Entscheidungs 6Ob22/17d. OGH, 01-03-2017

ECLIECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00022.17D.0301.000
Date01 Marzo 2017
Judgement Number6Ob22/17d
Record NumberJJT_20170301_OGH0002_0060OB00022_17D0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter im Nachprüfungsverfahren gemäß § 33 ÜbG gegen 1. A***** AG, *****, 2. M*****P***** Limited, *****, 3. W***** AG, *****, diese drei vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, 4. C*****, 5. C***** Privatstiftung, *****, beide vertreten durch EY Law Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH in Wien, 6. P***** LLP, *****, vertreten durch Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, 7. B***** S.A.M., *****, vertreten durch Mag. Martin Platte, Rechtsanwalt in Wien, 8. R*****, 9. C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Pramberger, Rechtsanwalt in Wien, 10. G*****, vertreten durch Mag. Martin Platte, Rechtsanwalt in Wien, 11. D***** Limited, *****, 12. W*****, beide vertreten durch Weber Rechtsanwälte GmbH in Wien, 13. M***** S.A., *****, vertreten durch Rautner Rechtsanwälte GmbH, 14. B***** GmbH, *****, 15. J*****, beide vertreten durch Denkmaier Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in Hofkirchen im Traunkreis, sowie 16. c***** SE, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, über die Rekurse der A***** AG, der M*****P***** Limited, der W***** AG, der P***** LLP und der P***** Ltd, *****, vertreten durch Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, sowie des C***** gegen den Bescheid der Übernahmekommission vom 22. November 2016, GZ 2016/1/2-313, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Rekursen wird nicht Folge gegen.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihrer Rekurse selbst zu tragen.

Text

Begründung:

I. Einleitung des Nachprüfungsverfahrens

Am 22. 2. 2016 fand eine informelle Besprechung der Übernahmekommission mit dem Management der c***** SE (im Folgenden: „Zielgesellschaft“) statt. Auf Nachfrage der Übernahmekommission berichtete das Management von Kontakten mit A***** AG („A*****“), die seit August 2015 mittelbar über M***** Limited („M*****“) eine Beteiligung an der Zielgesellschaft in der Höhe von 24,79 % hält.

Im Herbst 2015 hätten Gespräche zwischen der Zielgesellschaft und A***** stattgefunden, in denen es vor allem darum gegangen sei, wie man Synergien zwischen den Gesellschaften heben könne und ob gegebenenfalls ein Reverse Takeover möglich sei. Die Gespräche hätten meist im Beisein von C***** stattgefunden, der als „verdeckter Chef“ von A***** auftrete. Der Plan sei gewesen, einen Großteil des Immobilienvermögens der A***** zu kaufen und als Gegenleistung dafür Aktien der Zielgesellschaft an A***** zu transferieren, sodass A***** im Ergebnis über 50 % an der Zielgesellschaft gehalten hätte. C***** habe erklärt, dass ein Sitz im Verwaltungsrat mit W***** besetzt werden müsse, weil K***** von P***** LLP („P*****“) sonst bei der Transaktion „nicht mitspiele“. Letztere Gesellschaft sei im Herbst 2015 mit rund 7,2 % an der Zielgesellschaft beteiligt gewesen. Die Transaktion sei letztlich aufgrund unterschiedlicher Preisvorstellungen nicht zustande gekommen. K***** habe im Dezember 2015 bei einem Treffen mit W*****, geschäftsführender Direktor der Zielgesellschaft, die Transaktionsstruktur detailliert dargestellt.

Am 11. 2. 2016 verlangte A***** über ihre Tochtergesellschaft M***** die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung der Zielgesellschaft. Die Tagesordnung sah eine Beschlussfassung darüber vor, drei der damals vier Mitglieder des Verwaltungsrats vorzeitig abzuberufen. Gleichzeitig beantragte M*****, dass D*****, H***** und W***** anstelle der abzuwählenden Mitglieder in den Verwaltungsrat gewählt würden. Zudem sollte die Anzahl der Verwaltungsratsmitglieder von fünf auf vier reduziert werden. In diesem Zusammenhang äußerte K***** in einem Telefonat mit dem Leiter der Geschäftsstelle der Übernahmekommission unter anderem, dass W***** Konsulent für P***** sei; dieser sei „sein Mann“ und agiere für ihn.

