Entscheidungs 8ObA12/20b. OGH, 27-05-2020

ECLIECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00012.20B.0527.000
Judgement Number8ObA12/20b
Record NumberJJT_20200527_OGH0002_008OBA00012_20B0000_000
Date27 Mayo 2020
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Bianca Hammer und Wolfgang Jelinek in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Mag. Johann Huber, Dr. Melanie Haberer, Rechtsanwälte in Melk, gegen die beklagte Partei Freiwillige Feuerwehr *****, vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, wegen 8.961,22 EUR brutto sA, Feststellung (10.000 EUR) und Festlegung von Wochenruhe (5.000 EUR) über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 23.773,42 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. September 2019, GZ 8 Ra 3/19y-25, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 2. Mai 2018, GZ 34 Cga 93/16g-19, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

I. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils nunmehr als Teilurteil zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 2.815,04 EUR brutto samt 9,08 % Zinsen aus 807,12 EUR seit 1. 12. 2013, aus 1.390,10 EUR seit 1. 7. 2014 und aus 617,82 EUR seit 1. 9. 2014 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 6.146,18 EUR brutto sA zu zahlen, wird abgewiesen.

2. Das Klagebegehren, die Beklagte sei verpflichtet, die Wochenruhe im Dienstplan im Voraus für den Kläger erkennbar verbindlich festzulegen, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

II. Im Übrigen, das ist im Umfang des Begehrens auf Feststellung, dass dem Kläger am 4. 4. 2014, am 9. 5. 2014, am 11. 7. 2014, am 18. 7. 2014, am 22. 8. 2014, am 28. 11. 2014, am 2. 1. 2015, am 22. 5. 2015, am 13. 11. 2015, am 6. 5. 2016, am 19. 8. 2016, am 20. 12. 2017 und am 8. 11. 2017 keine Wochenruhe gewährt worden sei, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben.

Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 1. 3. 1991 bei der Beklagten als hauptberuflicher Feuerwehrmann in deren Abschnittsalarmzentrale ***** im Innendienst tätig. Die Streitteile unterfertigten am 25. 2. 1998 einen schriftlichen Dienstvertrag, in dem vereinbart wurde, dass auf das Dienstverhältnis in dienst- und besoldungsrechtlicher Hinsicht die Bestimmungen des NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes 1976 (NÖ GVBG) in der derzeit geltenden Fassung anzuwenden sind. Zuvor bestand ein Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und der Stadtgemeinde *****.

Gemeinsam mit vier weiteren Kollegen, deren Normalarbeitszeit ebenso wie beim Kläger 40 Wochenstunden beträgt, obliegt dem Kläger insbesondere die Entgegennahme von Notrufen, Funk- und Amtsgesprächen, die Alarmierung, Koordination und Unterstützung der Feuerwehren im Einsatzfall über Funk und Telefon, die Verständigung weiterer Kräfte und Organisationen, und die Einsatztaktik.

Die Notrufzentrale hat 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen pro Woche durch mindestens einen Feuerwehrmann besetzt zu sein. Weiters sollte grundsätzlich von Montag bis Donnerstag von 7:30 bis 15:30 Uhr auch ein zweiter Feuerwehrmann tätig sein, um das in diesem Zeitraum erhöhte Einsatzaufkommen besser aufteilen zu können, den anderen Feuerwehrmann zu unterstützen und diesen beispielsweise während eines WC-Ganges zu vertreten. Dazu heißt es in einer von der Beklagten bzw vom Niederösterreichischen Landesfeuerwehrverband herausgegebenen Stellenbeschreibung:

„Die 5 Disponenten der Abschnittszentrale ***** versehen einen Schicht- und Wechseldienst zu je 12 Stunden, von 6 Uhr bis 18 Uhr sowie von 18 Uhr bis 6 Uhr, 365 Tage im Jahr. Im Regelfall steht ein weiterer Disponent von Montag bis Donnerstag zwischen 7 Uhr und 15:30 Uhr bei höherem Einsatzaufkommen zur Verfügung. Je nach Bedarf kann zusätzlich das dienstfreie Personal für die Dispositionen bei Elementarereignissen und Katastrophenfällen herangezogen werden.“

