Entscheidungs 7Ob155/13i. OGH, 16-10-2013

ECLIECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00155.13I.1016.000
Date16 Octubre 2013
Judgement Number7Ob155/13i
Record NumberJJT_20131016_OGH0002_0070OB00155_13I0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH & Co *****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck gegen die beklagten Parteien 1. G***** M*****, 2. K***** M*****, beide: *****, beide vertreten durch Mag. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 179.401,06 EUR sA und Räumung, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 9. April 2013, GZ 1 R 208/12p-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 22. Mai 2012, GZ 11 C 455/11w-10, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 1. 1. 1985 mietete der Erstbeklagte ab 1. 2. 1985 auf unbestimmte Zeit von der damaligen Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses das nunmehr mit Top 1 bezeichnete Geschäftslokal (im Erdgeschoss) im Ausmaß von 128,57 m². Als Verwendungszweck wurde der Betrieb einer Buchbinderei vereinbart. In Punkt VII des Mietvertrags wurde festgelegt, dass sich der Mieter verpflichte, den Mietgegenstand nur für eigene Geschäftszwecke („Betreibung einer Buchbinderei“) zu benützen, und dass eine Untervermietung oder sonstige Überlassung des Mietgegenstands an Dritte (in welcher Form auch immer, und zwar auch in Form der Bildung einer Gesellschaft oder Unternehmensverpachtung) nur mit schriftlicher Zustimmung des Vermieters gestattet sei.

Ob zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, davor oder danach, zwischen den Vertragsteilen vereinbart wurde, dass der Betrieb als Familienbetrieb, also sowohl vom Erstbeklagten als auch von seiner (zweitbeklagten) Ehefrau, geführt werden soll, war nicht feststellbar. Jedenfalls hat der Erstbeklagte in der Folge dort den Betrieb der Buchbinderei geführt und auf einen Verlag und eine Druckerei - alles im Rahmen der Gewerbebewilligung - ausgedehnt. Davon wurden die jeweiligen Eigentümer informiert und haben dies zur Kenntnis genommen. Die Klägerin wurde mit Kaufvertrag vom 16. 3. 2007 Eigentümerin der betreffenden Liegenschaft und somit Rechtsnachfolgerin nach den seinerzeitigen Vermietern, wobei es dazwischen auch noch andere Liegenschaftseigentümer gab. Übergabsstichtag an die Klägerin war der 1. 4. 2007.

In einem von der Klägerin eingeleiteten Msch-Verfahren wegen Duldung von Umbaumaßnahmen hat der Erstbeklagte in seinem Verfahrenshilfeantrag vom 15. 3. 2010 angegeben, derzeit als Pensionist (wegen Krankheit) über eine monatliche Pension von 739,24 EUR zu verfügen und sonstiges Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit verneint. Dem Antrag war unter anderem ein Bescheid der Sozialversicherungsanstalt vom 21. 11. 2007 über den Bezug von Erwerbsunfähigkeitspension für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit des Erstbeklagten angeschlossen. Die daraufhin angestellten Nachforschungen der Klägerin ergaben, dass er die ihm in den Jahren 1984 und 1989 erteilten Gewerbeberechtigungen als Buchbinder und hinsichtlich des Gewerbes des Buch-, Kunst- und Musikalienverlags (beschränkt auf Faksimileverlag) jeweils seit 31. 12. 2004 ruhend gemeldet hatte und diese Gewerbeberechtigungen nach wie vor ruhen.

Die Zweitbeklagte ist aufgrund des Bescheids des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. 1. 2005 (GZ *****) Gewerbeinhaberin des Gewerbes des Buch-, Kunst- und Musikalienverlags am fraglichen Standort. Der Erstbeklagte hatte den Betrieb als nicht protokolliertes Einzelunternehmen geführt; seit Anfang 2005 war dieser Betrieb von der Zweitbeklagten als nicht protokolliertes Einzelunternehmen weitergeführt worden. Ob dieser Umstand den Rechtsvorgängern der Kläger als Vermieter von den Beklagten jemals angezeigt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Eine entsprechende Anzeige an die Klägerin ist nicht erfolgt.

Zum Zeitpunkt der Anmietung des Bestandobjekts durch den Erstbeklagten waren die Beklagten noch nicht verheiratet; die Ehe wurde erst am 27. 9. 1986 geschlossen. Die Zweitbeklagte war aber bereits Lebensgefährtin des Erstbeklagten, mit dem sie gemeinsam drei Kinder hat, die in den Jahren 1984, 1985 und 1989 geboren wurden. Der Betrieb, der im fraglichen Objekt geführt wird, ist die einzige Einkommensquelle der (Zweit-)Beklagten. Es gibt ein Konto für den Betrieb, von dem sämtliche Zahlungen abgebucht werden. Auch die Miete wird weiterhin von diesem Konto abgebucht. Abgesehen von der Führung des Unternehmens hat sich am Betrieb nichts geändert.

Eine formelle Vereinbarung zwischen dem Erstbeklagten und der Zweitbeklagten, wie und in welcher Form die Firma zu führen ist, wurde nicht getroffen. Auch ein Pachtvertrag wurde nicht abgeschlossen.

Der Erstbeklagte hat seine Gewerbeberechtigung ruhend gemeldet und den Betrieb an die Zweitbeklagte übergeben, weil er aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr in der Lage war, den Betrieb zu führen. Wegen eines Tumors im Kopf musste er starke Medikamente nehmen, die auch seine Wahrnehmung beeinträchtigten, sodass es ihm nicht mehr zumutbar war, die im Objekt befindlichen Maschinen zu bedienen. Der Erstbeklagte war bereits in den Jahren 2003 und 2004 mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert und es war absehbar, dass er den Betrieb selbst nicht mehr werde weiterführen können.

Die Zweitbeklagte hat dem Erstbeklagten schon von Anfang an beim Betrieb des Unternehmens geholfen, die Akquisition gemacht, die Bedienung der Maschinen erlernt, die Maschinen bedient sowie die Buchhaltung und Büroarbeit erledigt, wobei zunächst die wesentlichen Arbeiten (noch) vom Erstbeklagten durchgeführt wurden. Im Lauf der Zeit hatte die Zweitbeklagte begonnen, diese Arbeiten selbst durchzuführen. Über ihre Veranlassung wurden neue Maschinen angeschafft und ein Verlag gegründet. Sie hatte zunächst vier Jahre bei einem Steuerberater gearbeitet, dann fünf Jahre als Leiterin der Lohnverrechnung eines anderen Unternehmens, in dem auch der Erstbeklagte zunächst beschäftigt gewesen war. Der Erstbeklagte hatte dort die...

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