Letztlich zog M***** während der Hauptversammlung am 17. 3. 2016 die Anträge zur Abwahl der Verwaltungsratsmitglieder sowie zur Reduktion der Verwaltungsratsmitglieder von fünf auf vier zurück. Im darauffolgenden Wahlgang wurde der von A***** vorgeschlagene Kandidat Dr. D***** als fünftes Verwaltungsratsmitglied gewählt.

A***** und P***** hielten im März 2015 gemeinsam rund 32 % der Anteile an der Zielgesellschaft. Mit D***** Limited und B***** GmbH waren noch weitere Gesellschaften, die in einem persönlichen bzw geschäftlichen Naheverhältnis zu C***** bzw A***** stehen, an der Zielgesellschaft beteiligt. Gemeinsam mit diesen Gesellschaften hielten A***** und P***** insgesamt rund 35,8 % an der Zielgesellschaft. Im Vorfeld der Hauptversammlung sank die Beteiligung auf 32,5 %. Es gab keine Beteiligungsmeldungen gemäß § 26a ÜbG oder nach den Bestimmungen des BörseG; ebensowenig wurde ein Pflichtangebot gemäß §§ 22 ff ÜbG gestellt.

Aufgrund dieser Sachlage beschloss die Übernahmekommission am 7. 3. 2016 die amtswegige Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 33 ÜbG. Gegenstand dieses Verfahrens ist, ob A*****, C***** und P***** sowie allfällige weitere Personen als gemeinsam vorgehende Rechtsträger im Sinne des § 1 Z 6 ÜbG zu qualifizieren seien und damit die Angebotspflicht gemäß §§ 22 ff ÜbG verletzt wurde. Dies betrifft insbesondere mögliche Absprachen rund um die geplante Transaktion im Herbst 2015 sowie im Vorfeld der außerordentlichen Hauptversammlung der Zielgesellschaft vom 17. 3. 2016.

II. Entscheidung der Übernahmekommission

A. Spruch

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Übernahmekommission aus, A*****, M*****, W***** AG, C***** und P***** hätten gemäß § 33 Abs 1 Z 2 ÜbG ein Pflichtangebot zu Unrecht nicht gestellt. In Bezug auf die weiteren Parteien wurde das Verfahren eingestellt. A*****, M*****, W***** AG, C***** und P***** wurden zur Entrichtung einer Gebühr in Höhe von 21.400 EUR sowie von Barauslagen in der Höhe von 6.360 EUR verpflichtet.

B. Sachverhaltsfeststellungen

Dabei ging die Übernahmekommission von folgendem Sachverhalt aus:

Die Parteien waren im Zeitraum September bis November 2015 wie folgt an der Zielgesellschaft beteiligt:

ktionär

September 2015

Oktober 2015

November 2015

P***** LLP

(5.111.139 Aktien)*

6,10 %

6,10 %

5,99 %

M********** Ltd

(21.160.921 Aktien)

25,26 %

25,26 %

24,79 %

D***** Limited

(2.400.000 Aktien)

2,86 %

2,86 %

2,81 %

B***** GmbH

(1.000.000 Aktien)

1,19 %

1,19 %

1,17%

Gesamt

35,41 %

35,41 %

34,76 %

*Niedrigste Aktienzahl im Zeitraum September 2015 – März 2016

Zum 31. 12. 2014 betrug die Gesamtzahl der Aktien der Zielgesellschaft 85.359.273 Stück, zum 30. 11. 2015 86.937.232 Stück und zum 31. 12. 2015 90.065.143 Stück. Die Veränderungen resultierten aus der Ausgabe von Aktien aus bedingtem Kapital aufgrund der Ausübung von Wandlungsrechten durch Inhaber von Wandelschuldverschreibungen.

