Entscheidungs 6Ob87/16m. OGH, 30-05-2016

ECLIECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00087.16M.0530.000
Date30 Mayo 2016
Judgement Number6Ob87/16m
Record NumberJJT_20160530_OGH0002_0060OB00087_16M0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Foglar-Deinhardstein KG in Wien, wegen 100.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Februar 2016, GZ 3 R 61/15k-13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 5. August 2015, GZ 51 Cg 72/14s-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.370,60 EUR (darin 395,10 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei schloss im Dezember 2006 als Darlehensgeberin mit der C***** Aktiengesellschaft (*****) als Darlehensnehmerin einen Darlehensvertrag über ein Ergänzungskapitaldarlehen von 10 Mio EUR ab.

Das Ergänzungskapital wurde am 15. 12. 2006 übergeben. Am 16. 12. 2014 war die Rückzahlung fällig; die Rückzahlung ist nicht erfolgt.

Im Jahr 2010 bildete die beklagte Partei für Forderungen der I***** AG Rückstellungen im Umfang von 560.102.000 EUR.

Ein Aktienkaufvertrag vom 19. 5. 2010, abgeschlossen zwischen der A***** GmbH, der F***** GmbH als Verkäufer und der IM***** AG als Käuferin unter Beitritt der I***** AG und der Beklagten enthält unter anderem folgende Bestimmung:

11. Nachrangigkeitsvereinbarung

11.1. Die I***** garantiert für sich und sämtliche Gesellschaften der I*****-Gruppe, dass sämtliche Forderungen der I*****-Gruppe nachrangig gegenüber allen Forderungen von Gläubigern, insbesondere gegenüber Forderungen von Anlegern und Gläubigern aus und im Zusammenhang mit der Zeichnung von Ergänzungskapital der A*****, sind, sodass erst nach Befriedigung aller Gläubiger und Rückzahlung des bestehenden Ergänzungskapitals der A***** Befriedigung durch die I*****-Gruppe begehrt werden kann, und dass wegen der Forderungen der I*****-Gruppe kein gerichtliches Insolvenzverfahren über das Vermögen der A***** eröffnet zu werden braucht. Diese Nachrangigkeit ist befristet bis zum 31. 12. 2016, besteht jedoch jedenfalls so lange, bis sämtliche Forderungen und Ansprüche der Gläubiger auf Zahlung von Kapital und Zinsen und aus allfälligen weiteren im Zusammenhang mit dem Ergänzungskapital von der A***** gegenüber den Zeichnern oder Inhabern abgegebenen, im Datenraum offen gelegten Erklärungen, befriedigt worden sind. In jedem Fall gilt die Nachrangigkeit nicht bei Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A*****. (...)

Die Klägerin verhandelte diesen Vertrag inhaltlich mit, die A***** GmbH, an der die Klägerin zu 25 % beteiligt war, unterzeichnete diesen Vertrag auch mit; der Vertragstext liegt daher auch bei der Klägerin auf.

Der Punkt 11. über die Nachrangigkeit war ausdrücklicher Wunsch der Klägerin, weil zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses klar war, dass sonst die Möglichkeit der Rückzahlung des begebenen Ergänzungskapitals nicht möglich sein werde.

In der Bilanz der Beklagten zum 31. 12. 2014 betrugen die Steuerrückstellungen 8.036.950,30 EUR, die sonstigen Rückstellungen 657.454.478,19 EUR, das begebene Ergänzungskapital 47.808.530,69 EUR; weiters bestand eine Kapitalrücklage von 5.473.725,79 EUR, eine freie Rücklage von 25.009.892,42 EUR, eine Gewinnrücklage von 25.009.895,36 EUR und ein Bilanzverlust von 609.573.234,41 EUR. Die Summe des negativen Eigenkapitalanteils beträgt -568.639.013,26 EUR. Zwischen den Parteien des Revisionsverfahrens ist unstrittig, dass es sich bei dem Betrag von 5,4 Mio EUR um gebundene Rücklagen handelt (Revision Rz 57, Revisionsbeantwortung S 30). Auch die Bilanzen der Jahre 2005 bis 2013 wurden festgestellt (Rückstellungen, Rücklagen, Bilanzgewinne etc).

Die Klägerin begehrt einen Teilbetrag von 100.000 EUR sA.

Strittig ist zwischen den Parteien vor allem die Anrechnung der für die Forderungen der I*****-Gruppe gebildeten Rückstellungen, die Behandlung von Rücklagen und die Notwendigkeit der Hinzurechnung von Gewinnausschüttungen an Aktionäre zugunsten der Ergänzungskapitalgläubiger.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit eingehender Begründung ab.

Die Nachrangigkeitsvereinbarung im Aktienkaufvertrag stelle einen Vertrag zugunsten Dritter dar, auf den sich auch die Klägerin unmittelbar berufen könne. Im Ergebnis seien die Forderungen der I*****-Gruppe von 560.102.000 EUR daher für die Verlustzuweisungen nicht zu beachten. Zum 31. 12. 2013 habe der Bilanzverlust jedoch -607.851.036,42 EUR, zum 31. 12. 2014 -609.573.234,41 EUR betragen. In beiden Jahren habe die nicht gebundene Kapitalrücklage 5.473.725,79 EUR und die Gewinnrücklage 25.009.895,36 EUR, insgesamt sohin 30.483.621,15 EUR betragen.

Der Umstand, dass die Aktionäre während der Laufzeit des Ergänzungskapitaldarlehens eine Ausschüttung von insgesamt 53.450.000 EUR erhalten hätten, ändere nichts an der bilanziellen Situation der Beklagten. Bejahte man eine Rückzahlungspflicht an die Klägerin, wären die übrigen Gläubiger, die keine Nachrangigkeit zugesichert hätten, gegenüber den Ergänzungskapitalgläubigern benachteiligt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Im Gegensatz zum Erstgericht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Rückstellungen seien nicht abzuziehen, sodass schon aus diesem Grund die Klägerin keinen Anspruch haben könne. Bei Punkt 11.1 des Aktienkaufvertrags handle es sich um keinen echten Vertrag zugunsten Dritter. Bei einem Eigeninteresse eines Vertragspartners sei ein unechter Vertrag zugunsten Dritter anzunehmen; ein solcher Fall liege hier vor, weil primär die Beklagte ein Eigeninteresse an dieser Vertragsbestimmung hatte. Aus diesem Grund seien die Rückstellungen für nachrangige Forderungen der I*****-Gruppe bei Berechnung der Verlustzuweisungen an die Klägerin zu berücksichtigen und nicht herauszurechnen.

Unabhängig davon, ob ein Gewinn ausgeschüttet, vorgetragen oder in eine Gewinnrücklage eingestellt werde, müsse im Hinblick auf die Berechnung der Ansprüche der Ergänzungskapitalgläubiger der Gewinn mit Verlusten späterer Geschäftsjahre verrechnet werden, um den relevanten Nettoverlust im Sinne von § 23 Abs 7 Z 3 BWG zu erhalten. Die Gewinnausschüttungen in den Jahren 2007 bis 2009 würden nichts an der bilanziellen Situation der Beklagten ändern. Die Bejahung der Rückzahlungspflicht würde die übrigen nicht nachrangigen Gläubiger benachteiligen. Da die von der beklagten Partei ausgeschütteten Gewinne als Haftungsgrundlage bei Ablauf des Darlehensvertrags nicht mehr zur Verfügung stünden, seien sie nicht verlustmindernd in Abzug zu bringen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten...

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