Entscheidungs 7Ob60/14w. OGH, 29-10-2014

ECLIECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00060.14W.1029.000
Date29 Octubre 2014
Judgement Number7Ob60/14w
Record NumberJJT_20141029_OGH0002_0070OB00060_14W0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** S*****, 2. J***** L*****, beide vertreten durch Dr. Josef-M. Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei L***** B*****, vertreten durch Dr. Julia Konzett, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Februar 2014, GZ 4 R 7/14d-13, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 6. November 2013, GZ 17 C 144/13g-9, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil lautet:

Die gerichtliche Aufkündigung vom 16. April 2013 wird für rechtswirksam erklärt. Der beklagten Partei wird aufgetragen, der klagenden Partei die Garconniere Top 12 im 2. Stock des Hauses *****, bestehend aus 1 Wohnzimmer, 1 Schlaf-zimmer, 1 Kochnische, 1 Bad, 1 Vorraum, 1 Balkon, im Ausmaß von 38,43 m², die Terrasse mit einer Fläche von ca 10,40 m² auf der Westseite der Wohnung, den zur Wohnung gehörenden Keller und den zugehörigen Tiefgaragenplatz AP 9, geräumt von eigenen Fahrnissen binnen 14 Tagen zu übergeben.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.084,89 EUR (darin 268,80 EUR USt und 472,10 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Eigentümer der Wohnung W 12 und des Autoabstellplatzes AP 9 der Liegenschaft EZ ***** KG *****. Die im zweiten Stock des Hauses liegende Garconniere besteht aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einer Kochnische, einem Bad und einem Vorraum (Wohnfläche insgesamt 38,43 m²) sowie einer auf der Westseite der Wohnung befindlichen Terrasse von 10,40 m². Die gesamte Wohnanlage wurde nach dem 31. 12. 1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen und von den Klägern mit Kaufvertrag vom 22. 8. 2007 je zur Hälfte von U***** M*****, dem Rechtsnachfolger der verstorbenen Ehefrau des bereits zuvor verstorbenen ursprünglichen Vermieters und Eigentümers E***** I***** erworben. Bereits beim Kauf nahmen die Kläger gemäß Punkt I. des Kaufvertrags vom 22. 8. 2007 Folgendes zur Kenntnis:

„I. Kaufgegenstand, Grundbuchsstand und Rechtsverhältnisse:

[...]

Die Käufer nehmen zustimmend zur Kenntnis, dass die kaufgegenständliche Wohnung und der Abstellplatz zu einem Jahresmietzins von 2.746,92 EUR (Wohnung) bzw 418,56 EUR (Abstellplatz) auf unbestimmte Zeit vermietet sind.

Der zugrunde liegende - von den Käufern übernommene - Mietvertrag vom 12. 2. 1973, der zwischen dem ursprünglichen Eigentümer und Vermieter E***** I***** und dem ursprünglichen Mieter DI F***** M***** abgeschlossen wurde, enthält folgende Bestimmungen:

1. Mietgegenstand

Garconniere Top 12 gelegen im II. Stock des Hauses *****, bestehend aus 1 Wohnz., 1 Schlafz., 1 Kochnische, 1 Bad, 1 Vorraum, 1 Balkon.

Der Vermieter ist Eigentümer des Mietgegenstands.

[...]

4. Vertragsbeginn und Vertragsdauer

Das Bestandsverhältnis beginnt mit 1. Feber 1973 und dauert ein Kalenderjahr, falls keine Auflösung nach Punkt 5 dieses Vertrages erfolgt. Andernfalls wird das Bestandsverhältnis stillschweigend jeweils um ein weiteres Jahr verlängert.

5. Auflösung des Bestandsverhältnisses

Die Vertragspartner sind berechtigt, den Vertrag unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten mittels eingeschriebenen Briefes aufzukündigen.

Wird nach der Kündigung der Räumungstermin einvernehmlich erstreckt, gilt das Bestandsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten bis zum dritten, dem ursprünglichen Räumungstermin folgenden Monatsletzten verlängert. Eine hievon abweichende Regelung gilt nur, wenn sie schriftlich vereinbart wurde.

