Entscheidungs 6Ob35/19v. OGH, 25-04-2019

ECLIECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00035.19V.0425.000
Record NumberJJT_20190425_OGH0002_0060OB00035_19V0000_000
Judgement Number6Ob35/19v
Date25 Abril 2019
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Galffy & Vecsey Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. X***** GmbH, *****, 2. lic.iur. A*****, 3. Dr. B*****, beide *****, vertreten durch Dr. Marie-Agnes Arlt, Rechtsanwältin in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien C***** GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 138.089,12 EUR sA, über die Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2018, GZ 1 R 23/18m-60, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 14. Dezember 2017, GZ 19 Cg 37/16m-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.941,75 EUR (darin 469,69 EUR deutsche USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger macht eine zedierte Forderung der österreichischen Y***** Privatstiftung in Abwicklung (in der Folge: „Stiftung“) geltend. Er begehrt von der Erstbeklagten die Rückzahlung von 138.089,12 EUR an rechtsgrundlos ausbezahlten Honoraren. Gegen die Zweit- und Drittbeklagten stützt er Ansprüche in derselben Höhe auf Pflichtverletzung wegen Handlungen ohne Vorstandsbeschluss. Die Leistungen der Erstbeklagten seien für die Stiftung nutzlos gewesen oder gar nicht erbracht worden: Die Stiftung sei in allen Gerichtsverfahren anwaltlich vertreten gewesen; der Anwaltswechsel sei überflüssig. Die Sonderprüfung habe keine neuen Erkenntnisse gebracht und nicht zur Abberufung des Vorstands geführt, weil der Vorstandswechsel durch eine Satzungsänderung erfolgt sei.

Die Erstbeklagte bestritt die Klagsforderung und beantragte die Klagsabweisung. Der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, weil die Stiftung als Altgläubiger bei der Abtretung der Klagsforderung von Vorstandsmitgliedern vertreten worden sei, die einem absoluten Bestellungsverbot unterlägen. Außerdem sei die Abtretung eine nichtige Streitanteilsvereinbarung (pactum de quota litis), eine unzulässige Zuwendung an den Stifter und eine verdeckte Zuwendung an den Kläger, weil sie nicht zu fremdüblichen Konditionen erfolgt sei. Die Leistungen der Erstbeklagten könnten aus Vertraulichkeitsgründen zwar nicht dargestellt werden, seien aber erstklassig und zum Schutz der Stiftung erforderlich gewesen. Die Honorarnoten seien anerkannt und bezahlt, eine Rüge inzwischen präkludiert. Das vereinbarte Stundenhonorar von 285 EUR netto sei angemessen.

Die zweit- und drittbeklagte Partei bestritten die Klagsforderung und beantragten gleichfalls Klagsabweisung. Der Klagsbetrag sei im Zuge der Aufdeckung von Malversationen des Vorstandsmitglieds Dr. Z***** entstanden. Dieser habe namens der Stiftung seine Kanzlei beauftragt und Honorare überwiesen, ohne dass entsprechende Vorstandsbeschlüsse gefasst worden seien, keine zeitnahen Jahresabschlüsse erstellt, Vorstandssitzungen tatsachenwidrig protokolliert und überhöhte Verwaltungskosten verursacht. Die Zweit- und Drittbeklagten hätten daher wegen Gefahr in Verzug die Erstbeklagte namens der Stiftung auch ohne Vorstandsbeschluss mit Nachforschungen und einem Sonderprüfungsantrag beauftragen können und dürfen, um Schäden von der Stiftung abzuwenden.

Außerdem verstoße die Abtretung der Klagsforderung an den Kläger gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, weil er Vater des Stiftungsvorstands Dr. D***** sei. Sie sei als abstraktes Rechtsgeschäft ungültig. Die Stiftung verzichte durch die Abtretung auf 25 % des Klagsanspruchs, sodass von Kollusion auszugehen sei.

Die Zweit- und Drittbeklagten wendeten außerdem 24.229,90 EUR an offener Vorstandsvergütung als Gegenforderung ein.

Das Erstgericht gab der Klage gegen alle Beklagten statt. Dabei ging es – zusammengefasst – von folgendem Sachverhalt aus:

Dr. E***** und mehrere Familienangehörige errichteten auf Anraten der F***** in H***** am 21. 12. 2000 unwiderruflich und auf unbestimmte Zeit die Stiftung mit Sitz in W***** mit der Widmung, das Stiftungsvermögen zu erhalten und zu vermehren und den vom Stifter nominierten Begünstigten eine Unterstützung für ihren Unterhalt zu ermöglichen.

Organe der im Firmenbuch eingetragenen Stiftung sind der auf unbestimmte Zeit bestellte Stiftungsvorstand, ein allfällig errichteter Beirat und die Stiftungsprüferin. Die Stiftungsprüferin ist die Nebenintervenientin. Ein Beirat bestand seit 2003 nicht mehr.

Der Stiftungsvorstand besteht aus vier Mitgliedern, wobei zwei Mitglieder von der F***** AG Gruppe (in der Folge: „F*****“) und zwei Mitglieder von der Z***** (in der Folge: „Z*****“, ebenso für die später nur von Dr. G***** geführte Kanzlei) zu berufen sind. Die Vorstandsmitglieder haben Anspruch auf angemessene, jedoch nicht ziffernmäßig bestimmte Entschädigung.