Während die permanente Anwesenheit zumindest eines Feuerwehrmannes zur Erfüllung der Aufgaben der Feuerpolizei und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unablässig ist, besteht für den zusätzlichen Disponenten keine derartige zwingende Notwendigkeit und kann die Beklagte die ihr obliegenden, feuerpolizeilichen Aufgaben auch bei dessen Entfall hinreichend erfüllen.

Im Oktober 1991 wurde zwischen dem Kläger und der Beklagten folgende Vereinbarung über die Lage der Normalarbeitszeit getroffen:

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In der 43. Kalenderwoche des Jahres 1991 und jeder fünften nachfolgenden Woche ist die Normalarbeitszeit von Montag bis Donnerstag, von 7:30 bis 15:30 Uhr.

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In der 44. Kalenderwoche des Jahres 1991 und jeder fünften nachfolgenden Woche ist die Normalarbeitszeit Dienstag von 6:00 bis 18:00 Uhr, Mittwoch, Samstag und Sonntag von 18:00 bis 6:00 Uhr.

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In der 45. Kalenderwoche des Jahres 1991 und jeder fünften nachfolgenden Woche ist die Normalarbeitszeit Dienstag und Freitag von 18:00 bis 6:00 Uhr, am Donnerstag von 6:00 bis 18:00 Uhr.

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In der 46. Kalenderwoche des Jahres 1991 und jeder fünften nachfolgenden Woche ist die Normalarbeitszeit Montag, Mittwoch und Freitag von 18:00 bis 6:00 Uhr.

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In der 47. Kalenderwoche des Jahres 1991 und jeder fünften nachfolgenden Woche ist die Normalarbeitszeit Montag und Donnerstag von 18:00 bis 6:00 Uhr, Samstag und Sonntag von 6:00 bis 18:00 Uhr.

Es wurde nicht vereinbart, dass der Beklagten hinsichtlich der Lage der Normalarbeitszeit ein einseitiges Direktionsrecht oder ein sonstiger Gestaltungs- oder Abänderungsvorbehalt zukäme. Es wurde jedoch vereinbart, dass der Kläger im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zur Überstundenleistung verpflichtet ist. Gleichartige Vereinbarungen traf die Beklagte auch mit den anderen vier in der Notrufzentrale tätigen Dienstnehmern, deren Schemen jedoch gegenüber jenem des Klägers um eine, zwei, drei oder vier Wochen versetzt waren. Durch diesen Modus fanden je Dienstnehmer an sieben konkreten Tagen des Fünf-Wochen-Zeitraums sogenannte „Tagdienste“ (6:00 bis 18:00 Uhr), an sieben weiteren konkreten Tagen sogenannte „Nachtdienste“ (18:00 bis 6:00 Uhr) und an vier in einer Woche gelegenen Tagen Montag bis Donnerstag die sogenannten „8er-Dienste“ bzw „Beidienste“ von 7:30 bis 15:30 Uhr statt. Auf diese Art und Weise verteilte sich je Dienstnehmer über die fünf Wochen 5 x 40 = 200 Stunden Normalarbeitszeit. Die Regelung stellte sicher, dass grundsätzlich die Notrufzentrale durchgehend von einem, im Zeitraum Montag bis Donnerstag 7:30 bis 15:30 von zwei Mitarbeitern besetzt ist.

Der Gemeinderat *****, der dieser Turnusregelung in seiner Sitzung vom 27. 6. 1991 zugestimmt hatte, beschloss in seiner Sitzung vom 12. 12. 2011, seinen Beschluss vom 27. 6. 1991 ersatzlos aufzuheben, um durch Urlaube und...

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