Entscheidungs 7Ob246/18d. OGH, 24-04-2019

ECLIECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00246.18D.0424.000
Judgement Number7Ob246/18d
Record NumberJJT_20190424_OGH0002_0070OB00246_18D0000_000
Date24 Abril 2019
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** R*****, pA *****, vertreten durch Doschek Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei W***** R*****, vertreten durch Mag. Dr. Christian Gepart, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über die Revision der klagenden Partei und die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2018, GZ 43 R 324/18t-290, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 29. Mai 2018, GZ 5 C 22/10d-280, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden hinsichtlich der Entscheidung über die Klagsforderung dahin teilweise bestätigt und abgeändert, dass sie in diesem Umfang – unter Einbeziehung der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung – als Teilurteil zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an rückständigem Unterhalt 1.098,56 EUR für November 2011, 1.284 EUR für Dezember 2011, monatlich 1.235 EUR von 1. 1. 2012 bis 30. 4. 2013, 1.230 EUR von 1. 5. 2013 bis 30. 6. 2015, 1.078 EUR von 1. 7. 2015 bis 31. 12. 2015, 1.060 EUR von 1. 1. 2016 bis 31. 12. 2016, 1.057 EUR von 1. 1. 2017 bis 31. 5. 2018, jeweils samt 4 % Zinsen seit dem jeweils Zweiten eines jeden Monats binnen 14 Tagen sowie ab 1. 6. 2018 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.057 EUR, jeweils am Ersten eines jeden Monats im Vornherein zu zahlen.

2. Das Mehrbegehren die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 49 EUR von 1. 1. 2012 bis 30. 4. 2013, 54 EUR von 1. 5. 2013 bis 30. 6. 2015, 206 EUR von 1. 7. 2015 bis 31. 12. 2015, 224 EUR von 1. 1. 2016 bis 31. 12. 2016, 227 EUR von 1. 1. 2017 bis 31. 5. 2018, jeweils samt 4 % Zinsen seit dem jeweils Zweiten eines jeden Monats sowie ab 1. 6. 2018 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 227 EUR, jeweils am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein zu zahlen, wird abgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Im Übrigen – sohin hinsichtlich der Entscheidung über die Gegenforderung – werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang dieser Aufhebung an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile schlossen am 30. 5. 1987 die Ehe. Diese wurde am 24. 11. 2011 aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten geschieden.

Während aufrechter Ehe war der Beklagte leitender Angestellter einer Bank und erzielte ein überdurchschnittliches Einkommen. Die Vermögens-verwaltung für beide Parteien hatte mit Einverständnis der Klägerin der Beklagte inne. Seit 2008 befindet er sich in Pension.

Um die Jahreswende 2008 auf 2009 gründeten die Streitteile zusammen mit E***** S***** ein Schulungscenter, das EDV-Schulungen für das AMS anbot. Verantwortlich für das Unternehmen zeichnete die Klägerin als nicht protokollierte Einzelunternehmerin. Entscheidungen im Innenverhältnis traf der Beklagte.

Der Beklagte sollte das Kapital zur Verfügung stellen und dieses an ihn, sobald das Unternehmen erfolgreich läuft, mit angemessener Rendite rückgeführt werden. Die Finanzierung des Unternehmensaufbaus erfolgte sodann auch durch eine vom Beklagten um den Jahreswechsel 2008 auf 2009 erlangte Abfertigung, durch die Auflösung von von ihm während der Ehe gebildeter Vermögensanlagen sowie in weiterer Folge über sein Einkommen in Form seiner Pensionszahlungen. An Investitionen für das Schulungscenter wurden vom Beklagten jedenfalls 75.000 EUR getätigt. Weiters leistete er 2009 über 14.000 EUR von seinem Girokonto für das Schulungscenter, weitere 14.000 EUR wurden von ihm in bar aufgewendet. Mit diesen Beträgen beglich er Gehälter bzw Honorare von Beschäftigten. Zudem kam er für weitere Verbindlichkeiten des Schulungscenters im Ausmaß von 15.000 EUR, ebenfalls in bar, auf. Infolge der laufenden Zahlungen durch den Beklagten für das Schulungscenter war sein Girokonto ab Jahresmitte 2009 permanent überzogen. Im Oktober 2009 erreichte der Minusstand etwa 60.000 EUR.

Im Spätsommer 2009 ging der Beklagte eine außereheliche Beziehung ein. In weiterer Folge kam es zu eskalierenden Auseinandersetzungen zwischen den Parteien.

Am 5. 11. 2009 widerrief die Klägerin die Zeichnungsberechtigung des Beklagten für das Unternehmenskonto des Schulungscenters auf Anraten ihres Rechtsvertreters, eine erneute Erteilung wurde von der Klägerin verweigert.

Aufgrund der Vorkommnisse war die Klägerin für mehrere Wochen stationär im ***** Spital. Sie handelte nicht mutwillig, sondern war aufgrund ihrer psychischen Konstitution, ausgelöst durch die Vorfälle zwischen dem Beklagten und ihr, nicht in der Lage, ihren Aufgaben im Unternehmen entsprechend nachzukommen.

Der Beklagte nahm – überwiegend zur Abdeckung des auf seinem Girokonto bestehenden Minusstands aufgrund der laufenden Ausgaben für das Schulungscenter – mit Kreditvereinbarung vom 18. 11. 2009 einen Sofortkredit über 80.000 EUR (Rückzahlung inklusive Verzinsen 100.436,40 EUR) auf und leistet beginnend mit 5. 12. 2009 die monatlichen Rückzahlungsraten von 500 EUR. Mit 60.000 EUR (inklusive anteiligen Zinsen von 12.000 EUR) der Kreditsumme deckte er sein Girokonto ab. Er ging eine weitere Kreditverbindlichkeit von 21.573,15 EUR per 15. 5. 2010 ein, wobei die Kreditrate ebenso etwa 500 EUR monatlich betrug. Der Kredit wurde vom Beklagten im Jahr 2012 oder 2013 rückgeführt. Dass mit diesem Kredit Ausgaben der Unternehmen beglichen wurden, kann nicht festgestellt werden.

In der Folge erwirkte die Klägerin am 9. 6. 2010 eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten, wonach er weder die Geschäftsräumlichkeiten noch die Ehewohnung – eine Genossenschaftswohnung – betreten durfte. Nutzungsberechtigter der Wohnung war der Beklagte. Bis zum Zeitpunkt der Wegweisung hatte der Beklagte die Wohnbeiträge inklusive Betriebskosten bestritten. Nach der Wegweisung zahlten weder er noch die Klägerin Wohnbeiträge. Schlussendlich beglich der Beklagte im Dezember 2010 den Rückstand von 6.000 EUR, um die Wohnung behalten zu können.

Das Schulungscenter stellte mit Ende April 2010...

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