Zur Geschäftsführung ist geregelt, dass der Vorstand beschlussfähig ist, wenn in einer Sitzung mehr als die Hälfte der Mitglieder, darunter der Vorsitzende oder sein Stellvertreter, anwesend sind. Er fasst Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, dem Vorsitzenden steht ein Dirimierungsrecht zu. Laut Stiftungszusatzurkunde hatte der Vorstand das Stiftungsvermögen zu verwalten und für die Erfüllung des Stiftungszwecks zu sorgen, die Verwaltung des Stiftungsvermögens darf er aber auch delegieren. Er hat seine Aufgaben sparsam und mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen und auch den Jahresabschluss und -voranschlag zu erstellen.

Eine interne Geschäftsverteilung existiert nicht. Tatsächlich übertrug der Vorstand die Vermögensverwaltung für ein Jahresentgelt von 1 % des Stiftungsvermögens einem Unternehmen aus dem F*****-Konzern. Dr. Z***** und der Zweitbeklagte erteilten namens der Stiftung dem Stifter Dr. E***** Vollmacht und Auftrag, die Vermögensverwalterin zu beraten und ihr in Einzelfällen Aufträge zu erteilen.

Die Vertretung nach außen erfolgt durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam.

Die von Z***** berufenen Mitglieder des Vorstands waren einerseits Rechtsanwalt Dr. Z***** und andererseits nach einander verschiedene Mitarbeiter von Z*****: zuerst der (nunmehrige) Geschäftsführer der Erstbeklagten, danach Dr. S***** und später Dr. F*****. Dr. Z***** beantragte am 10. 5. 2013 die Löschung von Dr. P*****.

Der Zweit- und der Drittbeklagte waren von 2005 bis 31. 12. 2013 die von F***** berufenen Vorstandsmitglieder, der Zweitbeklagte war auch Vorstandsvorsitzender. Sie erhielten für ihre Vorstandstätigkeit 60.000 CHF jährlich, in den letzten Jahren vor 2013 reduzierten sie die Vergütung auf die Hälfte.

Der Zweit- und der Drittbeklagte hatten keinerlei Kenntnis des österreichischen Stiftungsrechts und waren von der F***** informiert, dass es in Person von Dr. Z***** im Vorstand einen Fachmann gebe. Da die Stiftung und Z***** ihren Sitz jeweils in W***** hatten, die Zweit- und Drittbeklagten dagegen in Liechtenstein, überließen sie Dr. Z***** die Geschäftsführung und kümmerten sich selbst praktisch um nichts. Sie beriefen keine Vorstandssitzungen ein; sie prüften nicht, ob Zahlungen der Stiftung an Z***** eine wirksame Rechtsgrundlage hätten; sie ließen sich hinsichtlich verzögerter Jahresabschlüsse mit Ausreden abspeisen; sie versicherten sich nicht, ob Stiftungsprüfer bestellt seien und die Verfügungen des Stifters aufgrund seiner Vollmacht den Stiftungsregeln entsprächen.

Die Zweit- und Drittbeklagten merkten, dass sie zu Vorstandssitzungen öfters nicht geladen wurden oder es an einer Tagesordnung fehlte. Das kümmerte sie aber nicht. Beschlussfähige Vorstandsitzungen mit der erforderlichen Anwesenheit von mehr als zwei Vorstandsmitgliedern oder Umlaufbeschlüsse des Vorstands fanden nach dem 1. 7. 2004 nicht mehr statt.

Für das Konto der Stiftung Nr ***** bei der F***** waren Dr. Z***** und der zweite Z***** zugehörige Vorstand gemeinsam zeichnungsberechtigt.

Dr. Z***** berichtete den Zweit- und Drittbeklagten bei formlosen Treffen von der Entwicklung des Stiftungsvermögens und machte Honorare geltend, gegen die die Zweit- und Drittbeklagten keine Einwände hatten.

Dr. Z***** verpfändete ohne Vorstandsbeschlüsse Stiftungsvermögen im Zusammenhang mit Geschäften von Firmen der Stifter an die F*****. Die Zweit- und Drittbeklagten waren davon in Kenntnis.

Dr. Z***** legte den Jahresabschluss für 2010 erst am 28. 9. 2012 der Nebenintervenientin als Stiftungsprüferin vor. Diese erhob wegen Abstimmungsdifferenzen Bedenken, sodass der Abschluss noch Ende 2012 ungeprüft war. Die Zweit- und Drittbeklagten wussten, dass die Jahresabschlüsse ab 2010 in Verzug waren.

Der Stifter Dr. E***** beauftragte 2011/12 den Kläger als seinen (deutschen) Rechtsanwalt, etwas gegen die hohen Kosten der Stiftung und die Einschränkungen seiner Verfügungsmöglichkeit über das Stiftungsvermögen zu unternehmen. Der Kläger nahm zunächst Kontakt mit Dr. Z***** und Vertretern der F*****, aber noch nicht mit den Zweit- und Drittbeklagten auf.

Ende 2012/Anfang 2013 schlug die F***** den Zweit- und Drittbeklagten vor zurückzutreten. Die Zweit- und Drittbeklagten wollten einerseits nicht ausscheiden und bekamen andererseits wegen ihrer Untätigkeit Bedenken, dass sie haftbar gemacht werden könnten, wenn sie die Stiftung verließen und dort etwas nicht stimme: So wussten sie, dass der Jahresabschluss 2010 ausständig war, hatten sich aber immer vertrösten lassen. Dr. Z***** und die F*****, widersprachen einander, ob die Zweit- und Drittbeklagten an Vorstandssitzungen teilnehmen sollten. Dazu deutete Dr. P*****, der damals im Streit bei Z***** ausschied, den Zweit- und Drittbeklagten an, dass Dr. Z***** die Stiftung „wie...

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