Die Anzahl eigener Aktien der Zielgesellschaft betrug zum Stichtag 31. 12. 2014 2.576.464 Stück und lag ab 29. 5. 2015 bei 1.576.464 Stück. Dies ergibt folgendes Bild:

c***** SE

31. 12. 2014

Sept–Okt

2015

30. 11. 2015

31. 12. 2015

31. 1. 2016

Gesamtzahl der Aktien

85.359.273

85.359.273

86.937.232

90.065.143

94.593.612

Gesamtzahl abzüglich eigener Aktien

82.782.809

83.782.809

85.360.768

88.488.679

93.017.148

Damit veränderte sich der Stimmrechtsanteil der Parteien bis zur außerordentlichen Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 17. 3. 2016 wie folgt:

Aktionär

Aktienanzahl

Anteil am Grundkapital

Anteil der Stimmrechte

P***** LLP

5.111.139

5,40 %

5,49 %

M*****P***** Ltd

21.160.921

22,37 %

22,75 %

D***** Limited

3.400.000

3,59 %

3,66 %

W***** AG

985.000

1,04 %

1,06 %

Gesamt

30.657.060

32,40 %

32,96 %

Grafisch lassen sich die Verflechtungen der Verfahrensparteien vor der außerordentlichen Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 17. 3. 2016 wie folgt darstellen (Angaben in % der Stimmrechte):

Die Verringerung der Aktienzahl bei P***** im Vergleich zum Herbst 2015 ist auf Verkäufe von einigen bis dahin von P***** vertretenen Investoren zurückzuführen. Die Erhöhung der Aktienanzahl bei D***** Limited beruht auf einem Erwerb von 1 Mio Aktien von der B***** GmbH. W***** AG hatte mit Wertpapierdarlehensvertrag vom 7. 3. 2016 insgesamt 985.000 Aktien der Zielgesellschaft erworben.

Mit ad-hoc-Meldung vom 30. 9. 2016 gab die Zielgesellschaft bekannt, dass M***** eine von P***** Investment Fund L.P. eingeräumte Call-Option zum Erwerb von 5 Mio Stück Aktien an der Zielgesellschaft am 2. 9. 2016 ausgeübt hatte. Durch diesen Erwerb erhöhte sich die Kapitalbeteiligung der M***** von 22,37 % auf 25,67 % (26.160.921 Aktien). Mit ad-hoc-Meldung vom 3. 10. 2016 gab die Zielgesellschaft bekannt, dass P***** nunmehr Stimmrechte aus insgesamt 1.677.016 Aktien der Zielgesellschaft zuzurechnen seien; dies entspreche 1,65 % des Grundkapitals.

Die Aktionärspräsenzen in den letzten ordentlichen Hauptversammlungen der Zielgesellschaft sowie die erforderlichen Mehrheiten stellen sich wie folgt dar:

Jahr der HV

HV-Präsenz in % vom GK

Erforderlicher Stimmrechtsanteil für eine einfache Mehrheit (in %)

Erforderlicher Stimmrechtsanteil für eine ¾-Mehrheit (in %)

2013

54,84

27,42

41,13

2014

68,86

34,43

51,64

2015

64,01

32,01

48,01

2016 (ao HV)

78,18

39,09

58,64

2016

71,11

35,56

53,33

A***** ist eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in F*****. Die Aktien dieser Gesellschaft notieren am regulierten Markt der Frankfurter Börse im Segment Prime Standard. Das Grundkapital beträgt 47.680.793 EUR.

M***** ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach zypriotischem Recht mit Sitz in N*****, Zypern. Es handelt sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft von A*****, die unmittelbar an der Zielgesellschaft beteiligt ist.

W***** AG ist eine deutsche Aktiengesellschaft, an der A***** 74.735.335 Aktien hält, was einem Anteil am Grundkapital von rund 94 % entspricht.

C***** ist Mitstifter und selbständig vertretungsbefugtes Vorstandsmitglied der C***** Privatstiftung mit Sitz in L*****. Diese Privatstiftung hielt als Gründungsaktionärin bis November 2014 eine Beteiligung an der M***** S.A. im Ausmaß von 25 % des Kapitals und der Stimmrechte....

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