Entscheidungs 6Ob24/11i. OGH, 11-09-2012

ECLIECLI:AT:OGH0002:2012:0060OB00024.11I.0911.000
Judgement Number6Ob24/11i
Date11 Septiembre 2012
Record NumberJJT_20120911_OGH0002_0060OB00024_11I0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichischer Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch), 1013 Wien, Löwelstraße 14, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 31.000 EUR), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Oktober 2010, GZ 4 R 89/10b-13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 10. Februar 2010, GZ 39 Cg 130/08y-9, teilweise abgeändert wurde,

I. am 15. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Entscheidung über die Revisionen ist gemäß § 8 Abs 1 OGHG in einem verstärkten Senat zu fällen.

II. am 11. September 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden, den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer, die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Spenling sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Dr. Gitschthaler, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nowotny als weitere Richter zu Recht erkannt:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird teilweise dahingehend Folge gegeben, dass die beklagte Partei ermächtigt wird, den klageabweisenden Teil des Spruchs des berufungsgerichtlichen Urteils im Umfang des Unterlassungsbegehrens samt Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft einmal in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der „Neue Kronen-Zeitung“, bundesweit erscheinende Ausgabe, auf Kosten der klagenden Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und Fettdruckumrandung, in Normallettern zu veröffentlichen.

Der Revision der beklagten Partei wird weiters dahingehend Folge gegeben, dass die Frist, binnen welcher die beklagte Partei schuldig ist, die Empfehlung der Klauseln 5 und 16 oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, mit drei Monaten festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der Revision der beklagten Partei nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.680,84 EUR (darin 280,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 336,81 EUR (darin 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Achtung - Redaktioneller Hinweis: [Das Entscheidungsdokument weist im Original an einigen Stellen Durchstreichungen auf, die in dieser Darstellung derzeit nicht enthalten sind. Hiezu wird auf das PDF-Dokument verwiesen.]

Entscheidungsgründe:

Der beklagte Verein und nach §§ 19-23 Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 anerkannte Revisions-verband übt die Funktion des Fachverbands der gewerblichen Kreditgenossenschaften der Wirtschaftskammer Österreich aus. Als Interessen- und Revisionsverband der österreichischen Volksbanken bzw des Volksbanken-Finanzverbunds erfüllt der Beklagte neben seinen gesetzlichen Aufgaben auch ihm von seinen Mitgliedern übertragene Dienstleistungen. Im Rahmen dieser Tätigkeit kommt dem Beklagten auch die Aufgabe zu, für seine Mitglieder Musterbedingungen und Vertragsformblätter für den Abschluss von Kreditverträgen, insbesondere im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern, zu verfassen, die der Beklagte den Mitgliedern zur Verfügung stellt und deren Verwendung er empfiehlt. Zumindest bis zum 10. 9. 2008 wurden dabei vom Beklagten empfohlene Klauseln verwendet.

Die Klauseln 5, 6 und 16 lauten:

„5. Derzeitige Kontoführungsgebühr und Mahnspesen laut Schalteraushang. Künftige Änderungen dieser Entgelte wird die Bank dem Kunden sechs Wochen vor deren Inkrafttreten in der vereinbarten Weise bekannt geben; …

6. Mit seiner Unterschrift bestätigt der Kreditnehmer die Kenntnisnahme des effektiven Jahreszinssatzes von 8,30 % ...

16. Die Bank ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur vorzeitigen Auflösung des Kreditverhältnisses mit sofortiger Wirkung berechtigt. Hierunter fallen z.B. Verletzungen von Bestimmungen des Kreditverhältnisses durch den Kreditnehmer oder das Bekanntwerden von Umständen, die geeignet sind, das Vertrauen in seine fortbestehende Kreditwürdigkeit oder die eines Bürgen zu erschüttern, weiters auch alle Umstände, die eine wesentliche Verschlechterung seiner Einkommens- oder Vermögensverhältnisse oder der eines Bürgen, seine Zahlungsunfähigkeit (§ 66 KO) oder die eines Bürgen befürchten lassen.“

Mit Schreiben vom 10. 9. 2008 beanstandete die Klägerin 26 Klauseln, darunter die Klauseln 5, 6 und 16, als gesetz- und sittenwidrig. Sie forderte den Beklagten auf, eine mit Konventionalstrafe gesicherte Unterlassungserklärung im Sinn des § 28 Abs 2 KSchG abzugeben.

Nach Einräumung einer Nachfrist gab der Beklagte mit Schreiben vom 17. 10. 2008 folgende Unterlassungserklärung mit Konventionalstrafvereinbarung ab:

„Unterlassungserklärung

Sehr geehrte Damen und Herren!

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 10. 9. 2008 und die diesem beiliegende Unterlassungserklärung übermitteln wir Ihnen nunmehr jene Form der Unterlassungserklärung, wie sie von uns derzeit als Grundlage der weiteren Formulargestaltung herangezogen wird.

