Entscheidungs 6Ob198/12d. OGH, 28-08-2013

ECLIECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00198.12D.0828.000
Record NumberJJT_20130828_OGH0002_0060OB00198_12D0000_000
Judgement Number6Ob198/12d
Date28 Agosto 2013
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin M***** B*****, vertreten durch GRAFF NESTL & PARTNER Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin B***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen Bucheinsicht (§ 22 Abs 2 GmbHG), über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 1. August 2012, GZ 28 R 88/12k-22, womit der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 28. Februar 2012, GZ 1 Fr 4349/11d-18, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Erstgerichts wird wiederhergestellt.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 3.594,78 EUR (darin 599,13 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung und des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die 1937 geborene Antragstellerin ist mit einem Anteil von 25 % Gesellschafterin der Antragsgegnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Ehemann der Antragstellerin (im Folgenden: Erblasser) war bis zu seinem Tod im Jahr 2009 mit 75 % an der Antragsgegnerin beteiligt. Über diesen Geschäftsanteil verfügte er testamentarisch, dass die beiden gemeinsamen Söhne Mag. W***** B***** und Mag. A***** B***** je eine Beteiligung von rund 37 % und die Antragstellerin eine weitere Beteiligung von rund 1 % erhalten sollten. Während die beiden Söhne bereits aufgrund der Amtsbestätigung des Verlassenschaftsgerichts die ihnen vererbten Stammeinlagen erwarben, ist die der Antragstellerin vererbte Stammeinlage von der Nachlassseparation erfasst. Derzeit sind daher an der Antragsgegnerin die Antragstellerin mit 25 %, die beiden Söhne mit je 37 % und die durch den Verlassenschafts- und Separationskurator vertretene Verlassenschaft nach dem Erblasser mit 1 % beteiligt. Das Verlassenschaftsverfahren ist noch anhängig.

Die Antragstellerin war nach dem Tod des Erblassers zunächst Geschäftsführerin der Antragsgegnerin. Sie wurde mit Beschluss der Generalversammlung vom 23. März 2010 wirksam abberufen (6 Ob 99/11v). Selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer sind F***** L***** (vertritt seit 4. August 2010) und Mag. A***** B***** (vertritt seit 1. April 2011); Mag. W***** B***** vertritt als Prokurist selbständig die Antragsgegnerin seit 23. Juli 2010.

Gesellschafter der B***** & Co. OG (FN *****; im Folgenden: B***** & Co) sind die Antragstellerin und die Verlassenschaft nach dem Erblasser. Zwischen der Antragstellerin einerseits und der Antragsgegnerin sowie den Söhnen der Antragstellerin andererseits gibt es eine Vielzahl von gerichtlichen und außergerichtlichen Streitigkeiten. Unter anderem klagte die Antragstellerin die Antragsgegnerin hinsichtlich der an diese vermieteten Firmenzentrale auf Mietzins und Räumung und brachte zuletzt auch eine Aufkündigung ein.

Die Familie B***** betreibt seit 1931 unter verschiedenen Firmen den Handel mit KFZ-Ersatzteilen. Die Stammfiliale war zunächst in der Wiener Innenstadt etabliert. Über Jahrzehnte hinweg führten der Erblasser und die Antragstellerin die Geschäfte. Die B***** & Co, deren unbeschränkt haftende Gesellschafter der Erblasser und die Antragstellerin waren, führte zunächst das gesamte Filialnetz. Der Betrieb „Einkauf, Lagerung und Verteilung von KFZ-Teilen“ der B***** & Co wurde zunächst auf eine OHG übertragen und in der Folge in die Antragsgegnerin eingebracht. Schließlich wurde auch der Handel mit KFZ-Teilen aller Filialen, ausgenommen die Stammfiliale in der Wiener Innenstadt und das Liegenschaftsvermögen, an die Antragsgegnerin übertragen.

Die Antragsgegnerin und die B***** & Co sind im Wesentlichen im selben Geschäftsbereich tätig, nämlich im Handel mit KFZ-Ersatzteilen, zu deren Kunden sowohl Privatpersonen als auch Werkstätten zählen. Die B***** & Co ist im Raum Wien geschäftlich tätig, während die Antragsgegnerin das Stadtgebiet aus ihren Filialen in ***** und ***** Wien sowie aus P***** abdeckt. Das überwiegende Geschäft sowohl der Antragsgegnerin als auch der B***** & Co liegt im Verkauf von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterial für Kraftfahrzeuge an KFZ-Werkstätten; weitere Abnehmer sind kleinere regionale Handelsunternehmen sowie sogenannte „Do it yourselfer“. Die Kunden holen zum Teil die Ware selbst im Geschäft, zum Teil werden sie über Botendienste oder eigene Lieferfahrer, vereinzelt auch vom Hersteller beliefert. Die ständigen Kunden, wie etwa Werkstätten, werden bei beiden Gesellschaften von Außendienstmitarbeitern betreut. Der potenzielle Kundenkreis ist geschlossen und auf dem Markt im Wesentlichen bekannt (österreichweit ca 5.000 Kunden). Während die Antragsgegnerin österreichweit von ihren Filialen aus operiert, verfügt die B***** & Co nur über ein Geschäftslokal in der Wiener Innenstadt, von dem aus primär, wenn auch nicht ausschließlich, die Wiener Gürtel-Innenbezirke (1. bis 9., 20. Bezirk; das sind ca 200 potenzielle Werkstattkunden) beliefert werden. Auch von diesem Standort aus kann ein weiteres Einzugsgebiet ohne größere Probleme beliefert werden.

Das Umsatzvolumen der B***** & Co betrug vor einigen Jahren ca 2,5 % von jenem der Antragsgegnerin. Beide Gesellschaften benutzen das gleiche Logo; den Kunden ist zum Teil nicht bewusst, dass es sich um zwei verschiedene Gesellschaften handelt.

Bis zum Zerwürfnis nach dem Tod des Erblassers waren die Geschäftstätigkeiten der beiden Gesellschaften miteinander verflochten. So erledigte die Antragsgegnerin etwa auch die Datenverwaltung der B***** & Co. Im Zuge des Zerwürfnisses stellte die Antragsgegnerin jedoch Anfang 2011 diese Tätigkeit ein. Am 31. Jänner 2011 wurden sowohl physische als auch elektronisch abgesicherte Unternehmensdaten der B***** & Co der Antragstellerin bzw deren Mitarbeiter oder bevollmächtigten Vertreter übergeben. Die Antragstellerin behauptet, dass die übergebenen Daten nicht vollständig seien.

Ende Jänner 2011 verständigte die Antragsgegnerin ihre Kunden, dass sie ab 1. Februar 2011 keine Bestellungen für die Lieferung von Waren der Filiale der B***** & Co aus Wien 1 mehr entgegen nehme.

Die B***** & Co reagierte darauf mit Schreiben vom 28. Jänner 2011, worin sie ihren Kunden mitteilte, dass sie ab 1. Februar 2011 direkt Bestellungen entgegennehme. Der genaue Kreis der Kunden, der diese Schreiben empfangen hat, kann nicht festgestellt werden. Im Wesentlichen dürften beide Schreiben an die meisten KFZ-Werkstätten in Wien ergangen sein.

Wesentliche Geschäftsgeheimnisse, die im Falle einer Bucheinsicht eingesehen werden können, sind bei der Antragsgegnerin deren Preislisten, die Kundenkonditionen, die Lagerstände...

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