die SoftwareGmbH mit der Klägerin einen Kooperationsvertrag (betreffend Marketing und Nutzung der Produktfamilie S*****) und eine sogenannte „Escrow“-Vereinbarung (betreffend die Hinterlegung der Quellcodes zugunsten der Klägerin bei einem neutralen Dritten als Treuhänder). Unstrittig ist der Inhalt dieser Verträge: Festgehalten wird, dass die SoftwareGmbH die Software am europäischen Markt entwickelt, vertreibt und lizensiert (Präambel des Kooperationsvertrags). Der Klägerin wird das exklusive Vertriebsrecht für Österreich und Deutschland (§ 2 Z 1 des Kooperationsvertrags) sowie ein Vorkaufsrecht hinsichtlich der Geschäftsanteile der SoftwareGmbH (§ 9 des Kooperationsvertrags) eingeräumt. Für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände (Insolvenz, Liquidation oder Einstellung des Geschäftsbetriebs der SoftwareGmbH) wird der Klägerin das Recht eingeräumt, den Quellcode um einen bereits bestimmten und genannten Betrag ausgefolgt zu erhalten (Punkt 4 der „Escrow“-Vereinbarung) und danach die Vertragssoftware unwiderruflich und unbegrenzt in jeder Hinsicht selbst oder durch Weitergabe an Dritte zu verwerten und weiterzuentwickeln (Punkt 5 der „Escrow“-Vereinbarung).

[4] Unter „Quellcode“ (englisch source code) versteht man in der Informatik den für Menschen lesbaren, in einer Programmiersprache geschriebenen Text eines Computerprogramms, der das Programm formal so exakt und vollständig beschreibt, dass dieses aus ihm vollständig automatisch von einem Computer in Maschinensprache übersetzt werden kann (https://de.wikipedia.org/wiki/ Quelltext, abgerufen am 1. 12. 2020).

[5] Nach der Auflösung seines Dienstverhältnisses zur SoftwareGmbH und dem Ausscheiden als deren Geschäftsführer Ende März 2019 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er an der SoftwareGmbH kein Interesse mehr habe und alle weiteren strategischen und die Partnerschaft zwischen Klägerin und SoftwareGmbH betreffenden Gespräche künftig mit seiner Ex-Gattin zu führen seien. Diese ist nunmehr alleinige Gesellschafterin und mit Stichtag 15. 3. 2019 auch alleinige Geschäftsführerin der SoftwareGmbH. In der Folge hat die Klägerin als Käuferin mit Kaufvertrag (Asset Purchase Agreement) vom 15. 10. 2019 von der SoftwareGmbH als Verkäuferin alle von dieser entwickelten und hergestellten Produkte und Dienstleistungen...

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