Entscheidungs 6Ob276/06s. OGH, 21-12-2006

ECLIECLI:AT:OGH0002:2006:0060OB00276.06S.1221.000
Judgement Number6Ob276/06s
Date21 Diciembre 2006
Record NumberJJT_20061221_OGH0002_0060OB00276_06S0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Andreas L*****, vertreten durch Lattenmayer Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. ***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Meinrad Küenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, 2. G***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Maximilian Ellinger, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen 300.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. September 2006, GZ 3 R 253/05f-36, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 14. Oktober 2005, GZ 11 Cg 136/04v-30, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.466,70 EUR (darin 411,11 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von den Beklagten - zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung jeweils mit Sitz in Deutschland - Schadenersatz in Höhe von vorläufig 300.000 EUR. Die Beklagten hätten mit Schreiben vom 2. 5. 2002 angeboten, ein Immobilienobjekt in Wien zu einem Kaufpreis von 16,250.000 EUR zu erwerben. Sie hätten dieses Kaufanbot später auch für den Fall bestätigt, dass die Transaktion durch Übertragung von Geschäftsanteilen durchgeführt werde. In einer Besprechung vom 14. 8. 2002 habe Dipl. Ing. Karl-Gerhard H***** bestätigt, dass die Kosten der Vertragserrichtung und der damit verbundenen Arbeiten von den Käufern übernommen würden und dafür ein Honorar in Höhe von 243.750 EUR zuzüglich Umsatzsteuer und Barauslagen angeboten werde. Am 25. 9. 2002 seien die ausverhandelten Verträge paraphiert worden. Die Beklagten hätten die für den 3. 10. 2002 vorgesehene formelle Unterfertigung der Verträge jedoch mit der Begründung verweigert, es mangle an konkreten Nutzern für das Objekt. Sie hätten davor nicht mitgeteilt, dass das Vorhandensein eines konkreten Nutzers Voraussetzung für den Vertragsabschluss sei. Die Kläger seien mit Schreiben vom 22. 10. 2002 vom Vertrag zurückgetreten und hätten die Kosten in Höhe von 290.000 EUR und entgangene Zinsen von 272.530 EUR eingefordert. Die vorgesehene Transaktion habe dann erst zwei Jahre später zu einem deutlich geringeren Preis stattfinden können.

Die Beklagten hätten für den Nichterfüllungsschaden einzustehen; sie hafteten auch für den Vertrauensschaden wegen Verletzung vorvertraglicher Schutz-, Warn- und Aufklärungspflichten, zumal sie hätten erkennen können, dass der Kläger selbst Verbindlichkeiten eingegangen sei. Der Gesamtschaden von 1,913.193,06 EUR errechne sich aus den Nettokosten der Vertragserrichtung (245.750 EUR), frustrierten Kosten einer Wirtschaftsprüfungskanzlei für die Erstellung der Zwischenbilanz (10.000 EUR), entgangenen Zinsen (272.530 EUR) und entgangenem Gewinn (EUR 1,384.913,06). Das angerufene Gericht sei nach Art 5 Nr 3 EuGVVO örtlich zuständig. Ein Anspruch aus vorvertraglicher Haftung falle nicht unter den Erfüllungsgerichtsstand des Art 5 Nr 1 EuGVVO, sondern sei als unerlaubte Handlung im Sinn des Art 5 Nr 3 EuGVVO zu bewerten. Der Schaden sei in Wien 1 eingetreten.

In der Folge gründete der Kläger die internationale Zuständigkeit unter Hinweis auf Art 8 Abs 3 eines „Rahmenvertrages" auch auf das Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung im Sinn des Art 23 Abs 1 lit a EuGVVO. Art 8 Abs 3 des Rahmenvertrags enthalte eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung, die Endversion dieses Rahmenvertrags sei zwischen den Parteien akkordiert und noch einmal schriftlich ausgetauscht worden. Die Übermittlung der Endfassung erfülle bereits das Erfordernis der schriftlichen Bestätigung einer mündlichen Vereinbarung nach Art 23 Abs 1 lit a EuGVVO. Die spätere Paraphierung des Rahmenvertrags durch Dipl. Ing. H***** sei der Erstbeklagten zuzurechnen und erfülle die Schriftform nach Art 23 Abs 1 lit a EuGVVO.

Der Erstbeklagte erhob die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit und der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Der Kläger stütze seine Ansprüche einerseits auf einen bereits paraphierten Vertrag, andererseits auf culpa in contrahendo. Erfüllungsort dieser (Geldzahlungs)ansprüche sei aber der Wohnsitz des Schuldners, sodass weder der Gerichtsstand nach Art 5 Nr 1 noch jener nach Art 5 Nr 3 EuGVVO vorliege. Eine Gerichtsstandsvereinbarung sei nicht zustande gekommen, weil die Erstbeklagte den Rahmenvertrag weder unterfertigt noch paraphiert, noch akkordiert, noch genehmigt habe. Der Rahmenvertrag sei nur zur Vorlage bei Banken zwecks Erlangung einer Finanzierung errichtet worden.

Auch die Zweitbeklagte erhob die Einrede der sachlichen, örtlichen sowie internationalen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Die Klage stelle nicht schlüssig dar, ob der geltend gemachte Anspruch auf Vertrag oder auf deliktisches Handeln gestützt werde. Soweit der Klage ein Kaufvertrag bzw ein Vertrag über den Erwerb von Geschäftsanteilen zugrunde liege, wären die Beklagten zu Geldleistungen verpflichtet, die am Wohnsitz bzw am Sitz der Niederlassung des Schuldners erfüllt werden müssten. Art 5 Nr 3 EuGVVO finde auf eine an einen Vertrag anknüpfende Schadenshaftung nicht Anwendung. Eine...

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