Entscheidungs 6Ob19/18i. OGH, 28-03-2018

ECLIECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00019.18I.0328.000
Record NumberJJT_20180328_OGH0002_0060OB00019_18I0000_000
Date28 Marzo 2018
Judgement Number6Ob19/18i
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Kodek in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Mag. Stefan Meusburger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** S*****, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Krückl Dr. Lichtl Dr. Huber Mag. Eilmsteiner in Linz, wegen Feststellung (Streitwert 300.000 EUR) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 19. Dezember 2017, GZ 4 R 155/17a-22, womit über Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 29. September 2017, GZ 57 Cg 14/17x-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.424,96 EUR (darin 404,16 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens sowie die mit 2.909,70 EUR (darin 484,95 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist im Handelsregister des Kantons St. Gallen als Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht eingetragen. Sie hat ihren Sitz seit dem Jahr 2006 in der Schweiz. Unternehmenszweck der Klägerin ist die Durchführung und Finanzierung von Leasinggeschäften mit Maschinen für die Metallverarbeitung.

Die Beklagte ist die Witwe des am 26. 4. 2012 verstorbenen G***** S*****. C***** S***** ist das einzige Kind der Beklagten und des G***** S*****. C***** S***** war am 6. 12. 2016 allein zeichnungsberechtigter und alleinvertretungsbefugter Verwaltungsrat der Klägerin. Als solcher war er im Handelsregister des Kantons St. Gallen eingetragen. Das Dienstverhältnis von C***** S***** zur Klägerin wurde mit Schreiben der Klägerin vom 30. 9. 2016 zum 31. 12. 2016 gekündigt, wobei C***** S***** im Kündigungsschreiben mitgeteilt wurde, dass er ab sofort keine Spesen (Tanken, Reparaturen, Service, Reisekosten usw) zu Lasten der Klägerin verursachen dürfe. Die Löschung von C***** S***** als alleinzeichnungsberechtigter und alleinvertretungsbefugter Verwaltungsrat der Klägerin wurde am 10. 1. 2017 im Handelsregister eingetragen. Einziger weiterer alleinzeichnungsberechtigter und allein-vertretungsbefugter Verwaltungsrat der Klägerin war am 6. 12. 2016 Dr. F***** M*****, der zugleich Präsident des Verwaltungsrats war.

Die Beklagte hat ihren Wohnsitz in Nüziders in Österreich.

Am 6. 12. 2016 schloss C***** S***** als Vertreter der Klägerin mit der Beklagten, eine Vereinbarung ab. Darin veräußerte er eine Reihe von Maschinen im Bereich Aluminiumherstellung. Gleichzeitig war vorgesehen, dass diese Maschinen von zwei im gleichen Gruppenverband agierenden Gesellschaften weiterhin gemietet werden können. Die Vereinbarung sollte Schweizer Recht unterstehen; als Gerichtsstand war „Zürich 1“ vereinbart.

Einzige Gesellschafterin der Klägerin war bei Abschluss der Vereinbarung am 6. 12. 2016 die G***** Privatstiftung, die ihren Sitz in B***** hat und mit Stiftungserklärung vom 19. 4. 2012 von G***** S*****, als Erststifter, der Beklagten als Zweitstifterin und C***** S***** als Drittstifter errichtet worden war.

Die Klägerin begehrt in ihrer Klage die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der oben wiedergegebenen Vereinbarung vom 6. 12. 2016, in eventu deren Aufhebung, sowie die Feststellung, dass die Beklagte ihr für sämtliche zukünftigen Schäden aus der Geltendmachung von Rechten aus dieser Vereinbarung bzw aus dem auf deren Grundlage ausgestellten Wechsel hafte. C***** S***** habe am 6. 12. 2016 unter Missbrauch seiner Vertretungsmacht als Vertreter der Klägerin für diese eine Vereinbarung mit der Beklagten abgeschlossen. Diese Vereinbarung sehe die Veräußerung des gesamten Maschinenparks der Klägerin vor, was einer Teilliquidation gleichkomme. Durch die Vereinbarung werde die Klägerin in unvertretbarer Weise benachteiligt. Die Vereinbarung sei ohne Genehmigung und ohne Kenntnis der Generalversammlung, ohne Zustimmung und ohne Kenntnis des Verwaltungsrats und ohne entsprechende Vollmacht des C***** S***** abgeschlossen worden. Der Missbrauch der Vertretungsmacht, der allen Beteiligten bewusst gewesen sei, bewirke die Rechtsunwirksamkeit der Vereinbarung. Die in der Vereinbarung getroffene absurde Vereinbarung eines Gerichtsstands in Zürich sei ebenso unwirksam wie die Vereinbarung selbst.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit. In der Vereinbarung vom 6. 12. 2016 sei für allfällige Streitigkeiten der Gerichtsstand Zürich 1 vereinbart worden. Bei dieser Gerichtsstandsvereinbarung handle es sich um einen prozessrechtlichen Vertrag, der die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts Zürich 1 rechtsverbindlich festlege. Wegen ihrer prozessrechtlichen Natur könne die Gerichtsstandsvereinbarung aus materiell-rechtlichen Gründen nicht bekämpft und ihre Aufhebung nicht wegen eines behaupteten Willensmangels begehrt werden. Diese teile...

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