Entscheidungs 7Ob74/11z. OGH, 06-07-2011

ECLIECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00074.11Z.0706.000
Record NumberJJT_20110706_OGH0002_0070OB00074_11Z0000_000
Date06 Julio 2011
Judgement Number7Ob74/11z
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** H*****, vertreten durch Anwalt Guntramsdorf Abmayer & Cejpek Rechtsanwälte OG in Guntramsdorf, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Mitterböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 32.673,60 EUR (sA), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2011, GZ 2 R 12/11s-20, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. November 2010, GZ 29 Cg 39/10w-16, infolge Berufung des Klägers bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Aufgrund eines frachtrechtlichen Rahmenvertrags („Satellitendepot-Vertrag“) hat der Kläger als Subfrächter der Beklagten für diese im Jahr 2007 Transportleistungen erbracht. Der Rahmenvertrag wurde zum 18. 8. 2007 einvernehmlich aufgelöst.

Mit der am 23. 11. 2009 eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten (restlichen) Frachtlohn; zuletzt (nach Klagseinschränkung) bezifferte er seine Forderung mit 32.673,60 EUR. Mitarbeiter der Beklagten hätten ihm wiederholt mündlich zugesichert, dass bis zum Erreichen bestimmter Stückzahlen entstehende Abgänge von der Beklagten ausgeglichen werden würden. Die Beklagte habe das entsprechend erhöhte, von ihm in Rechnung gestellte Transportentgelt anerkannt, habe aber mit Ausflüchten wiederholt Rechnungsänderungen verlangt und ihn auf spätere Zahlungstermine vertröstet. Dieses Vorgehen, mehrfach Abänderungen der Rechnung zu verlangen, die Rechnung aber schließlich nicht zu bezahlen, stelle ein vorsätzliches Verhalten (eine „von der Beklagten öfter angewandte Methode“) dar, weshalb die Verjährungsfrist gemäß Art 32 Abs 1 Satz 2 CMR drei Jahre betrage.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe den Kläger für alle Leistungen entsprechend den getroffenen Vereinbarungen entlohnt und keine weitere Zahlung zugesagt. Die dreijährige Verjährungsfrist des Art 32 Abs 1 CMR beziehe sich ausschließlich auf Ersatzansprüche aus Schadensfällen. Für Entgeltansprüche des Frachtführers gelte immer die kurze (einjährige) Verjährungsfrist. Da die Ansprüche Beförderungen aus dem Jahr 2007 beträfen, seien sie verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Nach Satz 1 des Art 32 Abs 1 CMR verjährten Ansprüche aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung in einem Jahr. Nach Satz 2 betrage die Verjährungsfrist bei Vorsatz oder bei einem Verschulden, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichstehe, jedoch drei Jahre. Art 32 Abs 1 CMR regle die Verjährung aller Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung. Darunter fielen auch die Entgeltansprüche des Frachtführers, für welche die Verjährungszeit gemäß Art 32 Abs 1 lit c CMR mit Ablauf einer Frist von drei Monaten nach dem Abschluss des Beförderungsvertrags beginne. Der Oberste Gerichtshof habe bereits klargestellt, das die Verjährungsfrist von einem auf drei Jahre verlängernde Verschulden müsse ein Element des anspruchsbegründenden Sachverhalts sein und könne sich daher nur auf Ansprüche aus rechtswidrigem Verhalten, nicht aber auf Vertragserfüllungsansprüche beziehen. Da ein - wenn auch vorsätzlicher - Zahlungsverzug die Anspruchsgrundlagen und den Anspruchscharakter, der schon zu Beginn der Verjährungsfrist feststehen müsse, nicht nachträglich verändern könne, sei die in Art 32 Abs 1 Satz 2 CMR normierte dreijährige Verjährungszeit auf den Entgeltanspruch des Frachtführers unanwendbar. Demgegenüber habe der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) zum gleichartigen § 439 Abs 1 dHGB in der Entscheidung I ZR 31/08 die Ansicht vertreten, die dreijährige Verjährungsfrist komme auch dann zum Tragen, wenn ein Primärleistungsanspruch des Frachtführers vorsätzlich (wider besseres Wissen) nicht erfüllt werde. Diese vor allem aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitete Rechtsansicht überzeuge nicht. Der BGH zitiere die gegenteilige oberstgerichtliche Entscheidung 6 Ob 740/80 bloß am Rande, ohne auf die darin vorgetragenen Argumente einzugehen. Unberücksichtigt bleibe insbesondere, dass die Dauer der Verjährungsfrist aus Gründen der...

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