Der Vermieter ist zur fristlosen Auflösung berechtigt, wenn

a) der Mieter mit dem Mietzins ganz oder teilweise im Rückstand ist [...],

b) der Mieter einen erheblichen nachteiligen Gebrauch vom Bestandsgegenstand macht […],

c) der Vermieter seitens der Stadtwerke oder Post- und Telegrafendirektion für rückständige Strom- und Telefonrechnungen des Mieters in Anspruch genommen wird [...],

d) der Mieter das Bestandsobjekt nicht als Wohnung benutzt oder es Dritten zum Gebrauch überlässt […],

e) der Mieter die Schließanlage des Bestandsgegenstands ohne Zustimmung des Mieters ändert.

Nicht festgestellt werden kann, auf wessen Veranlassung dieser Mietvertrag errichtet wurde; ebenfalls nicht erweislich ist, dass über das schriftlich Festgehaltene hinaus „etwaig noch konkretere“ Absprachen in mündlicher Form erfolgt sind.

Der ursprüngliche Vermieter und Eigentümer versendete mittels Einschreiben am 22. 5. 1982 folgendes Anbot vom 19. 5. 1982 an den ursprünglichen Mieter:

... Betrifft: Mietvereinbarung vom 12. 2. 1973

Angebot eines befristeten Hauptmietvertrags

Sehr geehrter Mieter!

Mit obiger Mietvereinbarung haben sie die […] angemietet.

In diesem Mietvertrag wurde weder die Anwendbarkeit des § 19 MG, noch eine bestimmte Bestandsdauer vereinbart.

Auf Grund der Übergangsregelung des § 49 Abs 2 Mietrechtsgesetz 1981 biete ich Ihnen an, das bestehende Mietverhältnis, welches auf unbestimmte Dauer vereinbart war, in ein für beide Vertragsteile befristetes Hauptmietverhältnis mit einer Mietdauer bis 31. Dezember 1984 umzuwandeln.

Sollten Sie dieses Angebot binnen sechs Monaten nach Zustellung nicht annehmen, gelten für das bestehende Mietverhältnis die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG nicht und haben daher weiterhin die seinerzeit getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Kündigung Gültigkeit ...

Diesem Anbot war folgendes Schreiben beigefügt:

Der Mietvertrag über ihre Wohnung/Garage wurde seinerzeit auf unbestimmte Zeit mit 3-monatiger Kündigungsfrist abgeschlossen. Das mit 1. Jänner 1982 in Kraft getretene Mietrechtsgesetz sieht in den Übergangsregelungen für solche Fälle vor, dass dem Mieter ein zumindest bis 31. Dezember 1984 wirksamer, befristeter Mietvertrag anzubieten ist.

Der Mieter kann diesen Mietvertrag binnen sechs Monaten nach Zugang annehmen.

Nimmt der Mieter an, so ist die Auflösung des Mietvertrags vor dem 31. Dezember 1984 beiderseits nicht mehr möglich.

Nimmt der Mieter innerhalb der sechsmonatigen Frist nicht an, bleibt das Mietverhältnis wie bisher für beide Teile zu jedem Monatsende mit dreimonatiger Kündigungsfrist kündbar.

[…]

Wenn Sie sich zur Annahme des bis 31. 12. 1984 befristeten Mietvertrags entschließen, senden Sie mir bitte, ... das beiliegende Angebot bzw Ihre schriftliche Stellungnahme eingeschrieben zurück ...

Dem damaligen Mieter sind diese Schriftstücke Ende Mai 1982 auch tatsächlich zugegangen. Eine Reaktion von Mieterseite ist hierauf nicht erfolgt, es kam auch zu keinen abweichenden Absprachen in Bezug auf die ursprünglichen schriftlichen Mietvertragsbedingungen. Der ursprüngliche Mieter verstarb am 11. 8. 1985. Hievon setzte der Sohn des Verstorbenen, K***** M*****, die Vermieterseite mit Schreiben vom 18. 8. 1985 in Kenntnis. Dieses Schreiben enthält unter anderem folgenden Passus:

Ich habe mit Frau L. B***** (= Beklagte), welche ebenfalls in der Wohnung ***** gemeldet und wohnhaft ist, vereinbart, dass sie die Wohnung übernimmt. Frau L. B***** wird Sie diesbezüglich in Kürze ansprechen.

Die Beklagte ist 1975 in die Wohnung eingezogen und hat dort bis zum Tod des DI F***** M***** mit diesem in Lebensgemeinschaft gewohnt. Sie wandte sich am 15. 8. 1985...

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