Entscheidungs 9Ob19/18m. OGH, 25-04-2018

ECLIECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00019.18M.0425.000
Record NumberJJT_20180425_OGH0002_0090OB00019_18M0000_000
Date25 Abril 2018
Judgement Number9Ob19/18m
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Bernd Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** S*****, vertreten durch Dr. Klaus Rinner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 13.035,40 EUR sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2017, GZ 2 R 148/17d-17, mit dem aus Anlass der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 8. Mai 2017, GZ 31 C 501/16i-13, samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Rekurse jeweils selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 939,24 EUR (darin 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Vater der Beklagten, ein US-amerikanischer Staatsbürger, war in Österreich nicht sozialversichert. Er wurde am 8. 1. 2009 in einer von der Klägerin in Tirol betriebenen öffentlichen Krankenanstalt als sogenannter Selbstzahler stationär aufgenommen. Dabei gab er (vertreten durch die Beklagte) eine „Zustimmungserklärung“ ab, in der er sich verpflichtete, die angeführten Pflege- und Sondergebühren spätestens bei seiner Entlassung zu bezahlen. Der Vater der Beklagten verstarb am 15. 1. 2009 in der Krankenanstalt. Durch seinen Krankenhausaufenthalt waren LKF-Gebühren in Höhe des Klagsbetrags entstanden. Die Klägerin meldete die Gebührenforderung (zumindest zum größten Teil, nämlich mit einem Betrag von 13.028,40 EUR) mit Schreiben vom 4. 5. 2009 im Verlassenschaftsverfahren an. Der Nachlass wurde der Beklagten mit Beschluss vom 4. 7. 2014 mit der Rechtswohltat des Inventars zur Gänze rechtskräftig eingeantwortet. Der Reinnachlass betrug 144.179,01 EUR.

Die Klägerin begehrt mit ihrer bei Gericht am 20. 9. 2016 eingebrachten und der Beklagten am 30. 9. 2016 zugestellten Klage von der Beklagten als Erbin die Bezahlung der LKF-Gebühren. Sie erstattete ein obigen Ausführungen entsprechendes Vorbringen. Die streitgegenständliche Forderung gründe im öffentlichen Recht, konkret in §§ 39 ff des Tiroler Krankenanstaltengesetzes (TirKAG). Die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ergebe sich aus § 43 Abs 7 TirKAG, zumal die Gebühren ablebensbedingt von der Erbin und somit von einer vom Pflegling verschiedenen Person eingefordert werden müssten.

Die Beklagte wandte Verjährung, hilfsweise Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Zum Zeitpunkt der Vorschreibung der LKF-Gebühren sei der Vater der Beklagten bereits verstorben gewesen. Damit sei „eine andere physische oder juristische Person“ iSd § 43 Abs 7 TirKAG zu ihrer Bezahlung verpflichtet und somit für die Klage der ordentliche Rechtsweg zulässig. Der Tiroler Landesgesetzgeber habe derartige Ansprüche, indem er ihre gerichtliche Geltendmachung vorsehe, dem privatrechtlichen Bereich zugeordnet. Für privatrechtliche Pflegegebührenforderungen komme die kurze Verjährungsfrist des § 1486 Z 3 ABGB zur Anwendung. Weil die Beklagte die Einrede der Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs nur hilfsweise erhoben habe, habe eine gesonderte Beschlussfassung darüber unterbleiben können.

Das Berufungsgericht hob aus Anlass der von der Klägerin erhobenen Berufung das Ersturteil samt dem ihm vorangegangenen Verfahren und der Klagszustellung als nichtig auf und wies die Klage mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurück. Da das Erstgericht die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht entschieden habe, habe das Berufungsgericht diese Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Der Gebührenanspruch öffentlicher Heilanstalten gegenüber dem Patienten selbst sei öffentlich-rechtlicher Natur. Die Beklagte sei Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Vaters. Weil die Gesamtrechtsnachfolge den eigentlichen Rechtsgrund der Gebührenforderung unberührt lasse und auch nicht zu erkennen wäre, warum die Beklagte Gebührenschuldnerin sein sollte, wenn sie diese Verpflichtung nicht von ihrem Vater geerbt hätte, sei § 43 Abs 7 TirKAG nicht...

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