Wir haben bei den einzelnen von Ihnen beanstandeten Bestimmungen, soweit die Abgabe der Unterlassungserklärung nicht ohnehin verweigert wurde (durch Streichung kenntlich!) jeweils hinzugefügt, welche künftig von uns zu verwendenden Formulierungen wir als den beanstandeten Klauseln nicht sinngleich qualifizieren und daher künftig zum Einsatz bringen werden.

Wir bitten Sie um Verständnis dafür, dass im Bereich der Gestaltung der Kreditverträge (Bereich A Ihrer Unterlassungserklärung) die von uns zugesagten Änderungen etwas länger in Anspruch nehmen werden als im Bereich der 'Allgemeinen Kredit- und Darlehensbedingungen', wo das neue Formular relativ kurzfristig zum Einsatz gelangen wird (einen Teil der Änderungen haben wir, wie Ihrer sehr geehrten Frau Dr. Handschmann mitgeteilt, ohnehin bereits Anfang Oktober umgesetzt).

Wir verbleiben

mit freundlichen Grüßen

Österreichischer

Genossenschaftsverband

(Schulze Delitzsch)

DDr. Hans Hofinger Dr. Rainer Borns

Das Unternehmen

Österreichischer Genossenschaftsverband

(Schulze Delitzsch)

Löwelstraße 14

1013 Wien

gibt gegenüber der gemäß § 29 KSchG klagsberechtigten

Bundesarbeitskammer

Prinz Eugen Straße 20 22

1041 Wien

nachfolgende

UNTERLASSUNGSERKLÄRUNG

mit

KONVENTIONALSTRAFVEREINBARUNG

ab:

I.

Das genannte Unternehmen verpflichtet sich gegenüber der Bundesarbeitskammer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern die Verwendung nachstehender oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen und sich auf diese Klauseln soweit diese mit Verbrauchern bereits geschlossenen Verträgen zugrunde gelegt wurden nicht zu berufen:

A. Kreditverträge

1. Allgemeine Kreditbedingungen:

Kreditnehmer, Pfandgeber und Bürgen bestätigen durch die Unterfertigung dieses Kreditvertrages gleichzeitig den Erhalt der 'Allgemeinen Kredit- und Darlehensbedingungen für Verbraucher', die einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bilden und deren Geltung von den genannten Personen ausdrücklich anerkannt wird.

Als nicht sinngleich qualifizieren wir folgende, am Ende der Kreditvereinbarungen an die Stelle der obigen Klausel tretende Bestimmung:

'Mit der(den) nachfolgende(n) Unterschrift(en) wird der Erhalt folgender Beilagen bestätigt:

- Allgemeine Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte (AGB)

- Allgemeine Kredit und Darlehensbedingungen für Verbraucher (AKDB)'

Bemerkt wird, dass der Einsatz der neuen Bestimmung infolge der technischen Schwierigkeiten der Umsetzung erst ab ca 1. 12. 2008 möglich sein wird.

2. Sicherheiten:

Zur Sicherstellung der der Bank gegen den Kreditnehmer bereits zustehenden oder künftig zustehenden Forderungen sowie Ansprüche, gleich welcher Art, aus der Inanspruchnahme des gegenständlichen Kredits sowie aus allen darüber hinaus bestehenden oder künftig zu gewährenden Krediten und Darlehen werden Zug um Zug in einer der Bank genehmen Form insbesondere folgende Sicherheiten bestellt.

Als nicht sinngleich qualifizieren wir folgende, an die Stelle der obigen Klausel tretende Bestimmung:

'Zur Sicherstellung der der Bank gegen den Kreditnehmer aus dieser Kreditgewährung zustehenden Forderungen werden Zug um Zug mittels gesonderter Vereinbarungen insbesondere folgende Sicherheiten bestellt:'

Bemerkt wird, dass der Einsatz der neuen Bestimmung infolge der technischen Schwierigkeiten der Umsetzung erst ab ca 1. 12. 2008 möglich sein wird.

3. Bis auf weiteres wird die Bank ihr Pfandrecht nicht im Grundbuch eintragen, ist hiezu aber jederzeit berechtigt.

Als nicht sinngleich qualifizieren wir die obige Klausel mit der nachfolgenden Ergänzung:

'... berechtigt, wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine erhöhte Risikobewertung der Ansprüche gegen den Kreditnehmer rechtfertigen.'

Bemerkt wird, dass der Einsatz der neuen Bestimmung infolge der technischen Schwierigkeiten der Umsetzung erst ab ca 1. 12. 2008 möglich sein wird.

[4. ...]

5. Derzeitige Kontoführungsgebühr und Mahnspesen laut Schalteraushang. Künftige Änderungen dieser Entgelte wird die Bank dem Kunden sechs Wochen vor deren Inkrafttreten in der vereinbarten Weise bekannt geben; [...]

Bemerkt wird,...

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